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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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hinaus mit klirrenden Waffen, Dienstboten mit Lebensmitteln kamen ihnen entgegen. Vermummte Gestalten duckten sich, Sturmlaternen in der Hand. Und Bahren wurden vorbeigetragen, man brachte die Toten vom Schloß in die Krypta, zur Bestattung. Sie waren auf dem richtigen Weg.
    Katalina spürte noch immer keine Angst. Der Gang existierte seit Hunderten von Jahren, die Menschen, die hindurchgezogen waren, hatten ihre Spuren hinterlassen. Es waren nicht die Toten, von denen Gefahr ausging. Bedrohlich waren die Lebenden.
    Sie stießen auf keine Hindernisse, bis ein kalter Luftzug sie erschauern ließ. Der Schein der Taschenlampe stieß vor in eine dunkle Öffnung in der roh behauenen Wand aus hellem Granit. Zeus ignorierte die Felsspalte und lief unbeirrt voran. Die Luft, erst feucht und modrig, wurde wärmer. Katalina verlor jedes Gefühl für die Länge der Strecke, die sie zurückgelegt hatten, oder für die Zeit, die verstrichen sein mochte. Sie dachte an nichts, auch nicht an Noa. Erst als Zeus leise japste und dann schneller lief, tauchte sie auf aus ihrer Versunkenheit. Sie kannte den Laut. Der Hund hatte etwas wahrgenommen hier unten, nichts, was ihn beängstigte, etwas Vertrautes vielmehr, das ihn lockte und rief. Menschen.
    Erst hörte sie nichts. Und dann ein schwaches Geräusch, das auf Zeus’ Japsen zu antworten schien. Sie ging schneller. Eine Tür, halb offen, dahinter ein schwacher Lichtschein. Sie trat in ein langgestrecktes Kreuzgewölbe, darin eine Reihe von Särgen, die meisten aus Stein, einige aus Eisen, einige mit, andere ohne Deckel. Schutt lag auf dem Boden, die Luft war trocken und roch nach Staub.
    Zeus hatte sich vor Noa und Mark auf den Rücken geworfen und leckte ihnen die Hände. Die beiden saßen auf dem Boden, im Mittelgang, an einen der Särge gelehnt.
    »Katalina!« Noa klang verängstigt. »Wie hast du uns gefunden? Wir dachten … ich dachte …«
    »Sie wollte mich nicht allein lassen im Dunkeln.« Es genierte Mark wohl ein bißchen, daß Noa seine Beschützerin gab. »Ich kann nicht auftreten. Der linke Knöchel ist verstaucht.« Katalina richtete die Taschenlampe nach unten. Er umklammerte sein Bein mit beiden Händen. »Und – wir haben nur eine Taschenlampe. Die Batterien machen es nicht mehr lange.«
    »Und wenn die auch noch ausgegangen wäre? Und ich mich verlaufen hätte? Niemand hätte uns gefunden!« Noa war in Panik. »Und dann –«
    Mark deutete stumm mit dem Kinn auf den Sarg in der Mitte der Reihe, dessen Deckel neben dem grauen Steinklotz lehnte. »Wir haben es nicht gleich gesehen«, sagte er leise.
    »Er – war noch warm.« Noas Stimme zitterte.
    Katalina glaubte plötzlich, die tonnenschweren Gesteinsmassen zu spüren, die über ihren Köpfen lasteten und sie zerquetschen würden, wenn etwas irgendwo da oben sie aus dem Gleichgewicht brachte. Sie hielt die Luft an.
    Der Sarg stand neben einem kleineren, mit der Stirnseite an der Wand. Über ihm, in einer Nische, traf der Schein der Taschenlampe bekannte Züge. Das in Stein gemeißelte Reliefbild zeigte einen Ritter, Gawan Graf v. Hartenfels. Darunter, im offenen Sarg … Sie dachte für einen kurzen Moment an einen blöden, lächerlichen Streich. Im Sarg lag Alex Kemper.
    »Ich habe ihm den Puls gefühlt.« Mark versuchte, die Fassung zu bewahren. »Nichts.«
    Im Licht der Taschenlampe sah Katalina in stumpfe Augen. Schwarzverkrustetes Blut auf weißer Stirn. Sie hätte gar nicht nach seiner Halsschlagader suchen müssen, sie tat es trotzdem. Nichts. Natürlich nicht.
    Kemper konnte gestürzt sein, war vielleicht mit dem Kopf gegen die Steinkante des Sarges geprallt. Aber wie war er mit einer solchen Verletzung in den Sarg gekommen?
    Mark schien zu ahnen, was sie dachte. »Er lag so da, genauso, als wir ankamen.«
    »Und die Tür zur Krypta stand offen?«
    Mark nickte.
    Alex Kemper war offenbar vor den beiden in der Krypta gewesen. Er – und mindestens eine weitere Person. Niemand kriecht schwerverletzt mit letzter Kraft in einen Sarg, in dem noch die Knochen eines anderen liegen.
    Aber woher wußte er vom Geheimgang und wie man hineinkommt?
    »Ich habe ihm gesagt, was ich – wir – vorhatten. Er tat immer so überlegen. Da habe ich angegeben. Ich wußte ja nicht …« Noa klang jämmerlich.
    »Hör auf, dir Vorwürfe zu machen.« Mark hatte das sicher schon mehr als einmal gesagt.
    Katalina dachte nicht lange nach, anderes war dringender. »Ihr wartet hier. Ich hole Hilfe.«
    »Nein! Können wir nicht alle

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