Runlandsaga - Feuer im Norden
den ihren, und er hörte, wie sie dem Maharanár erwiderte.
Seid gegrüßt, Terovirin, mein Sahun! Ich danke Euch erneut dafür, dass Ihr mir gestattet habt, dieser Unterredung beizuwohnen.
Alcarasán trat an den äußersten Rand der Plattform, die weit in den Saal hinein reichte. Unter ihm brodelte das Feuerbecken, das die gesamte Fläche des Saals ausfüllte – ein glühender Schmelzigel aus lodernden Flammen, dessen enorme Hitze zu ihnen emporstieg und sie einlud, sich mitten in ihr sengendes Herz zu stürzen. Kaum ein anderes Wesen als ein Serephin wäre in der Lage gewesen, diese Hitze zu ertragen. Für die meisten Geschöpfe hätte allein die unmittelbare Nähe des Feuerbeckens den Tod bedeutet.
Für Alcarasán, der lange nicht mehr seine Heimat besucht hatte, war sie mit einer wohltuenden Wärme verbunden, die er schmerzlich vermisst hatte. Jedes noch so winzige Teilchen seines Körpers wurde von ihr durchdrungen und zum Leuchten gebracht. Es gab vieles, so vieles, was er an Vovinadhár ablehnte und weshalb es ihn immer wieder von seiner Heimat fortgezogen hatte, doch in diesem Moment war keiner jener Gründe wichtig. Hier herrschte die Geborgenheit des Elements, dem Gotharnar seinen Namen verdankte. Hier, im Innersten des Feuertempels, streckte sein Geist die Waffen und machte Frieden mit sich selbst.
Er schloss die Augen. Innerhalb von Momenten schmolzen seine Gesichtszüge. Die Farbe seiner Haut veränderte sich, nahm einen dunkleren Ton an und wurde von einem glühenden gelbroten Leuchten erfüllt. Unzählige Schuppen trieben aus dem Inneren seiner Haut an die Oberfläche, als ob diese aus einer siedenden Flüssigkeit bestünde. Seine Robe wurde durchsichtig und verwandelte sich in das, was sie von Anfang an gewesen war – kein Kleidungsstück aus gewebtem Tuch, sondern ein Teil seines Körpers, der für eine Zeit menschliche Gestalt angenommen hatte. Sein Gesicht wuchs, stumpf nach vorne zulaufend, und veränderte sich gleichzeitig in seiner Form zu einem schlangenartigen Kopf. Ein langer Schwanz, der bis zum Boden hinabreichte, erschien zwischen seinen Beinen, ledrige Schwingen klappten an seinem Rücken zu voller Breite aus. Sein ganzer Körper erglühte in rotweißem Feuer. Das Wesen, das auf der Plattform hoch über dem flammenden Abgrund stand, hatte nichts Menschliches mehr an sich. Es war ein aufrecht stehender Drache, der von innen heraus zu brennen schien, als hätte das Element des Feuers eine würdige Gestalt gefunden, um sich selbst zu offenbaren.
Ein tiefes Glücksgefühl durchströmte Alcarasán. Er liebte die Verwandlungsfähigkeit seines Körpers, und besonders mochte er es, das Aussehen eines Menschen anzunehmen. Doch seine eigentliche Echsengestalt schätzte er am meisten. Erst in diesem Augenblick wurde ihm bewusst, wie lange er nicht mehr in ihr gelebt hatte. Dort, wo er sich aufgehalten hatte, wäre es zu gefährlich gewesen, als Serephin zu erscheinen.
Neben ihm hatte Jahanila ebenfalls ihre Robe wieder zu einem Teil ihres Körpers werden lassen. Auch sie war bereit, doch sie wartete. Dem ranghöheren Priester gebührte der Vortritt.
Alcarasán sprang vorwärts und schlug mit seinen Schwingen. Seine Beine verließen die Plattform. Er zog einen weiten Kreis unterhalb der Himmelskuppel, dann zog er mit einem Mal seine Flügel dicht an seinen Rücken zurück und stürzte wie ein Stein hinab in den Teich aus Feuer.
Um ihn herum loderten gleißende Feuerzungen in die Höhe. Sein Körper brannte lichterloh, dennoch wurde er nicht verletzt. Feuer war die Gabe seines Hauses, die Magie des Tempels, in dem er groß geworden war, aus Feuer bestand sein ganzes Wesen. Von allen Formen, die er seit seiner Geburt hatte annehmen können, war die einer Flamme ihm immer am leichtesten gefallen. Langsam ließ er sich auf den Boden des brennenden Saales nieder.
Vor ihm verdichtete sich ein Teil des lodernden Feuers zu einer rotglühenden Kugel, die sich allmählich in die Länge zu ziehen begann, bis sie die Umrisse eines riesigen Drachenkopfes annahm.
Sei gegrüßt, Alcarasán. Es freut mich, dass du meinem Ruf unverzüglich Folge geleistet hast.
Das Feuer leitete Terovirins Stimme durch jede Faser seines Seins, das nun selbst ebenfalls aus Feuer bestand. Alcarasán wusste, dass es in diesem Moment kaum einen Teil seines Geistes gab, den er vor dem Maharanár hätte verbergen können, wenn dieser den Wunsch besessen hätte, ihn bis in seine äußersten Tiefen zu ergründen. Nur ein
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