Rywig 10 - Machst Du mit Senta
Rupert, wegen des Motorbootes und des Autos zum Krankenhaus. Ich wollte ja ungern bei Dunkelheit fliegen - das heißt, fliegen schon, aber nicht landen - oder wassern, vielmehr. Also übernachteten wir im Flugzeug und starteten in dem Augenblick, wo wir so einigermaßen sehen konnten, und flogen direkt hierher. Jimmie war großartig. Er muß scheußliche Schmerzen im Arm gehabt haben, aber er organisierte und arrangierte und half mir bei diesem blöden Starten. Die Strecke kennt er wie seine eigenen Hosentaschen, ich brauchte nicht einmal eine Karte. Und alles ging wunderbar, bis wir also hier landeten. Da war ich wohl trotz allem etwas nervös, geschlafen hatte ich auch nicht, und wie es ging, habt ihr ja gesehen. Ich hatte nur die Höllenangst, daß die ganze Maschine umkippen könnte, mit dem festgeschnallten Jimmie drin. Aber es ging ja gut, ich hopste ins Wasser und schaffte es, die Kiste einigermaßen aufzurichten, und dann kam Joe und alles war plötzlich in Butter!“
Wir hatten mit aufgesperrten Augen zugehört. Heiko erzählte so munter drauflos und verlor kein Wort über die Schwierigkeiten, die mit dem Fliegen verbunden gewesen waren. Kein Wort darüber, daß er einen Verletzten zu transportieren hatte. Kein Wort über die Hilfeleistungen des Verletzten. Alles wirkte so einfach, so selbstverständlich, nicht der Rede wert!
„Ich fange an, an Gedankenübertragung zu glauben“, sagte Sonja leise. „Du kannst mir gar nicht weismachen, daß du keine Angst hattest. Du hattest sie nämlich, ich habe sie gespürt, und wie! Deine Angst ist durch den Äther zu mir geflogen, dein Gehirn war der Sender und das meine war der Empfänger!“
„Nun ja,“ meinte Heiko gelassen. „Wenn du sie gespürt hast, brauche ich sie ja nicht zu schildern!“
Er legte den Arm um Sonja und in dem Augenblick klingelte das Telefon auf dem Nachttisch. Ich ging ran. Es war Rolf.
„Zeit zum Aufstehen! In einer Stunde müssen wir an Bord sein. Ist Heiko gekommen?“
„Ja, er sitzt hier.“
„Fein. Wie geht es ihm? Was macht er?“
„Er küßt seine Frau.“
„Gut. Dann komm mal schnell her. Herr Weiden ist schon unten, und ich möchte auch die meine küssen!“
Glück auf hoher See
„MS Malaspina“, das Schiff, das uns nach Skagway in Alaska bringen sollte, war groß, schön, gepflegt und gut eingerichtet. Daß jede Kabine für vier Personen war, so daß die Ehepaare unbarmherzig getrennt werden mußten, und daß die Einzelzimmer-Anwärter auf alle Alleinsein-Ansprüche verzichten mußten, wußten sie im voraus. So gab es kein Meckern und keine Beanstandungen, außer von Herrn Balberg, selbstverständlich.
„Den möchte ich in einer Hängematte auf Deck oder in einem Rettungsboot übernachten lassen“, murmelte Jochen Weiden.
Isabel und Suse waren begeistert, als es sich zeigte, daß sie in derselben Kabine untergebracht waren. Frau Tesman schien auch sehr zufrieden mit ihren drei Kabinengenossinnen zu sein. Das würde alles bestimmt gutgehen!
Es war sonnig, aber kühl. Wir merkten schon, daß es nordwärts ging, und daß man hier keinen freundlichen Golfstrom hatte, so wie wir in Norwegen!
Auf dem oberen Deck waren bequeme Liegestühle, und auf drei Seiten Glaswände, die uns gegen den Wind schützten. Bald war jeder Liegestuhl besetzt. In einer Ecke fand ich meine Schwester und meinen bruchgelandeten Schwager. Letzterer schlief fest.
„Sonnie“, sagte ich leise, um Heiko nicht zu stören. „Du hast heute nacht kaum geschlafen. Gib mir deine Tellus-Nadel, ich mache heute Dienst.“
„Sentachen, ich bin doch an der Reihe, es ist meine Pflicht.“
„Pflicht hin, Pflicht her, gib mir die Nadel, mach die Augen zu und schlafe!“
Mit einem müden, dankbaren, kleinen Lächeln löste Sonja die Nadel von ihrer Jacke, und nach einer Minute schlief sie fest.
Ich machte eine Runde, fragte nach Wünschen, brachte Frau Tesman eine Decke, organisierte eine Flasche Brause für das Ehepaar Birkental, borgte Fräulein Rothbaum einen Kugelschreiber -mehr war nicht zu tun, und ich konnte zusammen mit Rolf entspannen und diese schöne Fahrt genießen. Wir setzten uns auf eine Bank, achtern, da war kein Mensch.
„Sentachen“, sagte Rolf. „Ich denke an etwas.“
„An unseren Sohn?“
„Insofern ja, aber nur als Nebenperson. Eine Nebenperson, die
nächstes Jahr für eine Woche wieder zu Oma und Opa muß.“
„Fahren wir wieder nach Kanada?“
„Kaum. Aber weißt du, was? Ja, bis jetzt habe ich es nicht
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