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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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umgekippt, und es ergoss sich ein Strom von Seidentüchern. Mit einigen schwungvollen Handbewegungen vervielfachte er die Zahl der Fische und Brotlaibe,
was fraglos gotteslästerlich war, doch hatten ihm die
hungrigen Seeleute bald vergeben. Hastig bekreuzigten
sie sich, um sich vorsichtshalber gegen den Zorn Jesu
Christi zu wappnen, dem es nicht gefallen mochte, dass
ihm dieser neuartige Wundertäter seinen Platz streitig
machte, um dann das unerwartet üppige, wenn auch theologisch nicht ganz einwandfreie Mittagsmahl zu verzehren.
    Auch George Louis Hauksbank, der schottische Lord
höchstpersönlich - genauer, nach schottischer Sitte, Lord
Hauksbank vom Orte gleichen Namens, nicht zu verwechseln mit weniger edlen Trägern dieses Titels von
weit unedlerer Herkunft -, faszinierte alsbald dieser harlekineske Eindringling, den man in seine Kabine gebracht hatte, auf dass er sein Urteil über ihn verkünde.
Zum damaligen Zeitpunkt nannte sich der junge Schlingel «Uccello»: «Uccello di Firenze, Zauberer und Gelehrter, zu Euren Diensten», verkündete er in perfektem
Englisch mit tiefer, weit ausladender Verbeugung von
nahezu aristokratischer Anmut, und Lord Hauksbank
lächelte und schnüffelte an seinem parfümierten Taschentuch. «Was ich Euch fast geglaubt hätte, Gaukler»,
erwiderte er, «würde ich nicht zufällig den Maler Paolo
gleichen Namens und gleicher Herkunft kennen, der im
Duomo Eurer Stadt ein trompe-l’reil-Fresko zu Ehren von
Sir John Hauksbank geschaffen hat, einem meiner Vorfahren, bekannt als Giovanni Milano, ein Glücksritter
und einstmals General von Florenz, Sieger in der
Schlacht von Polpetto - und wäre dieser Maler unglückseligerweise nicht bereits seit vielen Jahren tot.» Der junge Schlingel erzeugte mit seiner Zunge einen frechen,
glucksenden Schnalzlaut des Protests. «Ganz offensichtlich bin ich nicht der verstorbene Künstlern, bekannte er
und warf sich zugleich in Pose. «Ich habe mir dieses
pseudonimo di viaggio gewählt, weil das Wort in meiner
Sprache Vogel bedeutet, und Vögel sind unter allen Lebewesen die eifrigsten Weltenbummler.»
    Hier pflückte er einen Kapuze tragenden Falken aus seiner Brust, griff sich aus leerer Luft einen Beizhandschuh
und reichte beides dem erstaunten Herrn. «Einen Falken
für Lord Hauksbank», sagte er mit vollendeter Höflichkeit, um, kaum hatte sich Lord Hauksbank den Handschuh mit darauf hockendem Vogel übergestreift, laut
«Uccello» zu rufen und wie eine Frau, die einem Mann
ihre Liebe entzieht, mit den Fingern zu schnippen, woraufhin zu des schottischen Lords beträchtlichem Missfallen beide wieder verschwanden, Handschuh wie Kapuzenvogel. «Außerdem», hob der Magier erneut an, sich
über seinen Namen auszulassen, «gilt dieses verschleiernde Wort, dieser verborgene Vogel, in meiner
Stadt als ein auf delikateste Weise euphemistischer Ausdruck fürs männliche Glied, und ich bin stolz auf das,
was mir diesbezüglich zu eigen ist, wenn auch nicht so
taktlos, Besagtes hier zur Schau zu stellen.»
«Haha!», rief Lord Hauksbank vom Orte gleichen Namens, der mit beachtlicher Behändigkeit seine Fassung
wiedererlangte. «Na, da haben wir beide ja etwas gemeinsam.»
Weit gereist war er, dieser Lord Hauksbank vom Orte
gleichen Namens, und älter, als er aussah. Seine Augen
strahlten, die Haut war rein, doch lag sein vierzigster
Geburtstag bereits sieben Jahre oder länger zurück. Seine
Fechtkunst galt als legendär; er war stark wie ein weißer
Bulle und auf einem Floß den Gelben Fluss bis zur Quelle im Kar-Qu-See hinabgeschifft, wo er aus goldener
Schale geschmorten Tigerpenis verspeist hatte; auch jagte er im Ngorongoro-Krater das weiße Nashorn und hatte
alle zweihundertvierundachtzig Gipfel der schottischen
Munros bestiegen, vom Ben Nevis bis zum Inaccessible
Pinnacle des Sgurr Dearg auf der Insel Skye, der Heimat
von Scathath, der Schrecklichen. Lang war es her, da
hatte er sich im Schlosse Hauksbank so sehr mit seiner
Frau gestritten, einem kleinen, kläffenden Weib mit lockig rotem Haar und einer Kieferlade, so mächtig wie die
eines holländischen Nussknackers, dass er sie in den
Highlands zurückließ, wo sie fortan schwarze Schafe
hütete, während er selbst sich wie seine Vorfahren aufmachte, das Glück in der Ferne zu suchen und Kapitän
eines Schiffes im Dienste von Francis Drake zu werden,
mit dem er in der Karibik die Spanier um das Gold der
Amerikas erleichterte. Zur Belohnung war ihm

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