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Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Asien.
    Und ich, die vierundzwanzigjährige Sonja aus Norwegen, ich stand wirklich hier und schaute in China hinein. Es war direkt ein überwältigender Gedanke!
    Magellan Ltd. hatte uns zwei Tage und zwei Nächte in Hongkong vergönnt. Am zweiten Tag ließen wir die Gruppe links liegen, wünschten unseren ausflugsfreudigen Mitreisenden einen schönen Tag - und dann wanderten wir raus in die Stadt.
    „Weißt du“, sagte Tante Helene, „es gibt tausend Sachen, die man hier sehen sollte und sehen müßte, Dinge, die Wochen und Monate in Anspruch nehmen würden. Nun haben wir nur so viele Stunden, wie wir Monate gebraucht hätten. Dann erhebt sich die Frage: Wollen wir eine Pagode sehen und nichts mehr? Oder ein Museum, wo wir uns ganz sicher müde laufen würden? Ich bin dafür, daß wir weder das eine noch das andere tun. Sondern.“
    „. nur so in der Stadt rumbummeln!“ rief ich.
    „Gerade das wollte ich sagen. Menschen ansehen,
    Aushängeschilder und Läden, eben das angucken, was uns so zufällig vor die Augen kommt. Dann, glaube ich, werden wir nachher einen lebendigeren Eindruck von dieser Riesenstadt haben, als wenn wir irgendeine touristenüberfüllte Sehenswürdigkeit anguckten!“
    „Du sprichst wie ein Buch, Tante Helene“, sagte ich. „Oder jedenfalls wie ein sehr kluger Mensch. Glaubst du, daß unser Bummel uns an einem Seidengeschäft vorbeiführt?“
    „Nicht nur vorbei, sondern hinein“, versicherte mir Tante Helene. „Denkst du, daß ich Hongkong verlasse, ohne einen echten chinesischen Seidenstoff gekauft zu haben?“
    „So geht es mir auch! Das heißt, ich möchte so gern einen Stoff für Senta kaufen, weil sie mir ihre ganze Sommergarderobe zur Verfügung gestellt hat!“
    Dieses Gespräch führten wir frühmorgens. Tante Helene saß vor dem Spiegel und machte ihre Haare zurecht. Ich versuchte, ein bißchen Ordnung zu machen, bevor wir das Zimmer verließen.
    Ich blieb in einer Ecke stehen.
    „Nun will ich endlich wissen, was das für ein komischer Schrank ist!“ teilte ich mit. „Ach guck, da steht doch etwas auf einem Schild gedruckt - nein, Tante Helene! Weißt du, was es ist? Ein Getränkeautomat! Nein, so was! Und mir ist gerade nach einem Glas Orangensaft. Warte mal. Ja, hier steht es, Orange, Coca, Tonic - man braucht nur auf den richtigen Knopf zu drücken.“, ich drückte, und eine eiskalte Saftdose fiel mit Getöse in eine Art Rinne unten im Schrank.
    „Daß wir das nicht gleich entdeckt haben!“ rief ich. „Ich dachte immer, es hätte wohl mit Klimaanlage oder Rundfunk oder so etwas zu tun, wegen der vielen Knöpfe. Möchtest du was haben, Tante Helene? Du trinkst doch so gern Tonicwater“, schon hatte ich den Tonic-Knopf gedrückt, und die Dose polterte runter.
    „Meine Brüder wären außer sich vor Freude über einen solchen Apparat!“ sagte ich begeistert. „Wenn ich ihnen davon erzähle, werden sie sofort anfangen, für eine Hongkongreise zu sparen!“
    Ich holte mir noch schnell eine Dose Coca-Cola raus, es war doch ein so schönes Spielzeug.
    „Sag einmal“, fragte Tante Helene, „steht da zufällig etwas über den Preis?“
    „Preis? Ich dachte, dies sei inklusive, sozusagen Dienst am Kunden.“ Ich entdeckte etwas Kleingedrucktes auf den
    verschiedenen Getränkeschildern, dann schrie ich!
    „Oh, Tante Helene - es ist schrecklich - weißt du, was ich getan habe?“
    „Uns ruiniert“, meinte Tante Helene trocken.
    „Ich habe für zehn Dollar fünfzig Getränke rausgeholt! Das kommt auf die Rechnung! Oh, was bin ich für ein Schaf, aber natürlich zahle ich es, ich habe ja Geld.“
    Tante Helene lachte und winkte ab.
    „Laß man, Kind. Laß dir die Getränke gut schmecken. Aber das Geld ziehe ich von deinem Gehalt ab!“
    Bus - Spazieren - Taxe - ich konnte unmöglich nachher sagen, wo wir überall waren. Wenn ich zurückdenke, sehe ich vor meinen Augen Tausende von bunten, großen Schildern, unzähligen Autos, rotlackierten Rikschas - Zeitungsverkäufern, die auf dem Bürgersteig saßen, mit großen, breiten Strohhüten. Magere Hunde, winzig kleine Geschäfte, beinahe nur Buden, offen zur Straße. Dienstbeflissene, gelbe, schrägäugige Verkäufer. Juwelengeschäfte mit Perlen und kunstfertig geschnitzten Jadegegenständen. Seidenkimonos, gestickte Hosenanzüge - wie war das alles bunt und schillernd!
    Menschen, Menschen - überall ein Gedränge, überall Lärm und Geruch! Und dann plötzlich vornehme Leere, vereinzelte feine Villen, lange

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