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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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rührte sich Neria, die bisher wie unter Schock etwas abseits gekauert hatte. Mit einem rauen Knurren kroch sie auf den Antara zu. Jahanila spürte die Sorge der Voronfrau um den verletzten jungen Mann. Sie wandte sich ihr zu und hielt sie auf, bevor sie sich auf den Elf stürzen konnte. Wütend trat Neria um sich und versuchte, sich aus Jahanilas Griff zu befreien. Ihre blutende Wunde schien sie völlig vergessen zu haben.
    »Er tut ihm nichts, keine Sorge!«, rief Jahanila. »Er will ihn retten – wenn es nicht bereits zu spät ist.«
    Die nackte Frau, die ihre Zähne in Jahanilas Arm geschlagen hatte und bereits zubeißen wollte, hielt in ihrem Kampf inne. Sie riss sich los und sah an sich herab, dann irrte ihr Blick zwischen Enris auf dem Boden und den anderen Anwesenden hin und her. Offenbar bemerkte sie erst jetzt, dass sie nicht mehr die Gestalt eines wilden Tieres innehatte.
    »Er ist kaum noch am Leben«, murmelte der Dunkelelf mit gerunzelter Stirn, während er Enris begutachtete. Er wandte sich wieder Jahanila zu. »Der Bolzen hat seine Lunge durchbohrt. Ich muss ihn herausziehen und die Blutung stillen, aber selbst dann kann es immer noch sein, dass er stirbt.«
    Langsam näherte sich Neria wieder Enris. Da sie den Antara dabei nicht beachtete, ließ Jahanila sie gewähren. Die Voronfrau ergriff die Hand des jungen Mannes und drückte sie fest. »Halte durch, hörst du?«, flüsterte sie heiser.
    Der Dunkelelf ergriff den Schaft des Armbrustbolzens und schloss die Augen. Eine dicke Ader schwoll auf seiner Stirn. Es erschien Jahanila, als verlöre das Holz des Schaftes seine Festigkeit und verwandelte sich in eine zähflüssige Masse wie Baumharz. Mit einer schnellen Bewegung zog der Antara den Bolzen aus der Wunde, der nun, da er nicht mehr in Enris’ Körper steckte, wieder so hart aussah wie zuvor. Er warf ihn neben sich zu Boden und legte Enris seine flache Hand auf die Brust, die stark blutete. Während er einen eintönigen, leisen Singsang anstimmte, wiegte er sich hin und her, immer weiter die Wunde bedeckend.
    »Wie konntest du nur dem Lamazhabin und dem Orden so etwas antun!«, sagte Alcarasán bitter. Es fiel ihm schwer zu sprechen vor unterdrückter Wut. Am liebsten hätte er sich auf Jahanila gestürzt, um sie eigenhändig zu erwürgen, aber er wusste, dass er nicht an sie herankäme. Die beiden Wachen würden ihn vorher zu Boden werfen.
    »Du irrst dich, wenn du denkst, ich hätte Terovirin hintergangen«, erwiderte Jahanila so beherrscht, wie es ihr unter den Umständen möglich war. »Er hat mir befohlen, Runlands Vernichtung auf keinen Fall zuzulassen.«
    Alcarasán stand da wie vom Donner gerührt. Ein hässliches Lachen schwoll in seiner Kehle an wie ein unwillkürlicher Hustenreiz.
    » Was? «, stieß er rau hervor.
    »Du hast mich schon richtig verstanden. Der Lamazhabin billigt die Pläne nicht, die Melar und die Herren der Ordnung mit Runland und den Temari haben. Nicht mehr.«
    »Unsinn!«, schrie Alcarasán. Seine Stimme gellte ihm schrill in den Ohren. »Der Lamazhabin würde niemals mit Oláran und seinen Verrätern gemeinsame Sache machen!«
    »Du warst lange fort«, entgegnete Jahanila. »Du hast keine Ahnung, was während deiner Abwesenheit alles in Vovinadhar geschehen ist. Wie auch? Kaum warst du angekommen, da musstest du bereits wieder fort, weil der Kreis der Stürme darauf drängte, endlich zu handeln. Terovirin blieb keine Zeit mehr, dich einzuweihen, also sorgte er dafür, dass ich mitkam.«
    Konnte das tatsächlich die Wahrheit sein? Alcarasán dachte an den Moment zurück, als Ranár ihm eröffnet hatte, dass es seine Schwester sei, die in dem Körper jenes Temari steckte. Auch damals hatte er zunächst geglaubt, getäuscht zu werden, hatte aber erkennen müssen, dass das, was er für eine List gehalten hatte, nichts anderes als die Wahrheit gewesen war. Wie viele von seinen Überzeugungen sollten sich denn noch als falsch herausstellen? Mehr und mehr schien sich das Leben, in das er nach so langer Zeit zurückgekehrt war, in einen Irrgarten aus Zerrspiegeln zu verwandeln. Wann hatte Jahanila ihn getäuscht? In Vovinadhar – oder jetzt, in diesem Augenblick?
    »Ich will eure spannende Auseinandersetzung nicht stören«, meldete sich der Antara trocken zu Wort, der seinen Gesang beendet und sich erhoben hatte. Neria starrte ihn wortlos mit weit aufgerissenen Augen an, als sähe sie einen Geist.
    »Aber vielleicht möchtet ihr gerne erfahren, wie es dem Temari geht,

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