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Rushdie, Salman

Rushdie, Salman

Titel: Rushdie, Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luka und das Lebensfeuer
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brach zitternd auf dem Bett zusammen.
Hund und Bär stupsten ihn mit der Schnauze an, konnten ihn aber nicht trösten. Raschid
SCHLIEF, und er, Luka, wurde den Gedanken nicht los, dass er - er ganz allein
- diesen Fluch über seine Familie gebracht hatte.
    Nach einer
schlaflosen Nacht stand Luka auf und schlich sich ins elterliche Schlafzimmer,
wie er es an glücklicheren Tagen so oft getan hatte. Dort lag sein Vater und
SCHLIEF, in der Armbeuge einen Schlauch, durch den er künstlich ernährt wurde;
und eine zackige grüne Linie auf dem Monitor zeigte seinen Herzschlag an. Um
die Wahrheit zu sagen: Raschid sah überhaupt nicht verhext aus, nicht einmal
traurig. Er wirkte beinahe ... glücklich, so als
träumte er von den Sternen und tanzte mit ihnen im Schlaf, wohnte dort oben bei
ihnen am Himmel und lächelte. Auf das Aussehen aber kommt es nicht immer an, so
viel hatte Luka bereits gelernt; oft war die Welt nicht, was sie zu sein
schien. Soraya saß mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden und schlief. Keiner
der beiden wurde wach, wie sonst immer, wenn sich Luka zu ihnen schlich. Das
war deprimierend. Traurig schlich er sich in sein Zimmer zurück. Draußen wurde es
langsam hell. Die Morgendämmerung sollte die Menschen eigentlich aufheitern,
aber Luka gelang es nicht, an etwas Heiteres zu denken. Er trat ans Fenster, um
den Vorhang vorzuziehen, damit er noch eine Weile im Dunkeln liegen konnte,
und das war der Moment, in dem er das Unglaubliche sah.
    In der
Gasse vor dem Haus der Khalifas stand ein Mann mit einem seltsam vertrauten,
zinnoberroten Buschhemd und einem reichlich ramponierten Panamahut, der ganz
unverhohlen das Gebäude beobachtete. Luka wollte ihm gerade zurufen und
vielleicht sogar Bär und Hund nach draußen schicken, damit sie den Fremden
verjagten, als der Mann den Kopf in den Nacken legte und ihm direkt in die
Augen blickte.
    Es war
Raschid Khalifa! Es war sein Vater, der da draußen stand und nichts sagte, aber
hellwach aussah!
    Wenn aber
Raschid draußen in der Gasse stand, wer schlief dann in seinem Bett? Und wenn
Raschid in seinem Bett schlief, wer konnte das da draußen sein? In Lukas Kopf
herrschte ein heilloser Wirrwarr, doch während sein Hirn keine Ahnung hatte,
was es denken sollte, setzten sich seine Füße bereits in Bewegung. Von Hund
und Bär gefolgt, rannte Luka, so schnell er konnte, zu seinem wartenden Vater.
Barfuß jagte er die Treppe hinab, stolperte kurz, machte einen Ausfallschritt
nach rechts, fühlte sich einen Moment lang seltsam schwindlig, gewann das
Gleichgewicht zurück und schoss durch die Haustür auf die Straße. Wie
wunderbar, dachte Luka. Raschid Khalifa war aufgewacht und zu einem Spaziergang
aus dem Haus geschlüpft. Alles würde wieder gut.
     
    Nobodaddy
     
    Als Luka
mit Hund und Bär aus der Haustür rannte, überkam ihn ein sehr seltsames
Gefühl, fast, als hätten sie eine unsichtbare Grenze überquert. Oder als wäre
ein geheimer Level freigeschaltet worden, und sie hätten gerade den Zugang
gefunden, der es ihnen erlaubte, sich hier etwas umzusehen. Er zitterte ein
wenig in der Dämmerung, und Hund und Bär zitterten ebenfalls, obwohl es gar
nicht kalt war. Die Farben der Welt sahen allerdings seltsam aus: Der Himmel
war zu blau, die Erde zu braun, das Rosa und Grün vom Haus kräftiger als
normal... und sein Vater war nicht sein Vater, falls
Raschid Khalifa nicht plötzlich teilweise durchsichtig geworden war. Dieser Raschid
Khalifa sah aus wie der berühmte Schah von Bläh, er trug einen Panamahut und
ein zinnoberrotes Buschhemd, und wenn er ging und redete, bestand kein Zweifel
daran, dass er mit Raschids Stimme redete und mit seinen Bewegungen das
Original exakt kopierte, nur konnte man durch diesen Raschid Khalifa
hindurchsehen, nicht klar und ungetrübt, eher ein wenig verschwommen, so als
wäre der Mann nur eine optische Täuschung. Kaum huschte das erste Gewisper der
Dämmerung über den Himmel, wurde die Durchsichtigkeit noch deutlicher. Luka
schwirrte der Kopf. War seinem Vater etwas passiert? War dieser durchsichtige
Vater so etwas wie ... etwas wie ...
    «Sind Sie
so etwas wie ein Gespenst?», fragte er mit matter Stimme. «Jedenfalls sehen Sie
ziemlich merkwürdig und etwas überraschend aus, so viel steht fest.»
    «Habe ich
mir vielleicht ein weißes Laken übergeworfen? Rassele ich etwa mit Ketten?
Komme ich dir irgendwie schaurig vor?», fragte das Phantom abschätzig. «Mache
ich dir Angst? Okay, die letzte Frage brauchst du nicht zu

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