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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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weitem mehr Kraft kosten als in seiner Heimat.
    Langsam beugte er sich im Sitzen vor und öffnete seine Augen. Weit unter ihm ging das blanke Gestein abrupt in hohes Gras über. In einiger Entfernung war die verkohlte Ruine eines langgezogenen Versammlungsgebäudes zu erkennen. Aus dieser Höhe erinnerte sie Alcarasán an die Knochen eines erlegten Tieres, an dem sich seine Jäger satt gefressen hatten. Jenseits davon lagen weitere dieser Gerippe, die Überreste der niedergebrannten Stadt. Geschwärzte Trümmer, die einmal Fischerhäuser und Bauernhöfe gewesen waren, erstreckten sich bis zum Meer. Schwärme von Möwen kreisten darüber hinweg, freudig erregt über den Überfluss an Futter, der sich ihnen bot.
    »Es riecht widerlich, nicht wahr?«
    Jahanila ließ sich neben ihm nieder. Sie zupfte den Ärmel ihrer roten Ordensrobe zurecht.
    »Wir hätten uns tatsächliche Kleidung mitbringen sollen«, sagte sie weiter, als Alcarasán nicht antwortete. »Auf die Dauer ist es etwas anstrengend, ständig diese Verwandlungsmagie aufrecht zu erhalten.«
    »Dann lass sie doch sein«, gab Alcarasán zurück.
    »Das will ich auch nicht. Soll der Kreis der Stürme doch ständig vor Augen haben, dass wir hier den Orden der Flamme vertreten. Die fühlen sich sowieso schon so dermaßen überlegen, dass sie fast platzen vor Wichtigkeit.«
    »Beeindrucke sie nicht damit, dass du eine Schülerin Terovirins bist«, sagte Alcarasán. »Willst du sie wirklich ärgern, dann beeindrucke sie gar nicht. Nichts macht jemanden, der sich für sehr wichtig hält, so verrückt, als wenn man ihn einfach wie seinesgleichen behandelt.«
    Jahanila lachte auf. »Gib es ruhig zu, dieses Spielchen hast du früher mit mir ebenfalls getrieben, nicht wahr?«
    »Hast du dich denn früher für sehr wichtig gehalten?«
    »Ich ziehe es vor, darauf nicht zu antworten«, erwiderte sie amüsiert. »Und das Gute ist, dass du noch nicht einmal verbotenerweise in meinen Geist eindringen kannst, um es herauszufinden. Einer der wenigen Vorteile, die diese Welt vorzuweisen hat.«
    »Du meinst, weil Magie hier so träge vonstatten geht? Nun, unmöglich wäre es mir nicht. Aber du hast es ja selbst gesagt: Es ist verboten, und außerdem sollten wir unsere Kräfte für Wichtigeres aufheben. Ranár hat angedeutet, dass er unsere Unterstützung für eine Aufgabe benötigt.« Jahanila schwieg abwartend, aber Alcarasán sprach nicht weiter, sondern sah hinab auf die zerstörte Stadt. Die Frühlingssonne wärmte die schuppenbesetzten Körper der beiden Serephin. Hoch über ihnen schrien Möwen, die sich immer wieder mitten im Flug fallen ließen, um zu ihren Nestern in der Klippenwand vorzudringen.
    »Es ist bestimmt seltsam für dich, nicht wahr?«, ließ sich Jahanila schließlich vernehmen. »Vor langer Zeit habt ihr, als ihr Mehanúr verteidigt habt, die Menschen vor ihrer Vernichtung beschützt. Euch ist es zu verdanken, dass die Maugrim sie nicht töteten. Aber nun liegen die Dinge anders. Nun müssen wir sie ausrotten, so wie es die Maugrim damals getan hätten, wenn es nach ihrem Willen gegangen wäre.«
    Alcarasán hatte bei Jahanilas letzten Worten einen Stein vom Rand der Klippe losgebrochen. Nun schleuderte er ihn von sich. Der Kiesel beschrieb vor der Linie des Horizonts einen hohen Bogen und tauchte schließlich in die Tiefe des Abhangs ein. Er verschwand im Gras am Fuß der Klippen.
    »Damals wussten wir es nicht besser«, sagte Alcarasán leise, wie zu sich selbst. »Wir waren nicht wie die Anführer unserer Häuser, von denen kaum einer jemals die Heimat verlassen hatte, sondern jung und hitzköpfig. Die Menschen waren unsere Schöpfung, unsere Diener. Dass der Verräter Oláran einen geheimen Plan mit ihnen verfolgte, war uns damals noch nicht bekannt. Für uns erschien der Angriff der Maugrim auf die Menschen wie ein Krieg gegen uns selbst. Wir waren bereit, für unsere Schöpfung zu sterben. Erst später erfuhren wir, dass Oláran und seine Anhänger die Absicht hatten, mithilfe der Menschen die verbannten Herren des Chaos in unsere Welt zurückzuholen.«
    »Wenn euch das früher bekannt gewesen wäre, dann hättet ihr die Maugrim wohl gewähren lassen, wie? Was für ein Witz! Das einzige Mal in der langen Geschichte unseres Volkes, dass wir dasselbe Ziel wie die Maugrim gehabt hätten – dabei wusste es niemand, jedenfalls niemand von euch.«
    Alcarasán blickte sie finster an.
    Ihr Kopf senkte sich. »Es tut mir leid. Ich war respektlos.« Sie seufzte.

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