Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
Vom Netzwerk:
inzwischen genügend Mut angetrunken hatten, um die unheimliche Wolfsfrau zu überwältigen? Ein entschlossener, harter Zug trat auf ihr Gesicht. Wenn dem so war, würden sie feststellen, dass die Frauen aus dem Volk der Voron ebenso kämpfen konnten wie die Männer. Alle Wölfe jagten.
    Ein lautes Knarren war zu hören, als sich die Luke zum Unterdeck öffnete. Die erregten Stimmen wurden kurz deutlicher, doch bevor es Neria gelingen konnte, die einzelnen Gesprächsfetzen zu verständlichen Sätzen zusammenzusetzen, fiel der Deckel der Luke wieder ins Schloss. Der Umriss einer Gestalt zeichnete sich vor dem etwas helleren Hintergrund der Reling ab. Neria entspannte sich ein wenig, wenn sie auch weiterhin ihre Hand um den Griff ihrer Waffe gelegt hielt.
    Nur einer. Mit einem würde sie allemal fertig werden, wenn es zu einem Kampf kam.
    Die Gestalt stand still. Ob sie Neria den Rücken zuwandte, war nicht zu erkennen. Die junge Frau trat gebückt hinter den in seinem Stuhl sitzenden Leichnam des Elfen zurück. Ein Knarren ertönte, als sie das Gewicht auf ihren rechten Fuß verlagerte.
    Verflucht, nicht einmal leise schleichen kann man auf diesem unnatürlichen Boden!
    Eine Bewegung ging durch den Umriss der Gestalt. Der Unbekannte kam auf Neria zu. Sie packte ihre Waffe fester und sprang so schnell hinter ihrem Versteck hervor, als hätte sie sich tatsächlich unter dem Licht eines herabscheinenden Vollmonds in ein reißendes Tier verwandelt. Ihre Beute war so überrascht, dass sie mitten im Schritt verharrte. Neria vernahm einen leisen erschrockenen Aufschrei, als sie dem Fremden ihren Dolch an den Hals hielt. Ihre Hände spürten den Widerstand. Noch etwas mehr Druck, und die Spitze würde sich in das Fleisch bohren.
    Mit ihrer freien Hand packte sie den Mann und drückte ihn gegen die Reling. Sie beugte sich vor, um den Unbekannten genauer betrachten zu können. Weit aufgerissene Augen starrten sie unter wirr in die Stirn hängenden Haaren erschrocken an. Das Weiße in ihnen schimmerte matt in der abnehmenden Dunkelheit. Neria hatte noch nie ein Gesicht vergessen. Das Aussehen all jener, denen sie an Bord bisher begegnet war, hatte sich ihr mit der Genauigkeit einer Jägerin eingebrannt, die in ein neues Gebiet vorgedrungen war und dort alle möglichen Gefahren abschätzte. Aber diesem Mann war sie bisher nicht begegnet. Und sie war sich mit einem Blick sicher, dass sie ihm ebenfalls unbekannt war. Nichts in seinen Augen wies darauf hin, dass er sie wiedererkannte.
    »Wer bist du?«, herrschte sie ihn an.
    Als er nicht sofort antwortete, erhöhte ihre Hand, die den Dolch führte, den Druck auf den Hals des Mannes. Er zuckte zusammen. Dann tat er etwas, das Neria niemals von jemandem erwartet hätte, der eine kalte Klinge am Hals fühlte.
    Mit einer blitzschnellen Bewegung seines rechten Fußes trat er eines ihrer Beine aus dem Gleichgewicht.
    Neria schrie auf und stieß zu. Sie hätte später nicht sagen können, ob sie dies absichtlich oder unwillkürlich getan hatte. Doch der Mann hatte bereits seinen Kopf zur Seite gedreht. Die Spitze des Dolchs ritzte nur seine Haut auf, anstatt seine Schlagader zu durchbohren.
    Im nächsten Moment warf sich der Fremde auf sie. Polternd stürzten beide auf die Bordplanken. Neria schlug hart mit dem Kopf auf. Weiße Lichter zerplatzten grell vor ihren Augen. Wie aus weiter Ferne vernahm sie immer lauter anschwellende Rufe. Sie spürte, wie ihr jemand den Dolch aus der Hand riss, aber sie war nicht dazu in der Lage, sich zu wehren. Heißer Atem keuchte an ihrem Ohr. Nun war es ihre eigene Waffe, die ihr von hinten an den Hals gedrückt wurde.
    Der ist verrückt! Du hättest nie den Dolch in seine Reichweite bringen dürfen. Dem Kerl ist alles egal – deswegen konnte er dich eben überrumpeln!
    »Lass sie sofort los!«
    Diese Stimme kannte Neria. Sie gehörte dem jungen Mann, der dem toten Endar so nah gestanden hatte. Enris.
    »Verschwindet!«, schrie der Unbekannte, der sie festhielt. Er riss Neria hoch. Ihre Beine fanden Halt auf den Planken. Jetzt konnte die junge Frau einige von Suvares Leuten und den Flüchtlingen sehen, die in wenigen Fuß Entfernung standen. Enris war unter ihnen. Das Licht einer Laterne in seiner erhobenen Hand warf lange Schatten über das Deck.
    Teras, der Bootsmann, drängte sich neben Enris.
    »Daniro! Nimm sofort deine Hände von ihr, oder ich werfe dich über ...«
    »Nicht!«, fiel Enris ihm ins Wort und ergriff seinen Arm. Der Alte, der sich

Weitere Kostenlose Bücher