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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Aufsehen.«
    »Auch das noch«, brummte Teras mit gerunzelter Stirn. »Als hätten wir nicht schon genug Schwierigkeiten.«
    »Was meinst du damit?«
    »Enris hat sich davongemacht. Daniro hat es mir erzählt. Ihm ist aufgefallen, dass unser Beiboot verschwunden ist. Ich hab überall nachgesehen. Er fehlt.«
    Wütend donnerte Suvare ihre Faust gegen den Türpfosten. »Dieser verdammte Dummkopf! Ich hätte es wissen müssen, als ich vorhin sein langes Gesicht gesehen hab. Bestimmt hat er vor, das Piratenlager auf eigene Faust auszukundschaften, weil Aros und Corrya ihn nicht mitnehmen wollten.«
    Ein dumpfer Knall ließ die junge Frau und ihren Bootsmann zusammenzucken, als etwas im Inneren der Khorskajüte wie eine verspätete Antwort auf Suvares Schlag gegen die Tür prallte.
    »Was macht die da drin?«, rief Teras beunruhigt.
    »Ich will es gar nicht so genau wissen«, gestand Suvare. Sie ergriff den Arm des Alten. »Los, komm mit! Wenn wir sie herauslassen, darf niemand an Deck sein. Um Enris kümmern wir uns später.«
    Neria schien es, als ob sich die beiden unmittelbar an ihrem Ohr unterhalten würden, ohne eine trennende Tür aus Holz dazwischen. Der scharfe Geruch der Seifenlauge, mit der die Planken gereinigt wurden, schoss ihr ebenso deutlich ins Gehirn wie der Gestank nach Tang, den der Wind vom nahen Ufer herbeiwehte. All ihre Sinne hatten sich geschärft. Sie fühlte das Blut in ihren Adern kochen, als ob heißes Wasser ihren Körper hinablaufen würde. Ein neuerlicher Krampf schüttelte sie, so dass sie mit dem Kopf gegen die Tür der Kajüte prallte. Ihr Blick verschwamm, wie es immer als Erstes geschah, wenn sie sich verwandelte. Alles um sie herum hüllte sich in graue Schleier.
    Sie hatte sich nie vor dem gefürchtet, was mit ihr geschah. Auch wenn es schmerzhaft war, ihr Dasein als Mensch gegen das der Wölfin einzutauschen, so hatte sie doch jedes Mal das kurzzeitige Leben im Körper eines Tieres als kostbares Geschenk angesehen. Die Wölfin empfand alles um sie herum so unmittelbar und in solcher Vielfalt, dass ihr im Gegensatz dazu ihre menschliche Wahrnehmung wie ein Traumzustand erschien – und ein wenig davon nahm sie jedes Mal, wenn sie sich wieder als Mensch erlebte, als leise Erinnerung mit. Schmerzen, wie sie mit der Verwandlung einhergingen, gehörten für Neria ebenso zu diesen starken Empfindungen wie alles andere auch. Das Einzige, was sie nicht mochte, waren jene kurzen Momente, in denen sie sich nicht mehr völlig menschlich fühlte, sie aber auch noch nicht im Bewusstsein der Wölfin steckte. Diesen Zwischenzustand verabscheute sie wirklich, weil es war, als würde sich ihr Geist, der gerade weder zum Mensch noch zum Tier gehörte, auflösen. So musste es sich anfühlen zu sterben.
    Ein wilder, verzweifelter Schrei löste sich aus ihrer Kehle, grässlich und unmenschlich. Er schwoll länger und länger an ...
    ... so lang, wie sich ihre Gliedmaßen mit einem Mal schmerzhaft strecken, wie sie wachsen, an Muskeln gewinnen. Der Schrei füllt das Innere des engen Raumes, in dem sich die Wölfin befindet. Sie liegt zuckend auf der Seite und heult ihren Schmerz heraus. Ihr Körper steht in Flammen. Die Poren ihrer Haut haben sich geweitet. Schwarze Haare schießen wie winzige Pfeile hindurch, drängen sich vorwärts und wachsen zu einem dichten Fell heran. Ihre Hände und Füße verwandeln sich zu breiten Pfoten, ihr Kopf zerfließt wie Wachs in praller Sonne, wird langgezogen und schmal. Spitze Reißzähne bohren sich brutal durch ihr Zahnfleisch.
    Schließlich lässt der Schmerz nach. Das Feuer, das ihren Körper in Brand gesteckt hat, erlischt. Torkelnd rappelt sich die Wölfin auf. Sie will diesen Ort auseinandersprengen, der sie festhält. Noch nie zuvor hatte sie ein Dach über dem Kopf. Das Zuhause der Wölfin ist der Wald, der Schutz der Baumriesen um sie herum und die Weite des Sternenhimmels über ihr. Sie kann hier nicht bleiben!
    Entschlossen fährt sie herum. Ihr buschiger Schwanz peitscht hin und her und wirft einen der Stühle gegen die Wand. Das laute Poltern lässt sie gereizt herumfahren. Die Menschenfrau ist wieder einmal völlig in den Tiefen des Wolfsverstandes verschwunden. Nur gelegentlich blitzen schwache Ahnungen im Geist des Tieres auf, die aus Nerias Erinnerungen stammen.
    Eine davon ist das Wissen darum, dass dies hier kein sicherer Ort für sie ist. Er riecht fremdartig. Zu viele Zweibeiner sind um sie herum. Sie kann ihren Gestank erkennen, den alten

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