manch einen Tag.
Ein Fluch
aus China, das war unser End,
Macht uns
zu Kläffern und Kötern behänd.
Zu
Treibsand wurde das Reich, lag öde und brach,
Statt
Gesang drang Gebell aus unserem Gemach.
Statt auf
zwei Beinen wir auf vieren gingen.
Und
bellten und kläfften, statt Lieder zu singen.»
Dann war
Hund der Bär an der Reihe, der sich ebenfalls auf die Hinterbeine stellte und
die Vorderpfoten verschränkte, was irgendwie an einen Schuljungen bei einem
öffentlichen Sprechwettbewerb erinnerte. Als er jedoch klar und deutlich in
menschlicher Sprache zu reden begann, war seine Stimme der von Harun, Lukas
Bruder, so verblüffend ähnlich, dass Luka vor Staunen fast umgekippt wäre.
Nobodaddy rettete ihn, indem er einen schützenden Arm ausstreckte, genau wie
es der echte Raschid Khalifa getan hätte. «O mächtiger, zwergengroßer Befreier»,
begann der Bär hochtrabend, wenn auch, so schien es Luka, ein wenig unsicher.
«O unvergleichlich fluchendes Kind, wisse, dass ich nicht immer der war, den du
heute vor dir siehst, regierte ich doch einstmals als Monarch über ein, ahm,
Land weit im Norden, ein Land großer Wälder, bedeckt mit glitzerndem Schnee,
verborgen hinter einer kreisrunden Bergkette. Mein Name lautete damals auch
nicht
, sondern, öhm ... Arthashastra, Fürst von Qaf In jenem
kalten, herrlichen Land tanzten wir, um uns warm zu halten, und unsere Tänze
waren legendär, denn wir tanzten so brillant, dass unser Gewirbel die Luft zu
güldenen und silbernen Fäden spann, was unser Vermögen ebenso mehrte wie
unseren Ruhm. Ja, Wirbeln und Walzen waren unser größtes Vergnügen und unser
höchstes Gut, unser güldenes Land war ein Land der Wunder, und unsere Kleider
leuchteten hell in der Sonne Glut.»
Die Stimme
wurde kräftiger, fast, als wäre er sich seiner Geschichte sicherer geworden.
«Und so wuchs unser Wohlstand», fuhr er fort, «doch mehrte sich der Neid unserer
Nachbarn. Kein Nachbar aber war so neidisch wie ein gewisser Riese, ein
Märchenfürst mit Vogelkopf und dem Namen» - hier geriet Hund erneut ins
Stottern -, «öhm, ahm, Bülbül Dev, Oger-König des Ostens. Singen konnte er wie
eine Nachtigall, aber er tanzte wie ein Trampel. Mit seiner Armee aus Riesen
griff er an, mit den, den ... Dreißig Vögeln, geschnäbelten
Monstern mit Fleckenleibern; und wir, ein tanzendes, güldenes Volk, waren zu
unschuldig und friedlich, um uns ihm zu widersetzen. Doch waren wir auch ein
störrisches Volk und gaben unser Tanzgeheimnis nicht preis, nein, das nicht!»,
rief er aufgebracht und beeilte sich, die Geschichte zu Ende zu bringen. «Als
die Vogel-Oger schließlich begriffen, dass wir ihnen nicht verraten würden, wie
man Luft zu Gold spinnt, ja, dass wir bereit waren, unser Geheimnis mit dem
Leben zu verteidigen, da hob ein so großes, so grässliches, entsetzliches
Geflatter und Geflirr, Gekreisch und Gekrächz an, dass jedermann wusste, jetzt
drohte Schwarze Magie. Wenige Augenblicke später begann das Volk von Qáf, das
vom Gebrüll der Oger in alle Winde verscheucht worden war, sich aufzulösen,
menschliche Gestalt zu verlieren und zu wortlosen Tieren zu mutieren - zu
Eseln, Krallenaffen, Ameisenbären und, ja, auch zu Braunbären -, während Bülbül
Dev uns zurief: euren Silberschwof! Was ihr nicht teilen wolltet, habt ihr nun auf immer
verloren, zusammen mit eurer Menschlichkeit. Niederes, nach Futter wühlendes
Vieh werdet ihr bleiben und nicht eher frei, als bis ihr - ha, ha! - das
Lebensfeuer stehlt!> Womit er natürlich meinte, dass wir auf immer gefangen
bleiben, denn das Lebensfeuer existiert bloß in der Fantasie, und selbst im
Märchen kann man es unmöglich stehlen. So also wurde ich zum Bären, einem
Tanzbären zwar, doch bin ich seither kein goldener Tänzer mehr! Und als Bär
durchstreifte ich die Welt, bis mich Captain Aag für seinen Zirkus einfing, wo
ich dir, junger Herr, schließlich begegnet bin.»
Genau die
Sorte Geschichte, wie sie Harun gern erzählt, dachte Luka, eine mächtige
Geschichte direkt aus dem großen Meer der Geschichten. Als sie aber schließlich
zu Ende ging, überkam Luka eine heftige Enttäuschung. «Dann seid ihr beide
also Menschen?», fragte er mit Bedauern. «Nicht mein Bär und mein Hund, sondern
verzauberte Fürsten im Hunde- und Bärengewand? Soll ich euch jetzt statt Hund
und Bär etwa auch noch und nennen? Und
muss ich, obwohl ich