Runlandsaga - Wolfzeit
weit sie gegangen waren, um zu erfahren, was sie hatten wissen wollen, und dass Themet dies mit angesehen hatte.
Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb er sich so erleichtert fühlte. Sie hatten wieder ein Ziel. Sie würden das Portal zur Welt der Dunkelelfen finden. Einen ersten Hinweis auf ihr Versteck hatten sie in Erfahrung gebracht. Es war nicht viel, und selbst wenn sie zu ihnen vordringen mochten, konnte niemand sagen, ob sich die Antara als Hilfe gegen die Bedrohung durch die Serephin erweisen mochten. Aber es war ein Anfang, in einer Zeit wie dieser besser als nichts. Enris’ Erleichterung ließ ihm beim Aufstehen die Knie zittern, so dass er sich an einer der Holzkisten festhalten musste.
»Morgen berichten wir Königin Tarigh und dem Rat von unserer Suche nach dem Portal«, beschloss Suvare. »Ohne ihre Hilfe schaffen wir es niemals bis in die Höhlen hinein. Nicht, wenn Shartan sie als sein Versteck nutzt.«
Hinter ihr rührte sich Farran stöhnend am Boden, seine Hose immer noch bis zu den Knien herabgezogen.
»Meine Leute werden sterben«, murmelte er. Seine Stimme klang schmerzverzerrt und gebrochen. »Menelon macht schon lange Jagd auf uns, aber bisher haben sie sich nicht zu den Inseln getraut, weil sie nicht wussten, wo sie suchen sollten. Sie hatten befürchtet, in eine Falle zu tappen.« Ruckartig spuckte er aus. »Pah, Kaufleute! Immer haben sie Angst vor uns gehabt! Aber jetzt werden sie kommen. Und ich hab sie verraten! Ich bin Schuld, wenn sie draufgehen!«
Suvare blickte auf ihn hinab. Enris glaubte, sie würde etwas erwidern, aber sie sagte nichts. Sie sah ihn nur an, ihr Gesichtsausdruck hart und verschlossen. Dann legte sie Themet ihre Hand auf die Schulter. »Lass uns an Deck gehen. Du kannst heute Nacht in meiner Koje schlafen, wenn du willst.«
Themet senkte den Kopf. Es war, als ob eine Starre von ihm gefallen wäre, denn er hatte sich die ganze Zeit kaum bewegt. »Kommst du auch mit?«, fragte er Enris, als dieser keine Anstalten machte, sich den beiden anzuschließen.
»Geht ruhig schon vor. Ich kümmere mich darum, dass seine Wunden versorgt werden. Ich komme gleich nach.«
Er hatte kaum ausgesprochen, als ihn etwas mit einem rauen Schrei zur Seite stieß, so dass er hart gegen eine der übereinander gestapelten Kisten prallte. Stechender Schmerz fuhr durch sein rechtes Knie. Zusammengekrümmt fuhr er herum und sah Farran, der Suvare von hinten angesprungen hatte. Seine Hose hing noch immer herunter, und seine Beine waren an den Knöcheln zusammengebunden, aber er hatte die Arme frei. Das wilde Aufbäumen, mit dem er sich dagegen gewehrt hatte, sich die Haut verbrennen zu lassen, musste die Knoten seiner Fesseln gelockert haben. Seine Füße waren es nach dem langen Liegen nicht gewöhnt, das Gewicht seines Körpers zu tragen, und knickten bereits wieder ein. Aber mit überraschender Zähigkeit krallte er sich an Suvare fest und riss sie mit sich zu Boden, dass die Planken krachten. Die junge Frau schnappte hörbar nach Luft. Themet schrie erschrocken auf.
»Ich ... ich bring dich um, Drecksstück!«, sagte Farran mit erstickter Stimme. Seine Rechte riss Suvares Dolch aus ihrem Gürtel. Fast gleichzeitig umschloss ihre Hand seinen Arm und drückte ihn mitsamt der erbeuteten Waffe von sich weg. Zwei Augenpaare bohrten sich ineinander, das eine kalt und beinahe gelassen, das andere überquellend vor Anstrengung und Verzweiflung.
Enris sprang an Suvares Seite, um Farran von ihr loszureißen, doch im selben Moment war der kurze Kampf bereits entschieden. Suvare stieß fest zu. Der Dolch versenkte sich bis zum Heft in Farrans Bauch. Die Augen des Piraten blinzelten schnell, sein Mund öffnete und schloss sich lautlos wie das Maul eines Fisches, dann rollte er von Suvare weg auf den Rücken. Er schrie weder, noch stöhnte er, sondern starrte in die Dunkelheit über sich, während sich seine Lippen bewegten. Er wollte etwas sagen, aber nur ein leises Stöhnen entkam ihm. Dann brach sein Blick.
Suvare war schnell wieder auf den Beinen. Sie beugte sich über Farran und prüfte seinen Puls. Langsam schüttelte sie den Kopf. »So ein verdammter Narr!«
Sie zog den Dolch aus seinem Körper. Blut tropfte dick von der Schneide auf das schmutzige Hemd des Piraten. Suvare bückte sich und wischte ihre Klinge an der Hose des Toten ab. »Warum hat er das gemacht?«, murmelte sie, ohne Enris oder Themet anzusehen, die stumm neben ihr standen. »Bei allen Geistern, er war seit Tagen
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