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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Ruder los. Er starrte den leeren Platz vor ihm an. Auf einmal erschien ihm die Aufgabe, die er sich gestellt hatte, so schwer, dass er nicht wusste, wie er die Kraft zum Weiterrudern aufbringen sollte. Der finstere Himmel schickte die ersten Regentropfen herab, die laut auf den Planken aufschlugen.
    Als er nach einer quälend langen Pause die Hände um die Ruderstangen legte, um erneut durchzuziehen, vernahm er einen lauten Ruf am Ufer.
    »Sag mal, willst du den Fluss nun hinauf rudern oder hinauf schweben ?«
    Pándaros´ Herz machte einen Sprung. Er sah auf. Ein heftiger Windstoß fuhr durch das Schilf am westlichen Ufer. Dort stand eine kleine Gestalt in einer arg vom Reisen mitgenommenen Priesterrobe. Es war Deneb. Sein Gesicht leuchtete krebsrot, und er schnaufte, als wäre er wie um sein Leben gerannt.
    »Was machst du denn hier?«, brüllte Pándaros auflachend. »Incrast liegt in der entgegengesetzten Richtung.«
    »Was du nicht sagt, Schlauberger! Jetzt komm endlich her mit deinem Kahn, damit ich in aller Ruhe darin zusammenbrechen kann. Ich habe Seitenstechen, das ich meinem schlimmsten Feind nicht wünsche.«
    Pándaros hatte den Schmerz in seinen Armen vergessen. Ein paar ausgedehnte Ruderschläge brachten ihn ins Schilf. Deneb sprang ins Boot. Japsend ließ er sich auf der freien Bank nieder und warf seinen Rucksack von sich.
    »Ich bin so froh, dass du es dir überlegt hast«, gestand Pándaros, der sich keinen Deut darum scherte, seine Erleichterung zu zeigen. Er steuerte wieder zurück in die Mitte des Flusses. Inzwischen war der Wolkenbruch im vollen Gang. Regentropfen prasselten hart auf die Wasseroberfläche und in das Innere des Bootes. Die Priester schoben sich ihre Kapuzen über die Köpfe.
    »Ich konnte dich nicht alleine losziehen lassen«, gab Deneb zu. »Ich wäre mir wie ein Verräter vorgekommen.«
    »Unsinn!«, wehrte Pándaros ab. »Du hattest eine Entscheidung getroffen. Ob sie richtig oder falsch war, mag die Träumende allein wissen.«
    »Jedenfalls habe ich, gleich nachdem du um die nächste Biegung verschwunden warst, noch eine Entscheidung getroffen. Und wenn ich auch nicht die Schicksalsherrin sein mag, so hoffe ich doch, dass es die Richtige war. Um unser beider Willen.«
    »Nicht nur um unser beider Willen«, murmelte Pándaros mit belegter Stimme. »Hier steht mehr auf dem Spiel, als die Leben zweier alter Männer.«
    Ein Blitz sprang über den verfinsterten Himmel, als ob er Pándaros´ Antwort mit einer leuchtenden Schrift unterstreichen wollte. Nur einen Moment später hallte ein Donnerschlag über das Tal, der die beiden Priester in ihrem Boot erschrocken zusammenfahren ließ.
    »Wir müssen sofort runter vom Wasser!« schrie Deneb.
    Sie packten je ein Ruder und beeilten sich, an Land zu kommen. Während über ihnen Blitze die Regenschleier erhellten und Donnerschläge in ihren Ohren rangen, saßen sie mit eingezogenen Köpfen in Decken gehüllt in der Nähe des Ufers und warteten ab. Sie sprachen kaum miteinander, und keiner von ihnen erwähnte noch einmal die kurze Zeit der Trennung, die sie erlebt hatten. Erst als das Gewitter weiter in Richtung Westen gezogen war, bestiegen sie wieder das Boot und ruderten auf den Lilin hinaus. Von dem weiten Land, das sich zu beiden Seiten des Flusses erstreckte, war nichts mehr zu erkennen. Stunde um Stunde sahen sie nur grauen Dunst und herabtropfenden Regen über dem uferlosen Wasser.
    Pándaros kam der Nachmittag vor dem Vellardinfest in den Sinn, als er Gersans Haus betreten hatte. Damals war sein Leben aus den Fugen geraten. Und das Unheimliche war – für einen Augenblick hatte er es gespürt. Nun schien es ihm wieder, als hätte er die ihm bekannte Welt verlassen. Stattdessen reiste er mit seinem Freund durch ein Zwischenreich voller geisterhafter Schemen weiter nordwärts, einer unbekannten Zukunft entgegen und immer tiefer hinein in das Land der Legenden aus den Alten Tagen.

31
    Das Erste, was Enris von dem neuen Ort wahrnahm, an dem er sich nun befand, war Hitze – ein trockener, heißer Luftschwall, der ihm so völlig unvermittelt wie mit einer flachen Hand ins Gesicht schlug, dass er Neria überrascht losließ. Sie taumelte von ihm fort und drehte sich schnell um die eigene Achse, bereit, sich gegen einen Überfall zu wehren, aus welcher Richtung er auch erfolgen mochte. »Mach das nie wieder!«
    Enris hob seine Hände, da er dachte, sie würde ihn im nächsten Moment angreifen. »Es tut mir leid! Aber was hätte ich

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