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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Wintermonate so ersehnte warme Jahreszeit wurde allerorten mit Überschwang und wildem Treiben willkommen geheißen. Früher war es der Frühlingsvollmond gewesen, der den Zeitpunkt der Vellardinnacht angezeigt hatte. Doch seitdem sich auch in den entlegenderen Gegenden Runlands der Kalender durchgesetzt hatte, wurde das Fest für gewöhnlich zu Beginn des Monats Tallan-maar abgehalten, was etwa soviel wie »Blütenmonat« bedeutete.
    Zuallererst war Vellardin ein Fruchtbarkeitsfest. In keiner anderen Nacht des Jahres jagten so viele Männer und Frauen hintereinander her, um gemeinsam über die Flammen der weithin leuchtenden Freudenfeuer zu springen und sich anschließend im Gras zu lieben. Kaum jemand achtete während Vellardin auf Namen oder Stand. Wenn eine unverheiratete Frau aus dieser Nacht, in der sich das Leben selbst feierte, ein Kind empfing, wurde dies nicht als Schande angesehen, im Gegenteil: Es war ein Frühlingskind, geliebt von den Göttern, die Vellardin gesegnet hatten. Überall im Norden sprühte das Leben nach dem harten Winter im Maths unbarmherzigen Griff vor neuem Tatendrang, und Vellardin war ein Ausdruck dieser unbändigen Freude.
    Trotz der Dunkelheit leuchtete die Hafenstadt Menelon schon von weitem wie ein mit Lichtern bestückter Baum auf einer Festwiese. Alle Laternen waren entzündet, und in den Straßen brannten Feuer. Die gesamte Stadtwache war auf den Beinen, um keine Brände entstehen zu lassen. Überall rannten Menschen singend und johlend durch die Straßen, viele von ihnen halbnackt und bunt bemalt. Die Tavernen platzten nur so von Kundschaft. In die beliebtesten von ihnen war es inzwischen kaum mehr möglich, hineinzukommen. Doch das störte nicht weiter. Bestellungen wurden von draußen durch die offenen Türen in die Schankräume hineingebrüllt, und Bierkrüge wanderten von einer Hand zur nächsten, bis auf die Straße hinaus, wo sich diejenigen niedergelassen hatten, die drinnen keinen Platz mehr gefunden hatten.
    Eine hochgewachsene Frau mit kurzgeschnittenen roten Haaren steuerte um eine solche Gruppe von Trinkenden herum, die in der Nähe der Hafenanlagen vor einem Gasthof mitten auf der Straße um ein prasselndes Feuer saßen. Aus der geöffneten Eingangstür ertönte eine schnelle Tanzmelodie, die von mehreren Flöten hervorgebracht wurde, aber um in dem völlig überfüllten Raum auch nur von einem Fuß auf den anderen zur Melodie zu springen, hätte es weit mehr als nur guten Willen gebraucht.
    Die Frau trug Seemannskleidung, eine Lederweste und eine Männerhose, die ebenfalls aus dunklem Leder bestand. Im Gegensatz zu vielen Menschen auf den Straßen war ihr Gesicht weder durch eine Maske, Ruß oder Farben unkenntlich gemacht, noch wirkte sie betrunken. Als sie der um das Feuer in der Mitte der Straße sitzenden Gruppe auswich, um ihren Weg fortsetzen zu können, hielt ihr einer der Trinkenden, ein schwitzender Glatzkopf mit kleinen Schweinsaugen, einen halbvollen Krug Met entgegen. Sie lief jedoch weiter, ohne den Mann zu beachten, der die Achseln zuckte und den Krug sofort wieder an seinen Mund setzte. Die anderen lachten ihn höhnisch aus und grölten der Rothaarigen hinterher, wieso sie den Kerl so schnell abweise. Sie sei wohl noch nicht betrunken genug, einen wie ihn müsse man sich erst einmal schönsaufen.
    Die junge Frau antwortete nicht. Sie drehte sich nicht noch einmal zu der Gruppe um, sondern ging die Straße entlang, fort vom Hafenbezirk. Von dem kurzen Schlenker um die Ansammlung der Trinkenden abgesehen, war sie so schnurgeradeaus gelaufen, dass man sie für eine Schlafwandlerin hätte halten können. Offensichtlich war sie so in Gedanken, dass sie sich dabei benahm, als ob sie die Einzige wäre, die in dieser wilden Nacht die Straßen von Menelon durchquerte.
    Der Rücken tut mir immer noch weh, wenn ich auftrete. Diese verdammten Planken! Zum Glück hab ich mir nichts gebrochen. Selbst schuld! Wer nicht aufpasst, zahlt den Preis.
    Aber wer hätte auch ahnen können, dass der Kerl trotz seiner Fesseln noch so viel Kraft aufbringen würde?
    Sie spürte wieder sein Gewicht auf ihr, hörte den verzweifelten Hass in seiner Stimme, der ihm den Willen verliehen hatte, ein letztes Mal zu kämpfen. Sie fühlte die Muskeln seines Armes, dessen Handgelenk sie gepackt hatte. Farran war nicht stark gewesen, aber am Ende hatte er alle Anstrengung in die Hand mit dem Dolch gelegt.
    Und ich hab dich doch besiegt, hab dir meine Klinge in den Bauch gerammt, mit der

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