Russische Volksmaerchen
er ihm sagen: »Sagt eurem König, daß er mich nicht verfolgen solle, damit er nicht sein Heer verliere, er wird Alles verlieren, was er ausschickt, denn er weiß, wer ich bin.«
Diese drei ritten zu ihrem König und meldeten ihm, daß Vowa alle drei Mal hundert Tausende erschlagen und nur sie drei übrig gelassen habe, daß er nicht mehr schicken solle, damit nicht umsonst Menschenblut vergossen würde. Da befahl der König Markobrun, in die Trompete zu stoßen, und versammelte vier Millionen Mann, und sprach zu seinen Bojaren: »Meine lieben getreuen Diener, verfolgt den Vowa, und bringt mir ihn und Druschnewna lebendig.« – Da sprachen alle Ritter einstimmig: »Unser Herr König Markobrun du hast einen Ritter Polkan; der sitzt in deinem Gefängnisse viele Jahre, vielleicht kann er Vowa einholen, denn mit einem Sprunge durchmißt er sieben Werst. Von Kopf bis zum Unterleibe ist er Mensch, das Uebrige vom Leib an ist Roßgestalt.« Als Markobrun dies von seinen Rittern hörte, schicke er sogleich nach Polkan, und sobald er vor Markobrun kam, sprach derselbe: »Herr Polkan, verfolge den Vowa Korolewitsch und bringe ihn und Druschnewna zu mir; ich werde dich reichlich dafür belohnen.« Polkan versprach es ihm und lief dem Vowa und der Druschnewna nach.
Eines Tages spazierte Vowa im Felde nahe bei seinem Zelte. Da hörte er den Ritter Polkan rennen, trat in das Zelt zu Druschnewna und sprach zu ihr: »Meine liebe Prinzeß Druschnewna, ich höre im Felde einen gewaltigen Ritter reiten, von der Seite des Reichs Markobrun's; aber ich weiß nicht, ob er ein Freund oder ein Feind von mir sein wird.«– Da antwortete Druschnewna: »Gewiß ist es eine neue Verfolgung von Markobrun, und das muß der gewaltige Ritter Polkan sein, der vom Kopfe bis zum Unterleib Mensch und vom Unterleib an Roß ist, und mit jedem Sprunge sieben Werst zurücklegt; er wird uns bald einholen.«
Und Vowa nahm sein Schlachtschwert und sattelte sein Ritterroß, setzte sich auf und ritt Polkan entgegen. Polkan traf auf ihn und schrie mit fürchterlicher Stimme: »Ah, Vowa, Spitzbube, du bist meinen Händen nicht entwischt.« Und er riß aus der Erde eine hundertjährige Eiche mit den Wurzeln heraus und schlug Vowa auf den Kopf; aber Vowa wankte nicht von diesem Schlag; er ergriff mit beiden Händen sein Schlachtschwert und wollte Polkan erschlagen; allein er traf ihn nicht, und das Schwert ging bis zur Hälfte in die Erde, und Vowa stürzte von seinem Rosse herab. Polkan griff nach dem Rosse, aber das Roß fing an, mit den Hinter- und Vorderfüßen zu schlagen und mit den Zähnen zu beißen, und es riß ihn mit den Zähnen so lange herum, bis Polkan entfloh. Das Roß verfolgte ihn, bis Polkan alle Kräfte verlor und bei dem Zelte des Vowa Korolewitsch halbtodt niederfiel. Da trat Vowa Korolewitsch zu Polkan und fragte ihn, ob er sterben oder leben wolle; da sprach Polkan zu ihm: »Bruder Vowa, wir wollen mit einander Frieden schließen und uns Brüder nennen, und es wird auf der Welt keinen uns gleichen Gegner geben.« Und Vowa schloß mit Polkan Bruderschaft, und Vowa wurde der älteste und Polkan der jüngste Bruder.
Da setzte sich Vowa auf sein gutes Roß und Druschnewna auf ihren Paßgänger, und Polkan folgte ihnen nach. So ritten sie lange Zeit, und endlich sahen sie vor sich die Stadt Kostel, in welcher der Zar Uril herrschte. Als dies Zar Uril hörte, befahl er die Stadtpforten zuzumachen und fest zu versperren. Da nahm Polkan den Anlauf, sprang über die Stadtmauer und öffnete die Stadtpforten. Vowa und Druschnewna ritten in die Stadt. Zar Uril kam ihnen mit der Zarin entgegen und nahm sie mit großer Ehrerbietung auf, führte sie in seine zarischen Palläste, und sie fingen an zu essen und zu trinken und Kurzweil zu treiben.
In dieser Zeit rückte der Zar Markobrun vor die Stadt Kostel, und brachte mit sich drei Mal hundert tausend Mann, und er belagerte die Stadt Kostel, schickte zu dem Zaren Uril einen Gesandten, und befahl strenge, daß er ihm Bowa, Druschnewna und Polkan ausliefern sollte. Da versammelte Zar Uril Krieger, so viel er konnte, nahm seine beiden Söhne mit sich und zog aus, mit Markobrun zu fechten; sie kämpften gewaltig mit ihm, aber Markobrun schlug ihr ganzes Heer nieder, und machte den Zaren Uril mit seinen Kindern zu Gefangenen. Da versprach Uril dem König Markobrun, Vowa, Druschnewna und Polkan aus der Stadt auszuliefern, und ließ seine zwei Söhne als Geißel bei ihm. König Markobrun entließ den Zaren
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