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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Selbst über Suvares Gesicht stahl sich ein Grinsen, das allerdings sofort wieder verschwand, als sie sich zum Gehen wandte und bemerkte, wie das betrunkene Mädchen einen Mann aus der Gruppe abzuwehren versuchte, der sie an sich riss, um sie zu küssen. Sein Oberkörper war nackt und mit grüner Farbe eingeschmiert. Auch sein Gesicht schimmerte im Schein einer nahen Straßenlaterne dunkelgrün und verlieh ihm das Aussehen eines Waldgeistes, der sich heimlich unter Menschen gemischt hatte. Etwas von der Farbe landete auf der Wange des Mädchens, als sie ihr Gesicht von dem Mann wegdrehte, dessen Mund den ihren suchte.
    »Hör auf!«, stieß sie gepresst hervor.
    Der Mann hielt sie weiter fest und beugte sich über sie. »Ach, komm schon! Stell dich nicht so ...«
    Weiter kam er nicht, denn Suvares Hand hatte ihn an den Haaren zurückgerissen. »Bist du taub?«, herrschte sie ihn an. »Sie sagte – aufhören !«
    Der Mann versuchte, sich von ihr loszureißen, doch sie trat ihm die Beine unter dem Leib weg, so dass er rückwärts auf das Pflaster krachte. Laut aufstöhnend rieb er sich den Hinterkopf. Nun hatten sich auch andere aus der Gruppe zu ihnen umgedreht.
    »Leryn!«
    Das Mädchen kniete mit einem Schrei neben ihm nieder und versuchte ihm aufzuhelfen. Zornig starrte sie Suvare an. Die verschmierte Farbe auf ihrer Wange leuchtete wie die Kriegsbemalung eines Wildlandnomaden aus den Alten Tagen. »Bist du verrückt?«, rief sie. »Was hast du mit ihm gemacht!«
    Suvare war so verblüfft über die Wut, die ihr von der Kleinen entgegenschlug, dass sie im ersten Moment nach Worten rang. »Aber ... aber er ... verdammt noch mal, du hast ihm doch gesagt, dass er aufhören soll!« Sie holte tief Luft. »Und überhaupt: Was treibt sich ein Kind wie du betrunken in der Vellardinnacht mit lauter erwachsenen Kerlen herum?«
    »Was geht´s dich an? Bist du vielleicht meine Mutter? Also halt´s Maul!«
    Die Frau, die auf die Sonnengöttin hatte trinken wollen, stellte sich Suvare in den Weg. »Ist besser, wenn du jetzt weitergehst«, riet sie. »Wir können gut auf uns selbst aufpassen.«
    »Ay, das seh ich«, erwiderte Suvare mit schneidender Stimme. Sie setzte zu einem weiteren Satz an, aber plötzlich war ihr, als ob ihr alle Kraft für eine Fortführung dieses Streites aus dem Körper fließen würde. »Ach, macht doch, was ihr wollt«, murmelte sie und wandte sich mit einer verächtlichen Handbewegung ab. Ohne sich noch einmal umzudrehen, stapfte sie weiter die Straße entlang und bemühte sich, nicht auf die Bemerkungen zu achten, die man ihr hinterher schickte.
    Warum hatte sie sich auch wieder mal eingemischt? Sie hätte sich selbst ohrfeigen können. War es vielleicht ihre Aufgabe, sich um die Probleme sämtlicher Leute zu kümmern, die ihr über den Weg liefen? Beinahe hätte sie bitter aufgelacht. Als ob sie ein so heldenhafter Mensch wäre! Nein, die Wahrheit war viel weniger edelmütig. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann musste sie zugeben, dass sie an keiner Auseinandersetzung vorbeigehen konnte. Deswegen hatte sie sich auf das Wetttrinken mit Larcaan eingelassen. Deswegen hatte sie Enris ihre Hilfe bei der Suche nach den Dunkelelfen angeboten. Deswegen hatte sie darauf bestanden, Farran zu verhören.
    Letztendlich war sie so berechenbar wie ein abgerichteter Kampfhund.
    Sie blieb stehen und hielt den Kopf mit geschlossenen Lidern in den Wind, um ihr heißes Gesicht zu kühlen.
    Als sie sich umsah, fiel ihr auf, dass sie sich weit vom Hafen entfernt haben musste, denn sie hatte offenbar die Kuppe der Anhöhe erreicht, auf der Menelons Bürgerhäuser standen. Sie war nicht wie einige Stunden zuvor die Hauptstraße entlanggelaufen, die genau auf den Ratsturm zuführte. Seine Spitze hob sich hinter den Dächern zu ihrer Rechten schwach vor dem schwarzen Himmel ab. Hinter einigen Fenstern brannten Lichter und hingen in der Dunkelheit wie riesige Glühwürmchen.
    Vor ihr mündete die gepflasterte Straße in einen festgetretenen, etwas schmaleren Weg, der wiederum in einigen Fuß Entfernung auf einem grasbewachsenen, kreisförmigen Platz endete. Ein hellauf leuchtendes Feuer spendete weithin Licht. Vor den zuckenden Flammen waren die Umrisse von mehreren Leuten zu erkennen. Einige hatten sich in Gruppen zusammengefunden, wieder andere befanden sich zu zweit, aber kaum einer saß alleine. Im Näherkommen vernahm Suvare Musik, die von Flöten und Trommeln herrührte. Jemand sang in einer Sprache, die sie nicht

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