Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
wärmer, wie es auch für die Zeit um die Sommersonnwende sein sollte.
Endlich kehrt wieder ein wenig Alltag ein, zumindest, was den Lauf der Jahreszeiten angeht , dachte er und schloss die Augen, um das Licht der sinkenden Sonne auf seinem Gesicht zu genießen, ohne blinzeln zu müssen. Seine verletzte Hüfte schmerzte noch immer, aber nicht mehr so stark wie noch vor einigen Tagen. Wenn er wie jetzt stillstand, spürte er gar nichts. Dennoch rechnete er damit, ein Hinken zurückzubehalten, eine bleibende Erinnerung an seinen Kampf mit Jenasar in der Schwarzen Nadel, die ihn bis ans Ende seiner Tage begleiten würde.
»Ach, hier bist du!«, hörte er eine vertraute, bärbeißige Stimme hinter sich. Es war Aros. Enris schmunzelte. Bestimmt hatte der Hauptmann Rotgar im Schlepptau, wie so häufig in den letzten Tagen. Dass sich der Mensch mit König Sveins Sohn und dessen Kamerad Alfaard angefreundet hatte, entbehrte nicht eines gewissen Witzes – der stämmige Krieger wäre aufgrund seiner Größe gut als hochgewachsener Zwerg durchgegangen. Es machten schon Scherze die Runde, dass er lang vermisste Verwandte wiedergefunden hätte.
»Lass mich raten«, sagte Aros gutgelaunt. »Dir wird der Trubel so kurz vor dem Fest zu unseren Ehren auch allmählich zu viel, was?« Schmunzelnd trat er neben ihn. Enris öffnete kurz die Augen und schielte zu ihm hinüber, bevor er sie mit einem zustimmenden Brummen wieder schloss. Wie er es sich gedacht hatte, war der Hauptmann nicht allein. In seiner Gesellschaft befanden sich ein mächtiger Bierhumpen und Rotgar, der ebenfalls einen tönernen Krug hielt.
Aros war der hauptsächliche Grund dafür gewesen, weshalb sie sich inzwischen auf Burg Cost aufhielten. Nachdem den Toten der Schlacht um Carn Taar die letzte Ehre erwiesen worden war, hatte er darauf bestanden, alle, die gegen die Serephin gekämpft hatten, mit ins Regenbogental zu nehmen.
»Königin Tarigh wird euch ihren Dank aussprechen wollen, dass ihr Runland gerettet habt«, hatte er gesagt. »Und wie ich sie kenne, werden wir ihr bestimmt haarklein erzählen müssen, wie wir diese verdammten Ungeheuer besiegt haben. Lasst mich da bloß nicht im Stich. Alleine werde ich ihr das nie erklären können.«
Niemand störte sich an dieser Einladung – im Gegenteil: Larcaan und Thurnas waren begierig darauf, ihre Verwandten und Freunde unter den Flüchtlingen aus Andostaan wiederzutreffen. Auch Mirka hatte sich schon sehr nach seiner Mutter gesehnt, wenn sie ihm auch, nachdem sie ihn vor Freude fast erdrückt hatte, wegen seines Verschwindens aus Menelon die Standpauke seines Lebens verpasste.
Sarn, Indral und Alcarasán hatten sich ihnen angeschlossen, ebenso Deneb und die überlebenden Zwerge. Der Rest von Indrals Kriegern war nach Eilond zurückgekehrt, um den Ainsarii Bericht zu erstatten. Indral hatte mit ihnen vereinbart, dass sie Alcarasán und ihn in zwei Monaten in der Bucht von Carn Taar abholen sollten. Die Voron waren ebenfalls nicht mitgekommen, sondern hatten sich schon bald wieder auf den Heimweg in den Roten Wald gemacht.
Ich hätte mich so gerne noch ein wenig länger mit ihnen unterhalten , schoss es Enris durch den Kopf. Ihnen gesagt, wie viel Neria mir bedeutet hat. Vielleicht bekomme ich irgendwann noch einmal die Gelegenheit dazu.
»Ich will dich ja nicht aus deinen Gedanken reißen«, vernahm er Aros, der in diesem Augenblick genau das tat. »Aber eben ist jemand angekommen, der dich unbedingt sehen will.« Mit einem breiten Grinsen zwinkerte der Hauptmann jemandem hinter Enris zu. Während er einen mächtigen Schluck aus dem Humpen nahm, drehte sich der junge Mann neben ihm um und begann ebenfalls zu strahlen.
»Suvare«, rief er erfreut. Seinen Hüftschmerz unterdrückend umarmte er die rothaarige Frau, die eben auf den Söller getreten war. Hinter ihr erschienen Teras und Themet.
»Alle Wetter, nun sind wir ja wieder wie in alten Zeiten beisammen!«, dröhnte der Bootsmann.
»Wie hat es euch denn hierher verschlagen?«, wollte Enris sofort wissen. »Neria hat ihren Auftrag erfüllt, aber was genau ist geschehen?«
Ein Schatten zog über Suvares Gesicht. Teras blickte stumm zu Boden. Er wirkte, als fühle er sich nicht wohl in seiner Haut. Enris konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass in seiner Abwesenheit ein Riss in der tiefen Freundschaft zwischen den beiden entstanden war. Hoffentlich würde er sich irgendwann wieder schließen. Wie hieß es noch einmal? Gekittetes Geschirr hielte
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