Rywig 02 - Hab Mut, Katrin
Speisekammer, sie schnitt Kräuter und wiegte Petersilie und dekorierte die Schüsseln, als richte sie sie zur feinsten Gesellschaft her. Ihr Herz war von einer so seltsamen, neuen Freude erfüllt -einer Freude, die sie nie zuvor gekannt hatte...
Oben in seinem Zimmer saß Bernt und arbeitete. Sie würde ihn bald zum Mittagessen rufen, dann würden sie beide und der kleine Stephan zusammen essen, und vielleicht - ach ja, ganz sicher half Bernt ihr beim Abtrocknen -
Und auf Katrins Wangen kam und ging die Röte. Es war alles so wunderschön. Sie kam gut in der Schule vorwärts; sie würde die Prüfung ganz bestimmt bestehen; sie würde alles tun, damit sie eine anständige Ausbildung bekäme - und sie wollte das näher untersuchen, wovon Bernt gesprochen hatte, wie hatte er es doch noch genannt - medizinisch-technische Assistentin. Vielleicht war das interessanter als Autoschlosser. Katrin deckte den Tisch mit dem hübschen Service, ihre Gedanken wanderten vom Examen zu Bernt, von der Autoschlosserei zu Bernt, von der medizinischtechnischen Ausbildung zu Bernt -
Wenn sie dann mit der Ausbildung fertig wäre, wenn sie Geld verdiente, wollte sie sich auf ihrem Grundstück ein Haus bauen. Und sie dachte an Bilder von netten Schwedenhäusern - und von da zu Bernt -
Sie hörte Schritte auf der Treppe - und mit einemmal schlug ihr das Herz bis zum Halse. Was um Himmels willen war nur mit ihr los?
„Essen wir bald, Katrin? Ich bin hungrig wie ein Wolf.“
„In fünf Minuten. Ich muß nur noch den Nachtisch fertigmachen.“ Sie stand mit der Cremespritze in der Hand und spritzte feine Schnörkel über das Gelee. Bernt stand neben ihr und
sah ihr zu.
„Was guckst du so?“ fragte Katrin lächelnd. „Sieht es so gut aus?“
„Ich betrachtete deine Hände.“
„Schon wieder? Ist ja unglaublich, wie die dich beschäftigen.“
„Ich mag deine Hände so gern, Katrin. Sie sind so - so - sie sehen so - so lieb aus.“
Katrin wollte lachen, aber das Lachen blieb ihr im Halse stecken. Sie begegnete Bernts Blick, und in seinen Augen war etwas - sie hatte das noch nie gesehen - und seine Stimme war so ganz anders gewesen.
Sie legte die Cremespritze weg, wollte die Geleeschale auf das Tablett setzen - da nahm Bernt ihre beiden Hände und legte sie gegen seine eigenen Wangen.
Und dann - dann wußte Katrin nichts mehr, bis sie in seinen Armen lag. „Kleine Katrin. Kleine, tüchtige Katrin. Liebe, kleine Katrin -.“
Da blieb nur eins übrig: Den Arm um Bernts Hals zu legen und seinen Lippen mit ihrem jungen, frischen, unberührten Mund zu begegnen. „Liebe, liebe kleine Katrin...“
„Lieber, lieber großer Bernt...“
Er hielt sie ein wenig von sich ab, sah sie halb lächelnd und halb ernst an. „Meinst du das, Katrin?“
„Ja, Bernt. Du auch?“
„Ja, Katrin, das tue ich. Ich weiß nicht, wann es anfing, ich weiß nicht, wann es so wurde - aber du bist so anders als alle anderen Mädchen, die ich kennengelernt habe - und - und - dich habe ich also lieb.“
Die letzten Worte kamen so sicher, so fest und mit ganzer Überzeugung.
„Das sagst du, Bernt? Der du so ruhig und so - so nüchtern und so pflichtbewußt bist und...“
Da lachte er ein wenig. „Sollte dies alles mich daran hindern, ein Mädchen liebzugewinnen?“
„Nein - aber bei dir... Wenn du etwas sagst, dann pflegt es ernst zu sein...“
„Ich fürchte, in diesem Fall ist es auch ernst, Katrin.“ Und dann küßte er sie wieder, sanft, behutsam, unsagbar zärtlich...
Die Wirklichkeit meldete sich in Form von sengerigem Geruch.
„Ach Bernt, die Kartoffeln! Ich hatte sie zum Dämpfen auf ganz
kleine Flamme gestellt - jetzt sind sie angebrannt!“
Der Schaden war glücklicherweise nicht allzu groß. Zwei, drei Kartoffeln waren am Boden angesetzt, aber der Rest war gut.
„Bernt - läufst du eben ‘rüber und holst Stephan - aha, da ist er schon.“
Stephan kam in die Küche gestapft. Keiner hatte gemerkt, daß er vor ein paar Minuten gekommen war und den Hebekran, den Roller und das Spielzeugauto in der Vorhalle geparkt hatte. „Ich habe Hunger, Kati.“
Katrin unterzog ihn einer gründlichen Prüfung. „Liebe Zeit, Junge, wie siehst du bloß aus! Ja, Bernt, du wirst noch ein paar Minuten warten müssen, während ich deinem Bruder das Gröbste abwasche.“
Katrin konnte sich später überhaupt nicht mehr darauf besinnen, was sie an diesem Tag zu Mittag gegessen hatten, obwohl sie selber gekocht hatte. Sie tat Stephan das Essen auf
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