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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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gefesselt! Er hätte doch wissen müssen, dass er kaum aufrecht hätte gehen können, von einem Kampf ganz zu schweigen!«
    Enris war versucht, ihr zu antworten, dass ein verzweifelter Mann, der sich schuldig fühlte, seine Kameraden verraten zu haben, seinen letzten Kampf vielleicht gar nicht mehr gewinnen wollte, sondern sich nur noch nach einem schnellen Tod sehnte.
    Aber er erwiderte nichts. Suvare würde sich das ohnehin selbst zusammenreimen. Er wollte nicht noch weiteres Öl ins Feuer gießen.
    Wortlos blickten sie auf Farran, auf einen kleinen, toten Mann mit heruntergelassenen Hosen. Blut, beinahe schwarz im trüben Licht, war aus der tödlichen Wunde ausgetreten und ihm auf die nackten Beine getropft. Es schimmerte auf seiner hellen Haut, als ob sich dunkle Löcher in sein Fleisch gefressen hätten.
    »Ich hab ihm mit einem Stein auf den Kopf geschlagen«, durchbrach Themet das Schweigen. Als Suvare und Enris auch weiter nichts sagten, fuhr er fort: »Ich hab ihn bewusstlos geschlagen. Deswegen hat Corrya ihn gefangen genommen. Wenn ich das nicht getan hätte, dann wäre er vielleicht noch am Leben.«
    »Vielleicht«, antwortete Suvare langsam mit ausdruckloser Stimme. »Und vielleicht hättest du ihn niemals mit einem Stein angreifen müssen, wenn er in seinem Leben andere Entscheidungen getroffen hätte. Du hast es nicht zu verantworten, dass er jetzt tot ist. Ich habe ihn auf meinem Schiff getötet. Die Verantwortung trage ich allein.«
    Endlich löste Suvare ihren Blick wieder von Farran. Sie steckte ihren Dolch zurück in die Scheide und wandte sich an Enris. »Ich werde Teras Bescheid sagen, dass er die Leiche wegbringt. Kommst du mit?«
    »Gleich«, sagte Enris. Seine Stimme hörte sich ebenso rau an wie ihre. »Themet, geh mit Suvare. Ich treffe euch in ihrer Kajüte.«
    Suvare legte einen Arm um den Jungen. Binnen weniger Momente hatte das Dunkel des Schiffbauchs die beiden verschluckt. Enris vernahm, wie ihre Schritte verklangen.
    Er blieb noch eine Weile neben dem Toten sitzen, bevor er schließlich die Öllampe nahm, um ebenfalls an Deck zu gehen. Er durchquerte den Bauch der Tjalk bis zu der steilen Treppe mittschiffs, stieg die Stufen empor und schob die hölzerne Abdeckung der Luke zur Seite, um hindurchzuklettern.
    Der nächtliche Himmel war sternklar. Ein kühler Wind führte Musik und laute Stimmen von jenseits der Anlegestellen mit sich. In Suvares Kajüte brannte Licht, doch der Rest der Tjalk war düster. Teras war nirgends zu sehen.
    Enris überlegte sich, an Land zu gehen. Nach all dem, was passiert war, mochte er weder mit Suvare noch mit Themet sprechen. Er wollte eine Weile allein sein. Doch er war kaum einige Schritte gegangen, als sich vor ihm etwas in den Schatten bewegte, die etwas helleren Umrisse einer Gestalt. Als er die Lampe über seinen Kopf hob, um besser sehen zu können, wer sich da vor ihm befand, erkannte er Neria. Selbst in diesem schwachen Lichtschein leuchtete die Farbe ihrer Augen so rot wie frisch vergossenes Blut.
    Überrascht blieb Enris vor ihr stehen.
    »Ich habe gesehen, dass Suvare und der Junge wieder heraufgekommen sind«, sagte sie in ihrem rauen, etwas abgehackten Akzent. »Ihr seid also fertig. Habt ihr den Mann zum Reden gebracht?«
    »Ay, haben wir!«, antwortete Enris rau. Er wollte weitergehen, hielt aber inne. »Woher wusstest du, was wir ...«
    »Ich bin weder taub noch blind. Ich habe sogar gesehen, wie der Junge euch nachgeschlichen ist. Willst du mir erzählen, was da unten passiert ist?«
    Enris atmete langsam aus. »Wir haben von ihm erfahren, was wir wissen wollten, sogar mehr als das. Wir wissen jetzt, wo sich das Portal zur Welt der Dunkelelfen befindet. Es war ein voller Erfolg.«
    Neria sah ihn neugierig an, aber er erwiderte ihren Blick nicht. »Das war doch nicht alles, oder?«
    »Ich bin müde. Lass mich allein.«
    Sie ergriff seinen Arm, als er sich gerade an ihr vorbei drängen wollte. »Jetzt sag schon, was passiert ist!«
    »Oh, nichts besonderes!« Enris riss sich los. »Wir haben den Kerl gefoltert, um ihn zum Reden zu bringen. Da griff er Suvare an, die hat sich gewehrt, und jetzt haben wir einen Toten an Bord.«
    Neria schwieg kurz. Die Musik und die ausgelassenen Rufe der Feiernden hallten durch die Nacht zu ihnen herüber. Aber das Vellardinfest hätte für Enris auch genauso gut am anderen Ende der Welt stattfinden können.
    »Du fühlst dich schuldig, weil euer Plan auf diese Weise geendet hat.« Es klang nicht nach

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