Ruth
zurück nach
Heschbon zu begleiten“, sagte Ruth spöttisch. „Oder ist dies auch ein Teil
deines Plans?“
Hedak schmunzelte anerkennend.
„Dein Geist ist so wach, wie dein Antlitz und dein Körper schön sind, Ruth“,
sagte er anerkennend. „Die Stämme Edoms sind stolz, daß eine ihrer Töchter zu
den Dienerinnen Kamoschs und seines göttlichen Sohnes Zebuschar gehört.
Außerdem war dein Vater ein großer Krieger Edoms. Geschichten seiner
Heldentaten werden noch immer an den Lagerfeuern erzählt.“
„Indem du mich nun selbst
abholst, hinterläßt du einen guten Eindruck bei meinem Stamm für die Zeit, zu
der du seine Männer für deinen Marsch zum Meer benötigst?“
Hedak freute sich über ihre
Schlagfertigkeit. „Natürlich bin ich auch gern in deiner Gesellschaft“,
versicherte er ihr und lenkte sein« Pferd näher an das ihre. Aber Ruth verstand
es, ihr eigenes Pferd, scheinbar unbeabsichtigt, ausweichen zu lassen.
„Ich habe gehört, daß meine
Leute diesen Mann Boas den Löwen von Juda nennen“, sagte sie. „Was ist er für
ein Mensch?“
Hedaks Finger berührten die
Narbe in seinem Gesicht; einen! Augenblick lang brannte Zorn in seinen hellen
Augen. „Im Kampf erhielt ich vor einigen Jahren diese Narbe von Boas. Sicher
ein Grund, warum ich ihn hasse. Aber er ist ein guter Soldat — für einen
Israeliten.“
„Und ein Feind Moabs.“
„Natürlich. Wenn ein Mann aus
Moab einem Israeliten begegnet, tötet er ihn und entbietet erst seiner Leiche
den Friedensgruß.“
„Selbst an der Zufluchtsstätte,
wo jedermann in Sicherheit sein sollte?“ fragte Ruth trocken.
Hedak warf ihr einen
überraschten Blick zu, aber die Augen des Mädchens lagen auf dem grünen Band
der Bäume, die das vor ihnen liegende Flußbett säumten. „Selbst auf neutralem
Boden“, gab er zu. „Es wäre aber vielleicht doch besser, wenn du das vor Zebuschar
nicht erwähntest, Ruth. Einige seiner Ideen sind — nun, sagen wir, etwas
starr.“
3
Kurz vor Sonnenuntergang
erreichte die jetzt größere Karawane der Israeliten die Zufluchtsstätte, wo
jedermann vor seinen Feinden geschützt sein sollte. Das Flußbett hatte sich
hier vor langer Zeit geteilt und bildete eine Insel von ungefähr einem Morgen.
Es war schattig, grün und kühl unter den Bäumen. Es gab auch kleine Teiche
zwischen den Felsen, aus denen klares, frisches Wasser zum Trinken geschöpft
werden konnte, und eine seichte Stelle unten am Fluß zur Tränkung der Tiere.
Es war deutlich zu sehen, daß
der Tod heute sogar die Zufluchtsstätte heimgesucht hatte. Beim Anblick der
umgestoßenen Zelte und der am Boden liegenden Körper eilte Boas durch den Fluß,
gefolgt von Joseph und seinen Leuten.
Machlon hielt an, um Elimelech
zu stützen, als das Maultier den steinigen Boden betrat, über den die kalten
Wasser des Jordans flössen. Er hob seinen Vater aus dem Sattel und trug ihn in
den Schatten eines weit ausladenden Baumes, unter dem Noëmi Kissen für ihn
ausgebreitet hatte. Erst als der Vater bequem gebettet war, ging Machlon
hinüber zu Boas und Joseph. Die bewaffneten Israeliten, die sie begleitet
hatten, blieben im Hintergrund.
Die Leiche einer jungen Frau
lag inmitten der Zelttrümmer. Selbst im Tod war sie schön. So schön, wie sie
Machlon in Erinnerung geblieben war, seit sie Boas vor drei Jahren zur Frau
genommen hatte. Die Arme der jungen Frau umfaßten noch immer den Mann, der
neben ihr lag, als ob sie im Tode versuchte, ihn vor den Schwertern zu
schützen, die sie beide erschlagen hatten. Ihr Liebhaber war ein gut
aussehender junger Mann, dessen Bart noch kaum seine Wangen beschattete. Auf
seiner Stirn war das runde Kennzeichen Moabs eintätowiert.
Boas berührte zärtlich Gesicht
und Haare seiner toten Frau. Dann schien er zum ersten Mal zu bemerken, daß ihr
Arm noch immer den toten Liebhaber an ihrer Seite umschlungen hielt. Er schob
die Leiche des Mannes grob zur Seite, und plötzlich schien alle Erinnerung an vergangene
Liebe aus seinem Gesicht zu weichen. Mit einer schnellen Bewegung streifte er
den goldenen Ring vom Finger der toten Frau und stand auf.
„Bring sie weg und begrabe sie,
Joseph“, befahl er schroff. „Begrab sie zusammen... für ewig und immer in ihrer
Schande und Sünde.“ Beim letzten Wort brach seine Stimme beinahe.
Machlon streckte seine Hand aus
und berührte den Arm des Freundes voll Mitgefühl, aber Boas schüttelte ihn ab,
als ob Stolz und Wut ihm nicht erlaubten, seinen Kummer
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