Rush of Love - Erlöst: Roman (German Edition)
das leere Haus.
S ieben Tage, und noch immer hatte Nan nicht die Augen aufgeschlagen. Meine Mutter kam immer seltener vorbei. So allmählich war Grant der Einzige, der noch regelmäßig kam und blieb. Abe stattete ihr zwar täglich einen Krankenbesuch ab, blieb aber jeweils nur wenige Minuten. Einmal mehr hieß es: Nan und ich gegen den Rest der Welt.
»Du musst sie anrufen!« Grants Worte zerrissen die Stille. Ich wusste, von wem er sprach. Blaire ging mir ständig im Kopf herum. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich hier saß, auf meine Schwester starrte und doch nur Blaire im Sinn hatte.
»Ich kann nicht«, erwiderte ich und konnte ihm dabei nicht in die Augen blicken. Wenn ich es getan hätte, hätte er gesehen, dass ich die Hoffnung aufgegeben hatte.
»Das ist aber ziemlich fies ihr gegenüber. Woods sagt, seit drei Tagen schaut sie weder im Klubhaus vorbei, noch ruft sie ihn an. Da hat er sich bei Bethy erkundigt, wie es ihr geht, aber selbst die ist sich nicht mehr sicher, wie lange Blaire noch bleibt. Du musst sie einfach anrufen!«
Wenn sie mich verließ, war das das Beste, was sie tun konnte. Wie konnte ich für sie sein, was sie verdiente, wenn ich die ganze Zeit zwischen ihr und meiner Schwester hin- und hergerissen war? Ich konnte ja schon nicht verhindern, dass Nan etwas passierte. Wie konnte sie mir da vertrauen, dass ich sie und das Baby beschützte?
»Sie verdient Besseres«, brach es aus mir heraus.
»Ja, vermutlich schon. Aber sie will dich.«
Das saß. Ich wollte sie auch. Ich wollte unser Kind. Ich wollte das Leben, das wir, wie ich es mir eingebildet hatte, haben könnten. Wie konnte ich ihr das bieten, wenn meine Schwester niemals wieder zu Bewusstsein kam? Ich würde mich mit Schuldgefühlen und Kummer herumschlagen. Ich wäre nicht der Mann, den sie verdient hatte. Das würde so lange an mir nagen, bis ich zu nichts mehr taugte.
»Ich kann nicht«, war alles, was ich herausbrachte.
Grant stand fluchend auf und schleuderte seine Jacke auf den Boden, bevor er aus dem Zimmer stapfte und die Tür hinter sich zuknallte. Er verstand es einfach nicht. Niemand tat das. Ich stierte die gegenüberliegende Wand an. So allmählich wurde ich empfindungslos. Ich verlor alles, was zu lieben ich mir gestattet hatte.
Die Tür ging auf, und ich sah in der Erwartung hin, Grant zu sehen. Stattdessen kam Abe herein. Auf den hatte ich gerade überhaupt keinen Bock. Er hatte die beiden Menschen, die ich am meisten auf der Welt liebte, an irgendeinem Punkt ihres Lebens im Stich gelassen.
»Warum, in aller Welt, kommst du überhaupt noch her? Dir ist Nan doch scheißegal!«, fuhr ich ihn an.
Abe antwortete nicht. Er ging zu dem Stuhl, den Grant gerade geräumt hatte, und ließ sich darauf nieder. Dabei setzte er sich eigentlich nie hin, geschweige denn, dass er länger blieb. Dass er es ausgerechnet jetzt tat, passte mir gar nicht. Ich wollte allein sein.
»Es ist mir nicht scheißegal , um bei deinem Wort zu bleiben. Deine Mutter weiß nicht, dass ich hier bin. Ich möchte dir etwas erzählen, und das würde ihr gar nicht gefallen. Aber ich finde, du verdienst es zu wissen.«
Nichts, was dieser Mann zu sagen hatte, wollte ich hören, aber ich schwieg und wartete ab. Je schneller er es sagen konnte, umso schneller verschwand er auch wieder.
»Nanette ist gar nicht meine Tochter. Das hat deine Mutter auch immer gewusst, aber sie wollte, dass ich Nans Vater war. Als sie damals schwanger wurde, wussten wir beide, dass ich unmöglich der Vater sein konnte, denn wir waren schon seit über acht Monaten kein Paar mehr. Als sie mich anrief, hatte sie gerade herausgefunden, dass sie ein Kind erwartete, und sie hatte Angst. Sie war noch immer in deinen Dad verliebt, was auch der Grund dafür war, dass wir uns getrennt hatten. Mit Dean Finlay – dieser Legende – konnte ich mich nicht messen. Ich wollte aber jemandem genügen. Georgianna konnte ich in der Hinsicht nie gerecht werden. Aber ich liebte sie nun mal, und sie machte sich Sorgen, wie sie mit einem zweiten Kind zurande käme. Ich war jung und dumm, deshalb kehrte ich zu ihr zurück, und wir sprachen übers Heiraten. Ich sagte ihr, ich müsse darüber nachdenken.« Er hielt inne und sah zu mir herüber. Ich war völlig von der Rolle – mit so einer Nachricht hatte ich nie im Leben gerechnet.
»Sobald ich bei ihr war, überließ Georgie dich Dean, wann immer sie konnte, und ging wieder mit Freunden aus, als sei sie nicht schwanger. Und sie
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