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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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einzige ist, daß die lieben Viecher Xenia nicht von der Pelle weichen. Wo sie steht und geht, hat sie Hund und Katzen auf den Fersen!“
    „Ja, sie hat wohl etwas an sich, das Kinder und Tiere anzieht“,
    meinte ich.
    „Ich könnte mir schon denken, daß sie auch auf Männer so wirkt“, meinte Heiko.
    „Unterstehe dich!“ rief Sonja. „Daß du dich bloß nicht in Xenia verliebst, du alter Casanova!“
    „Beruhige dich, holdes Weib“, lächelte Heiko. „Ich sage nicht, daß ich in Xenia verliebt bin, aber ich kann es verstehen, wenn andere Männer es sind!“
    „Xenia überrascht mich eigentlich immer“, sagte ich. Dann erzählte ich von ihrer Einstellung zu der Kälberhaltung und die Geschichte von der angeschossenen Ente.
    „Siehst du, das ist Tierliebe!“ rief Sonja. „Es gibt Millionen von Menschen, die sich Tierfreunde nennen, weil sie ihren Pudel auf Seidenkissen betten. Aber wenn sie ein krankes Tier sehen, dann flüchten sie mit der Begründung: ,Ich kann es nicht sehen!’ oder wenn der alte Hund die letzte, barmherzige Spritze kriegen muß, lassen sie irgendeinen Bekannten mit ihm zum Tierarzt gehen, weil sie es ,nicht sehen’ können. Während Xenia so viel Selbstbeherrschung hat und so viel Liebe, daß sie eigenhändig ein Tier getötet hat, um seinen Leiden ein Ende zu machen! Sie ist ein prima Mädchen!“
    „Sag mal, Sonja, was wirst du machen, wenn es mit Hasso einmal soweit ist?“
    Hasso lag vor dem Kamin. Als er seinen Namen hörte, wedelte er begeistert, stand auf, ging zu Heiko und legte seinen Kopf auf Herrchens Knie.
    „Dann“, sagte Sonja, „dann lasse ich den Tierarzt kommen, und ich bleibe bei meinem Hund und sitze neben ihm und streichle ihn, bis. bis er das Streicheln nicht mehr wahrnehmen kann. Ich werde alles, was ich an Selbstbeherrschung besitze, mobilisieren, keine Träne vergießen, damit er keine Vorahnung kriegt. Du lieber Himmel, wenn ich vielleicht zwölf bis vierzehn Jahre so ein Tier als Kamerad gehabt habe. sollte ich es dann im Stich lassen in dem Augenblick, wo es mich am dringendsten braucht?“ Heiko sah seine Frau an, streichelte schnell ihre Wange.
    „Aber zurück zu Xenia“, nahm er das Thema wieder auf. „Sie gehört wohl zu den Menschen, die gewisse. ja, wie soll ich sagen. gewisse Ausstrahlungen haben, die enorm auf andere Personen oder auch auf Tiere wirken. Solche Frauen wurden im Mittelalter für Hexen gehalten, die Ärmsten, und kamen auf dem
    Scheiterhaufen jämmerlich ums Leben!“
    „Heiko“, sagte ich leise. „Du sollst mir etwas versprechen.“ „Nanu, Täntchen, so feierlich? Was denn?“
    „Das, was du eben sagtest, über Ausstrahlungen und Hexen und Mittelalter, das darfst du nie Xenia sagen. Versprichst du mir das?“ „Natürlich, wenn du mich darum bittest, aber warum?“
    „Das kann ich dir nicht sagen. Ich bin an ein Ehrenwort gebunden. Es sei denn, Xenia würde mir erlauben, es zu erzählen.“ „Gut, also kein Wort von uns über Hexen und Mittelalter! Aber wenn nun meine persönliche Hexe uns eine Tasse unvernünftigen Abendtee vergönnen würde. und wie ist es, mein Hexchen, hast du noch Schokoladenkekse?“
    „Ach, du und deine Schokolade“, schmunzelte Sonja. „Du bist ein richtiger Schokoladensoldat, wie der gute Bernhard sagt!“
    Zu meinem Entsetzen merkte ich, daß mir das Blut in die Wangen schoß.
    „Bern. welcher Bernhard?“ fragte ich.
    „Bernhard Shaw, natürlich. Kennst du seinen ,Schokoladensoldaten’ nicht?“
    „Ach so. Bernhard Shaw“, murmelte ich. Dann stand ich auf. „Bleib nur sitzen, Sonja. Ich mache schon den Tee!“
    Xenia und ich trafen uns jeden Tag. Wenn Sonja und Heiko nach dem Lunch zurück zum Institut gingen, kam Xenia oft auf einen Sprung zu mir, mit dem im Kinderwagen sanft schlafenden Helenchen. Oder ich nahm Beate mit und besuchte Xenia.
    „Heidi“, sagte sie eines Tages. „Ich hätte nie gedacht, daß ein Mensch es so gut haben könnte, wie ich es jetzt habe! Daß es solche Menschen gibt, eine solche Harmonie, Menschen, die immer gut zueinander sind! Und unter solchen Menschen bist du groß geworden! In einem solchen friedlichen Milieu.“
    „Na, friedlich.“, schmunzelte ich. „Wenn du denkst, daß es unter acht Geschwistern immer friedlich zugeht.“
    „Du weißt genau, was ich meine. Nur eins hast du nicht gelernt, Heidi. Du weißt noch nicht, glaube ich, daß man sich nicht auf alle Menschen verlassen kann. Du glaubst, daß alle gut sind, du bist so eingestellt.

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