Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
klugen Augen an!“
    „Das sind doch ganz gewöhnliche Hundeaugen. Übrigens
    interessiere ich mich nicht für Tiere.“
    Tante Helene und ich wechselten wortlos einen Blick.
    Mr. March kam zu uns.
    „Unfaßbar, nicht war?“ sagte er. „Daß die Menschen seit Generationen so leben. Und wahrscheinlich würden sie todunglücklich sein, falls man sie mit Gewalt in moderne Wohnungen auf dem Festland umsiedeln würde!“
    „Da haben Sie bestimmt recht“, sagte Tante Helene. „Aber wissen Sie, es ist nicht die Enge und das Auf-dem-Wasser-Leben, was mich am meisten beeindruckt, sondern die hygienischen Verhältnisse - oder vielmehr die unhygienischen! Wie wird das Wasser beschaffen sein, das Abfälle und Ausscheidungen von mehreren tausend Menschen und etlichen Haustieren jeden Tag aufnehmen muß? Wenn hier ein Kind über Bord fällt, was sicher oft passiert, was verschluckt es dann an - ja, an reinem Gift!“
    „Ich habe auch daran gedacht“, sagte Mr. March. „Und es graut auch mir bei dem Gedanken. Aber malerisch sieht es aus, das muß man zugeben!“
    Allzuviel Zeit ließ man uns hier nicht. Überhaupt wurden wir ja immer weitergetrieben, Tante Helene sah aus, als wollte sie hier dem „Magellan Ltd.“ einen Änderungsvorschlag machen. Lieber den Victoria Peak auslassen und dafür eine Stunde mehr für die Fischersiedlung zugeben.
    Jedenfalls machte sie schnell eine Notiz in ein kleines Reisetagebuch.
    Das unerbittliche Programm hetzte uns weiter. Aber, zugegeben, die nächste Station war sehenswert und sehr gedankenweckend.
    Es ging zu den großen Häuserblocks, die von lauter Flüchtlingen bewohnt sind.
    Unterwegs orientierte uns Mandeläuglein. Vor einigen Jahren hatte das schon übervölkerte Hongkong ungefähr eine Million Flüchtlinge aufnehmen müssen. Wie sie in der ersten Zeit gewohnt hatten, ließe sich überhaupt nicht beschreiben. Dann fing man an, diese Häuser zu bauen, und es gäbe wohl nirgends auf der Welt Etagenhäuser, die pro Quadratmeter so viele Menschen hatten wie diese! Achtköpfige Familien mußten sich mit einem Zimmer und einer Küche begnügen, die meisten waren obendrein glücklich über ihre Wohnungen.
    Man brauchte nur einen Blick auf die Häuserfassaden zu werfen, um sich ein Bild von der Bevölkerungsdichte zu machen. Die
    Fassaden waren buchstäblich mit Wäschestücken bedeckt! Überall, wo es möglich war, eine Leine zu spannen, war eine - ja sogar an Stellen, wo es unmöglich erschien! Tausende und abermals Tausende Wäschestücke hingen immer, Tag und Nacht, vor allen Fenstern, auf allen Balkons.
    Unten, auf einem sandigen, heißen Platz mit demselben undefinierbaren Geruch wie überall in Hongkong, spielten Kinder. Himmel, wie sahen die süß aus! Die kleinen breitbackigen Gesichtchen mit den strahlend schwarzen Augen, die zierlichen kleinen Körper, die schöne Hautfarbe, die schwarzen Haare, beinahe immer in Ponyfrisur geschnitten - sie waren einfach zum Fressen!
    Es ging mir wie den meisten in unserer Gruppe, ich knipste und knipste, bis der Film voll war, und ich grämte mich, daß ich keinen dritten Film mit hatte. Einen hatte ich schon bei den Fischern verknipst!
    „Weißt du“, sagte ich sinnend zu Tante Helene, „irgendwie finde ich dies bedrückender als die Wohnverhältnisse vorhin im Fischerdorf. Dieser menschliche Ameisenhaufen, dieser - dieser Notbehelf für Menschen, die in Panik geflüchtet sind - das ist viel schlimmer als bei den Fischern, die doch so leben, weil sie es wollen, weil es eine Familientradition ist! Und noch viel, viel schlimmer als die einfachste Lehmhütte in Afrika!“
    Tante Helene nickte.
    „Ja, ich verstehe dich gut, ich empfinde es auch so. Ach, du liebe Zeit, jetzt müssen wir schon wieder einsteigen!“
    Es war höchste Zeit. Wir mußten in Windeseile zurück zum Hotel. Da hatten wir knappe zwei Stunden fürs Essen und ein bißchen ausruhen, und vor allem sich waschen! Also, rein in den Bus und los!
    Ein paar der Teilnehmer ließen sich kurz vor dem Hotel absetzen. Sie wollten ein anderes Lokal aufsuchen, um einen Tapeten wechsel zu kriegen. Eigentlich hätte ich auch gern in irgendeinem netten chinesischen Restaurant gegessen, aber ich sah, daß Tante Helene müde war. Viel besser im Hotel zu essen, dann hatte sie ihr Heiabettchen in der Nähe!
    Übrigens war der Lunchtisch im Hotel so phantastisch gut, daß wir es bestimmt anderswo nicht besser bekommen hätten.
    „So“, sagte Tante Helene, „jetzt haben wir genau eine

Weitere Kostenlose Bücher