Runlandsaga - Wolfzeit
eine beschwerliche Seereise zu gehen, Tolvane ebenfalls. Und was Larcaan betrifft ...«
Die beiden wechselten verblüffte Blicke, bevor sie beinahe zeitgleich die Köpfe schüttelten.
»Oh nein, das kann nicht euer Ernst sein«, stöhnte Escar.
Larcaan war nicht minder aufgebracht. »Was? Ich gehe doch nicht freiwillig noch einmal auf das Schiff dieser Verrückten!«
»Vorsicht!«, fuhr Teras auf. »Halt dein loses Maul, oder ich helfe dir auf meine Art die Turmtreppe runter.«
Enris wunderte sich, warum Suvare zu all dem nicht ein Wort verlor. Seitdem sie den Ratsturm betreten hatte, erschien sie dem jungen Mann auf eine eigenartige Weise zurückgenommen, wie eine Beobachterin von Ereignissen, die sie nur wenig berührten. Stattdessen ließ sie ihre Augen kaum von der Herrin des Regenbogentals, die nun erneut ihre Stimme erhob.
»Larcaan, es ist mein Wunsch, dass ihr mit auf die Suche nach den Dunkelelfen geht. Ich kann es euch nicht befehlen, aber die überlebenden Ratsleute aus Andostaan haben die Berechtigung dazu. Sie werden es tun, wenn sie Unterstützung von mir haben wollen.«
Der Kaufmann starrte sie mit offenem Mund an. Er versuchte, etwas zu sagen, aber sie erwiderte nur ungerührt seinen Blick, was ihn all seiner Worte zu berauben schien. Schließlich wandte er sich hilfesuchend an Escar, aber der sah stumm zu Boden, als ginge ihn die ganze Angelegenheit nichts an.
»Dann ist es entschieden«, sagte Königin Tarigh schließlich. »Ich möchte euch nun bitten, uns für eine Weile allein zu lassen. Der Rat hat noch viel zu besprechen, bis wir den Bewohnern von Menelon unsere Entscheidung mitteilen können, und uns läuft die Zeit davon. Bleibt aber, wenn möglich, auf dem Gelände des Ratsturms. Aros wird sich inzwischen um all eure Bedürfnisse kümmern.«
»Ay, Herrin«, antwortete der Hauptmann mit einem knappen Kopfnicken.
Enris wandte sich zusammen mit den anderen wieder der steinernen Wendeltreppe zu, als ihn Königin Tarighs Stimme erneut ansprach. »Enris, ich möchte gerne, dass du noch kurz hier bleibst.«
Suvare runzelte überrascht die Stirn. Sie zögerte für einen Moment, als wolle sie ebenfalls noch nicht gehen, schritt dann aber weiter, als Teras und Larcaan an ihr vorbeitraten. Sie verließen das Turmzimmer.
Enris trat zu der Herrin des Regenbogentals, die sich inzwischen wieder aus ihrem Stuhl erhoben hatte und zum Fenster gegangen war. Einige der Ratsherren waren ebenfalls aufgestanden und nutzten die kurze Pause, sich die Beine zu vertreten und sich leise miteinander zu unterhalten. Bedienstete gingen durch den Raum und hielten den Anwesenden Platten mit kaltem Essen hin. Enris wehrte ab, als einer an seiner Seite auftauchte, um ihm ebenfalls etwas anzubieten. Er war zu aufgeregt, um Hunger zu verspüren. Sie würden tatsächlich zu den Arcandinseln fahren, um die Antara zu finden!
Königin Tarigh, die am Fenster lehnte, musterte ihn mit unverhohlener Neugier. »Du bist also Arcads letzter Schüler«, brach sie schließlich das Schweigen.
Enris merkte, dass sein Mund trocken geworden war. Dieser Frau die Unwahrheit zu sagen war etwas völlig anderes, als Larcaan oder Thurnas im Zorn ins Gesicht zu lügen.
»Nun ja«, erwiderte er heiser und mit gedämpfter Stimme, »Arcad bat mich jedenfalls, dort weiterzumachen, wo er aufhören musste.«
Er räusperte sich. Die Herrin des Regenbogentals verzog keine Miene. Vor dem Hintergrund des hellen Mittagslichts, das von draußen durch das Fenster drang, leuchteten die Strähnen ihres blonden Haares wie dünne Goldfäden.
»Dann sind wir in größeren Schwierigkeiten, als die anderen wissen dürfen«, sagte sie mit gedämpfter Stimme, während ihr Blick aufmerksam durch den Raum wanderte. »Wenn du nicht im Wissen um die Verborgenen Dinge bewandert bist, wie willst du dann das Portal zur Welt der Dunkelelfen öffnen, selbst wenn du es finden kannst?«
Enris blinzelte verblüfft. Natürlich – das Quelor würde verschlossen sein. Darüber hatte er bisher nicht nachgedacht. Seit Arcads Tod hatte er sich vor allem den Kopf darüber zerbrochen, das Quelor zu finden. Der Gedanke, wie es weitergehen sollte, wenn sie tatsächlich davorstehen würden, war so weit entfernt gewesen wie der nächste Winter. Diese Frau vor ihm hatte seiner Erzählung genauer zugehört, als er sich selbst.
»Ich – ich weiß es nicht«, stammelte er unglücklich. Schweiß lief ihm die Achseln hinab.
»Nun gut«, sagte Königin Tarigh nachdenklich. »Es ist
Weitere Kostenlose Bücher