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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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fand, ohne sagen zu können, warum.
    »Ich kannte den Namen des Temari, in dessen Körper ich steckte«, fuhr er fort. »Ich wusste alles über ihn, seine Lebensgeschichte, seine Vorlieben und Abneigungen. Dass er zeitlebens heiße Bäder mochte. Dass der Blütenstaub eines Baumes dieser Welt, der ›Finlarbirke‹ genannt wird, seine Augen zum Tränen brachte. Es war mir bekannt, als hätte es mir jemand erzählt, aber es beeinflusste mich nicht. Ich selbst hätte durch einen Frühlingswald voller Birken gehen können, und es hätte mich nicht gestört. Von dem Moment an, als ich seinen Körper in Besitz nahm, machte ich ihn mir völlig untertan.«
    »Was ist mit dem Geist dieses Temari geschehen?«, fragte Alcarasán neugierig.
    »Ranár wurde vernichtet, als ich in ihn eindrang.« Der Serephin vollführte eine abfällige Handbewegung, die wieder von der Spiegelung in seinem Rücken begleitet wurde.
    Etwas an dieser letzten Bemerkung machte Alcarasán stutzig. Er konnte nicht genau sagen, was es war. Schließlich schob er es der verwirrenden Atmosphäre des verwandelten Turmzimmers zu, dessen Unmenge von Spiegeln an den Wänden wie auch an den Säulen seine eigene Gestalt und die des Temari aus den unterschiedlichsten Winkeln vervielfachte.
    Langsam drehte sich Ranár zu der Säule hinter ihm um.
    »Er führte das Leben eines Gelehrten, dieser junge Mann, mit dessen Gesicht ich nun herumlaufe«, fuhr er fort, während er seine Gestalt von oben bis unten musterte. Alcarasán kam es vor, als spräche der Serephin nicht mehr mit ihm, sondern mit sich selbst.
    »So unterentwickelt die Temari auch sein mögen, sie werden offensichtlich ebenso vom Wissen um die Verborgenen Dinge angezogen wie auch wir. Motten, die das Licht lockt. Sie kennen ebenfalls Orden wie den Kreis der Stürme. Ranár lebte in so einer Gemeinschaft, tief im Süden von Runland. Er fühlte sich wohl an diesem Ort. Viele seiner Gedanken kreisten um ihn.«
    Er lächelte sich selbst im Spiegel zu, während er weitersprach. »Letztendlich war er es, der mir das Tor zu seinem Geist öffnete. Ich musste nur ein Licht anzünden, das hell genug war, um von einem geeigneten Temari erkannt zu werden. Die Motte sah seinen Schein, flog zu dem Licht – und verbrannte darin.«
    »Aber wie war es Euch möglich, eine Verbindung zu Runland aufzubauen?«, wollte Alcarasán wissen. »Hätten die Wächterdrachen dieser Welt Euch nicht bemerken und daran hindern müssen?«
    »Oh, sie bemerkten mich durchaus«, erwiderte der Serephin. »Und wenn ich in meiner wahren Gestalt versucht hätte, nach Runland vorzudringen, dann wäre es mir nicht gelungen. Wahrscheinlich hätten sie mich sogar getötet. Die Drachen sind stark, selbst jetzt noch, nach all den ermüdenden Zeitaltern ihrer langen Wacht. Aber ich hatte einen Vorteil: Ranárs Neugier. Ohne sie bliebe uns Runland noch immer versperrt.
    Auf seiner Suche nach dem Wissen um die Verborgenen Dinge tastete sich Ranár in das Dunkel lang vergessener Rituale vor, und er fühlte, dass etwas darin verborgen lag, was zu ihm hereingelassen werden wollte. Er spürte mich, schon bevor ich von ihm Besitz ergriff. Er war es, der mich freiwillig willkommen hieß und mir damit Macht über ihn gab. Das ist eine sehr alte Form der Magie, wie du sicher selbst weißt. Eine, der die Wächterdrachen nichts entgegenzusetzen hatten, und das um so mehr, als ich ihren Schutzwall nicht mit meinem Körper durchdrang, sondern nur mit meinem Geist. Als ich endlich in dieser Welt angekommen war, hatte ich nur noch das Quelor zu finden, um euch alle ebenfalls hereinzulassen.
    Es war ein kluger Plan, aber er besaß einen Nachteil: Ich musste meinen Geist von meinem Körper trennen und in den Körper eines fremden Wesens eindringen, um ihn auszuführen. Wir rechneten damit, dass ich durch den Schock des Übergangs vieles von meinem Leben als Serephin vergessen würde. Es gelang mir nur, indem ich all meine Aufmerksamkeit auf unser Vorhaben richtete. Nur das zählte. Alle anderen Einzelheiten meiner Vergangenheit waren nicht so wichtig wie diese.«
    »Deshalb konntet Ihr nicht sagen, ob Ihr dem Maharanár unseres Ordens schon einmal begegnet wart«, rief Alcarasán.
    »So ist es«, bekräftigte der Serephin. »Ich hatte es vergessen. Aber ich habe mein Wissen wiedererlangt. Mit jedem meiner Gefährten aus dem Kreis der Stürme, der durch das Quelor hierher kam, erfuhr ich mehr über meine Vergangenheit. In den letzten Tagen bekam ich ein Sellarat nach

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