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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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dass ich deine Spur am Strand fand und dir folgte.« Sie hielt kurz inne und setzte beinahe widerstrebend hinzu: »Ich machte mir Sorgen. In Wolfsgestalt kann ich manchmal eine Gefahr regelrecht riechen. Das ist wie die Luft kurz vor einem Gewitter.«
    Enris fiel es schwer, Neria weiter anzusehen. »Wenn du nicht gewesen wärst, dann hätte ich euch alle verraten. Ich bin ein Feigling. Ein Feigling, und ein Dummkopf. Mit meinem Alleingang habe ich jeden von uns in Gefahr gebracht.«
    »Ein Dummkopf bist du vielleicht,« erwiderte Neria ruhig, »aber auch nicht mehr als jeder andere von uns. Und einen Feigling habe ich dort im Lager der Piraten nicht erlebt. Ich kann mich nur an einen jungen Mann erinnern, der einen Armbrustbolzen abgefangen hat, der für mich bestimmt war. Das werde ich nicht vergessen.«
    Ihre Hand berührte die seine und drückte sie.
    Sie wusste selbst nicht zu sagen, wann genau es passiert war – wann ihr dieser Mensch wichtig geworden war. Aber es war so, und sie konnte es nicht mehr leugnen.
    Enris’ Finger drückten schwach zurück. Er lächelte. »Dann haben wir wohl beide gut aufeinander achtgegeben, was? – Du warst ziemlich furchteinflößend als Wölfin. Ich dachte schon, du würdest alle in deiner Nähe umbringen – mich eingeschlossen.«
    Das ungewohnt freundliche Gesicht der Voronfrau umwölkte sich. Ihr finstere Miene erinnerte Enris wieder an die wortkarge junge Frau, die vor einigen Wochen an Bord der Suvare gekommen war.
    »Ich hätte nicht mit dem Kämpfen aufgehört, solange noch einer der Piraten am Leben gewesen wäre. Das kann ich nicht. Wenn ich als Wölfin den Schweiß meiner Beute rieche, dann ist niemand vor mir sicher. Mein Leben lang habe ich Menschen als meine Feinde betrachtet. Ein Tier kann alte Gewohnheiten nicht so einfach abschütteln.«
    Sie seufzte. Dann richtete sie sich auf und sah sich im Raum um. »Aber die Ahnen in den Geistwelten meinten es gut mit uns. Nun sind wir hier und haben die Möglichkeit, die Dunkelelfen um Hilfe zu bitten!«
    »Wie kamen wir überhaupt ins Reich der Antara?«, wollte Enris wissen. »Warum hat sich das Quelor geöffnet?« Er fühlte sich nicht mehr so benebelt wie in den ersten Momenten nach seinem Erwachen. Dennoch war ihm so, also ob sein Verstand jedem Satz, den Neria ihm sagte, hinterherhinkte – bis er ihn begriffen hatte, war sie schon wieder um die nächste Ecke gebogen und wartete mit etwas Neuem auf. Diese Hilflosigkeit ärgerte ihn. Er bemühte sich, seine Gereiztheit nicht zu zeigen.
    »Ich weiß es selbst nicht genau«, gab Neria zurück. »Ich glaube, es hatte mit den beiden Serephin zu tun, die plötzlich auf der Plattform auftauchten. Ein Mann und eine Frau. Du hast nichts davon mitbekommen, denn da warst du schon bewusstlos. Die Serephinfrau warf dich durch das Portal, um dich zu beschützen. Ich sprang hinterher.«
    »Ein Serephin – mich beschützen?« Enris war erstaunt. »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Ich dachte, sie hassen die Menschen.«
    »Es kommt noch besser. Der zweite Serephin folgte uns. Der ist tatsächlich genauso wie die Krieger, die ihr beschrieben habt, und die Andostaan in Brand steckten. Aber die Dunkelelfen nahmen ihn sofort gefangen.« Neria zog mit einer hilflosen Geste die Achseln hoch. »Genauer gesagt: Wir vier sind Gefangene der Dunkelelfen. Sie haben deine Wunden versorgt, aber sie sind alles andere als begeistert darüber, dass wir in ihr Reich eingedrungen sind.«
    »Ich muss sofort mit ihnen sprechen.« Enris schlug die Bettdecke zurück und versuchte mühsam, sich aufzusetzen. Neria wollte ihm unter die Arme greifen, aber er wehrte ab.
    In diesem Moment vernahm er ein leises Klicken, das ihm verriet, dass irgendwo in der Nähe eine Tür geöffnet worden war. Die herabhängenden Tücher vor ihm gerieten in Bewegung, und eine Gestalt in einer dunkelroten Robe trat zwischen ihnen hindurch.
    Enris zuckte überrascht zurück, als er das schuppige Gesicht eines Serephins erblickte.
    »Du brauchst keine Angst vor mir zu haben«, sagte das Wesen ruhig. Seine Stimme klang, als ob es zwei Sprachen gleichzeitig sprechen würde. Die eine der beiden war die Sprache der Menschen von Runland, mit der Enris aufgewachsen war. Dahinter, und nur hörbar, wenn er sich bemühte, darauf zu achten, erklang eine andere Sprache, die sich wie ein kehliges Zischen anhörte. Bestimmt war dies seine eigentliche Art zu reden. Aber wieso konnte er dann aus seinem Mund ebenso die menschliche Sprache

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