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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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von seiner dankbaren Königin jene diplomatische Mission anvertraut worden, auf der er sich gegenwärtig befand; er
sollte nach Hindustan fahren, wo er alle Reichtümer einsammeln und behalten dürfe, die er auffinden könne,
seien es Geschmeide, Opium oder Gold, solange er dem
Herrscher einen persönlichen Brief der Gloriana überreiche und die Antwort des Moguls heimbringe.
«In Italien wird er Mogor genannt», sagte ihm der junge
Presti-digitateur. «Aber wer weiß schon», erwiderte Lord
Hauksbank, «wie das Wort in den unaussprechlichen
Zungen des Landes selbst entstellt, verzerrt und verdreht
wird.»
Ein Buch besiegelte ihre Freundschaft: der Canzoniere
von Petrarch, denn wie stets lag ein Exemplar dieses
Werkes in Reichweite von des schottischen Lords Hand
auf einem kleinen Tisch aus pietradura. «Ach, der prächtige Petrarca», rief «Uccello». «Das ist nun wahrlich ein
echter Zauberer.» Und in der Rednerpose eines römischen Senators begann er zu deklamieren:
«Benedetto sia ‘I giorno, et ‘I mese, et l’anno, et la stagione, e ‘I tempo, et [‘ora, e ‘I punto, e ‘I bel paese, e ‘Ioeo
ov’io fui giunto da’ duo begli oeebi ehe legato m’anno …
Woraufhin Lord Hauksbank den Faden aufgriff und in
der Übersetzung fortfuhr:
    «Gepriesen sei die erste süße Qual der Strahlen ihres
Blicks, die mich bezwangen, die Pfeile Amors, die mein
Herz durchdrangen, die Herzenswunden tief und ohne
Zahl.»
«Wer immer dieses Gedicht so liebt wie ich, dem will ich
untertan sein», sagte «Uccello» und verbeugte sich.
«Und wer immer bei diesen Worten empfindet, was ich
empfinde, muss mein Trinkkumpan werden», gab der
Schotte zu-rück. «Ihr habt den Schlüssel zu meinem Herzen gefunden. Also muss ich Euch jetzt ein Geheimnis
anvertrauen, das Ihr niemals verraten dürft. Kommt mit.»
In einem hölzernen Kästchen, verborgen hinter einem
Gleit-fach im Schlafquartier, verwahrte Lord Hauksbank
vom Orte gleichen Namens eine Kollektion «tugendsamer Pretiosen», herrlichste kleine Kostbarkeiten, ohne
die ein ständig auf Reisen befindlicher Mensch rasch die
Orientierung verlieren mochte, konnte sich doch, wie
Lord Hauksbank sehr wohl wusste, durch zu viele Reisen, durch zu viel Fremdheit und Neuartigkeit, die Seele
aus ihrer Verankerung lösen. «Diese Dinge gehören mir
nicht», gestand er seinem neuen florentinischen Freund,
«aber sie erinnern mich daran, wer ich bin. Eine Zeitlang
bin ich ihr Hüter, und wenn diese Zeit vorüber ist, lasse
ich sie weiterziehen.» Er entnahm dem Kästchen eine
Anzahl Juwelen von staunenswerter Größe und Reinheit,
die er jedoch mit einem abschätzigen Schulterzucken
beiseitelegte, dann einen Barren spanischen Goldes, der
es jedem Menschen, der ihn fand, erlauben würde, bis
ans Ende seiner Tage in Glanz und Reichtum zu leben -
«Tand ist das, nichts als Tand», murmelte er -, um erst
dann seine wahren Schätze hervorzuholen, ein jeglicher
sorgsam in ein Tuch gewickelt und in ein Nest aus Papierknäueln und Lumpenfetzen gebettet: das seidene
Tuch einer heidnischen Göttin des alten Sogdien, einstmals das Pfand ihrer Liebe für einen längst vergessenen
Helden; ein Walknochen mit dem herrlichen Schnitzbild
einer Hirschjagd; ein Medaillon mit dem Porträt Ihrer
Majestät, der Königin; ein in Leder gebundenes, hexagonales Buch aus dem Heiligen Land, auf dessen winzigen
Seiten, verziert mit außergewöhnlicher Kalligraphie, der
gesamte Koran in Miniaturschrift zu lesen war; ein
Steinkopf aus Mazedonien mit gebrochener Nase, vorgeblich eine Büste, die Alexander den Großen darstellte;
eines der kryptischen «Siegel» einer uralten Zivilisation
aus dem Tal des Indus, in Ägypten gefunden, verziert mit
dem Bild eines Bullen und einer Reihe von Hieroglyphen, die nie entschlüsselt worden waren, ein Gegenstand, dessen Verwendungszweck kein Mensch kannte;
ein flacher, blankpolierter Stein aus China mit einem
scharlachroten I-Ging-Hexagramm und einer dunklen,
natürlichen Markierung, die einem Bergrelief im Dämmerlicht glich; ein bemaltes Porzellanei; ein Schrumpfkopf von den Bewohnern des Regenwaldes am Amazonas; und ein Wörterbuch der verlorenen Sprache jenes
Volkes an der Landenge von Panama, dessen Sprecher
allesamt ausgestorben waren, eine alte Frau ausgenommen, die wegen fehlender Zähne kein Wort mehr verständlich hervorzubringen vermochte.
Lord Hauksbank vom Orte gleichen Namens öffnete ein
Kabinett mit kostbaren Gläsern,

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