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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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über das Kinn. Die Lider seiner Augen hingen schwer herab, aber er war noch immer bei Bewusstsein.
    Enris richtete sich gerade wieder auf, als er aus seinen Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Neria hatte ihre Waffe aufgehoben und stürzte auf Daniro zu. Er wirbelte herum und versperrte ihr mit ausgebreiteten Armen den Weg.
    »Nicht!«
    Eisige Wut hatte die ausdruckslose Miene ihres Gesichtes ersetzt. Sie antwortete nicht, sondern versuchte weiter, sich an ihm vorbeizudrängen, ihren hasserfüllten Blick auf Daniro gerichtet.
    »Hör auf damit!«, rief nun auch Suvare. Sie stellte sich neben Enris und versuchte, Neria an der Schulter zu berühren, aber die Voronfrau wich abrupt zurück und stürmte davon, immer noch den Dolch umklammernd. Enris konnte sie in der allmählich schwindenden Dunkelheit an der Bordwand neben den Umrissen von Arcads Leichnam erkennen, auf die Reling gestützt und ins Dunkel der See starrend.
    Neben ihm versuchte sich Daniro aufzurichten, und er drehte sich um. »Lasst mich gehen!«, murmelte der Schiffszimmermann. Er sah weder Suvare noch Enris an. Seine Stimme klang erschöpft.
    Keiner der beiden antwortete.
    »Bitte! Ich will nur fort vom Meer. Es ... es tut mir leid, dass ich Ärger gemacht hab.«
    »Ärger gemacht?«, wiederholte Suvare schließlich. Sie hörte sich an, als bemühte sie sich nach Kräften, ihn nicht anzuschreien. »Du hast jemanden an Bord meiner Tjalk mit einer Waffe bedroht! Ich hätte jede Befugnis, dich dafür aufzuknüpfen, und keiner meiner Leute würde mich daran hindern!«
    »Es tut mir ja leid!« Daniro liefen Tränen über seine Wangen und verschmierten das Blut an seinem Kinn. Er wiegte sich im Sitzen mit verschränkten Armen vor und zurück, wie ein Süchtiger, dem sein Chaigras verwehrt wurde. »Ich dachte, ich hätte es endlich hinter mir gelassen. Ich war sieben Jahre lang nicht mehr auf See, aber ich kann nichts anderes. Zum Leben an Land taug ich nicht, und auf dem Meer halt ich es auch nicht mehr aus.«
    »Wovon redest du eigentlich?«, fragte Enris.
    Daniro starrte ihn an, als sähe er ihn zum ersten Mal in seinem Leben. »Ich hab versucht, mir nichts anmerken zu lassen, aber seit dieser Geistersturm uns beinahe umgebracht hätte, fällt alles auseinander. Mit jedem Schritt an Bord muss ich an die Wellen unter meinen Füßen denken. Der Schweiß läuft mir in Bächen herunter, und ich bekomme keine Luft mehr. Dann kann ich an nichts anderes denken, als an die Nesvaal und den Schiffbruch . «
    Er schlug die Hände vors Gesicht. »Ich hab solche Angst, dass ich verrückt werde!«
    Sein Aufschrei ließ es Enris kalt über den Rücken laufen. »Was meint er?«, wollte er von Suvare wissen. »Was ist die Nesvaal ?«
    Suvare löste den Blick nicht von Daniro, als sie antwortete. »Das Schiff, auf dem er früher fuhr. Er hat erzählt, dass es unterging. Er war der Einzige, der überlebt hat.«
    »Bei der Träumenden!«
    »Was ist damals wirklich passiert?«, fragte sie, ohne auf Enris’ Ausruf etwas zu erwidern.
    Daniro schwieg und wiegte sich weiter vor und zurück. Suvare legte ihm ihre Hand auf die Schulter. Sofort hielt er in seiner Bewegung inne.
    »Du hast uns nicht alles erzählt, als du auf mein Schiff kamst. Das spürte ich gleich bei unserer ersten Begegnung. Ich sagte mir: Es hat Zeit. Irgendwann wird er von selbst damit herausrücken. Und ich hatte das Gefühl: Der kann ein gutes Mitglied meiner Mannschaft werden. Einer, der bei uns bleibt und nicht schon im nächsten Hafen wieder abheuert.«
    Sie stieß einen Seufzer aus, bevor sie weitersprach. »Aber da habe ich wohl einen Fehler gemacht. Ich hätte dir gleich von Anfang an auf den Zahn fühlen sollen, dann wäre es nicht so weit gekommen. Ich bin für die Leute auf meiner Tjalk verantwortlich.«
    Sie erhob sich und blickte auf Daniro herunter, der reglos auf den Planken saß. »Bevor ich entscheide, was ich mit dir anstellen werde, will ich jetzt wissen, was dir damals passiert ist, und warum dir die Nesvaal noch immer im Kopf herumspukt. Du hast es lang genug mit dir rumgeschleppt, bis es anfing zu verrotten und dich zu vergiften.«
    Langsam schüttelte Daniro den Kopf. »Ich kann nicht«, schluchzte er.
    »Doch, du kannst!«, erwiderte Suvare hart. »Du hast den Mut aufgebracht, wieder ein Schiff zu besteigen – obwohl dein letzter Kahn untergegangen ist und sie dich aus dem Meer gefischt haben. Dann kannst du uns auch erzählen, was du erlebt hast.«
    »Erzähl uns deine Geschichte«,

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