Russisch Blut
also ich habe da ein ganz wunderbares Objekt für Sie, genau das richtige für eine Tierarztpraxis«, raunte ihr eine ihrer Kundinnen zu. Katalina nickte und lächelte und sagte nichts. Es wäre schon das vierte ganz wunderbare Objekt, das man ihr zu einem überhöhten Preis andrehen wollte.
Der Apotheker redete auf Alma ein, die nicht zuhörte. Ihr Blick patrouillierte durch den Raum, auf der Suche nach einem Versäumnis, für das sie Noa kritisieren konnte. Peer Gundson stand mit ausdruckslosem Gesicht daneben, Sophie war nicht zu sehen, und Alex, ein Glas in der einen und ein Zigarillo in der anderen Hand, trug dieses Lächeln im geröteten Gesicht, das auf gestiegene Promillewerte schließen ließ.
Was für eine feine Gesellschaft.
Noa kam mit mürrischem Gesicht und halbvollem Tablett zurück. »Du siehst nicht gerade aus wie die Spitzenkraft, auf die man in der Gastronomie gewartet hat«, sagte Katalina.
Das Mädchen verdrehte die Augen zum Himmel. »Mach das mal Alma klar.«
Katalina tauschte ihr leeres Glas gegen ein volles. Noas Gesicht wurde starr.
Die junge Frau vom Rundfunk schwebte vorbei, nahm im Vorübergehen ein Glas vom Tablett, ohne Noa auch nur anzusehen, und segelte mit kokett geneigtem Kopf auf Mark Kennedy zu. Die Gläser auf dem Tablett klirrten. Noa stand da wie ein störrischer Esel. Mein Gott, das Mädchen ist ja wirklich in ihn verliebt, dachte Katalina und wollte ihr aufmunternd zuzwinkern.
Noas Hand hielt ein volles Glas. Sie hob es hoch. Sie holte aus.
Katalina kriegte gerade noch rechtzeitig ihr Handgelenk zu fassen. »Ruhig«, murmelte sie. »So macht man das nicht.«
»Diese Zicke.« Noas Augen glänzten.
Die erste Liebe tut weh, hätte Katalina fast gesagt. Und: er interessiert sich nicht wirklich für die andere. Denn es gibt nur eines, was einen wie Mark beschäftigt – sein Job. Sie nahm Noa das Glas aus der Hand und reichte es dem Apotheker mit einem Lächeln, das er hoffentlich richtig interpretierte: Du störst, Walter!
» Du bist hier die Schloßherrin, Noa«, flüsterte sie. » Du hast hier das Sagen.« Erkenne deinen strategischen Vorteil! Das war die Idee. »Und was hat sie?« Ein paar Jährchen mehr. Eine fraulichere Figur. Einen interessanten Beruf.
Aber Noa hatte begriffen. Sie richtete sich auf. Der Blick in ihren Augen war der Blick einer Amazone, die den Kampf aufnimmt. Katalina hätte beinahe salutiert.
Sie schlenderte weiter. Der Apotheker stand an der Terrassentür zum Garten und rief »Bravo!« Neben ihm lehnte Gunnar im Türrahmen, einer der Studenten, fasziniert und fassungslos zugleich.
Sie stellte sich dazu. Zwischen den Blumenkübeln mit den verblühten Zierkirschen und drei eingeschüchterten Pfauen standen Erin und Sophie und versuchten, einander niederzustarren.
»Was hast du Peer erzählt?« Sophie stieß das Kinn vor wie eine Schlange vor dem Biß.
»Die Wahrheit, du Schlampe. Daß du es mit dem Mann deiner Schwester treibst.«
»Du bist wahnsinnig!«
»Und daß du dich bei der ersten besten Gelegenheit mit der ganzen Beute aus dem Staub machen willst! Mit Alex!«
»Du weißt nicht, was du da sagst!« Erin hatte getroffen: Sophie zeigte Wirkung.
»Im Gegenteil. Und ich weiß auch, daß Alex nie mit dir gegangen wäre. Er hat dich benutzt – und du warst zu eitel, um es zu bemerken!« Erins schmales Gesicht glühte. Katalina spürte es kommen, das hysterische Gelächter und den Tränenausbruch danach. Erins Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt.
Sophie holte aus und schlug ihrer Schwester ins Gesicht.
Erin wankte nicht. Und sie weinte auch nicht. Nur ihr Gesicht wurde weiß, bevor sich die Stelle rötete, an der Sophie sie getroffen hatte. »Du bist eine betrogene Betrügerin, liebe Schwester«, sagte sie leise. Katalina konnte gerade noch zur Seite treten, als sie an ihr vorüberrauschte.
»Ich liebe Frauen mit ein bißchen Temperament«, sagte der Apotheker.
Was für ein ungemütliches Fest. Die Spannung zwischen den drei Schwestern und ihren Männern stand wie ein böser Geist im Raum. Das Schloß und das, was man sich von seinem Besitz erhoffte, kitzelte offenbar die niedrigsten Instinkte hervor: beim Grafen die Bosheit, bei Alex die Gier. Bei Sophie den Ehrgeiz, bei Erin die Eifersucht. Und bei Peer Gundson? Der stand am Kamin, mit verschlossenem Gesicht und über der Brust gekreuzten Armen, und starrte ins Weite. An seiner Seite Alex, lässig gegen das Sims gelehnt. Er redete, ohne Pause. Versuchte er den
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