Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin

Titel: Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
wüßte.“
    „Merkwürdig! Sie ist ja eine so unruhige Seele, sie liebt es, neue Gegenden zu sehen und neue Menschen zu treffen. Die arme Frau Schmidt, du weißt.“
    „Der Kakadu“, nickte ich.
    „Ja, eben. Die wurde nun kreuz und quer durch die Bundesrepublik mitgeschleppt, und sie war eben zu alt dafür. Omi kommt in Festlaune, wenn sie in einem Eisenbahnabteil sitzt, und der Kakadu wollte am liebsten zu Hause die Ruhe genießen.“
    „Aber wie geht es denn auf Reisen und in Hotels? Das muß doch
    wahnsinnig schwierig sein.“
    „Nein, weißt du, das ist ganz komisch. Sie ist ja früher so oft mit Opa unterwegs gewesen; du ahnst nicht, wie viele und weite Reisen sie machten. Ich glaube, das Reisen an sich bringt sie um viele Jahre zurück, und dann ist sie vernünftig. Sie - ja, wie soll ich es ausdrücken - sie ist sozusagen reisediszipliniert. Es sitzt ihr wohl noch in den Knochen, wie man sich in einem Hotel zu benehmen hat. Frau Schmidt sagte auch immer, daß Omi erstaunlich vernünftig auf den Reisen war, sonst hätte der arme Kakadu es nicht ausgehalten, das dauernde Kofferpacken und Eisenbahnfahren und all die Unruhe!“
    „Also kann ich es mit Ruhe hinnehmen, falls deine Omi eines Tages wieder einen Anfall von Reiselust kriegt?“
    „O ja. Wenn du hier zu Hause mit ihr zurechtkommst, schaffst du es auch unterwegs. Glaubst du wirklich, daß du dies ein ganzes Jahr aushältst, Allegra? Und fürchtest du nicht, daß du hier im Hause verschimmelst?“ Ich mußte lachen. „Genau dasselbe fragte Vati, als ich am Sonntag zu Hause war. Natürlich gebe ich zu, daß ich manchmal Lust hätte, mit jungen Menschen zusammenzukommen. Aber andererseits habe ich eine Art - ja, ich kann beinahe Zärtlichkeitsgefühl sagen - alten Menschen gegenüber. Seit ich meine Großmutter pflegte. Und dann, weißt du, werde ich in einem Jahr Helferin bei Frau Doktor Oberbach werden, dann werde ich wohl alles nachholen können, was ich jetzt entbehren muß.“
    „Und was sagen deine Eltern zu dieser merkwürdigen Anstellung, die du hier hast?“
    „Oh, sie haben mir nur nahegelegt, immer die Türkette vorzulegen und niemals fremde Menschen in die Wohnung reinzulassen!“
    „Tust du es auch? Ich meine das mit der Kette?“
    „Das kann ich dir sagen! Man hört doch so viel über Überfälle gerade bei einsamen alten Frauen, und man sieht so viel Scheußliches im Fernsehen. Wenn ich rausgehen muß, hänge ich ein großes Schild an die Kette, mit ,NICHT AUFMACHEN!’ in Riesenlettern. Ich selbst gehe dann durch die Hintertür, und die schließe ich mit einem extra Einsteckschloß ab.“
    „Hoffentlich respektiert Omi auch dein Warnschild.“
    „Ja, etwas muß doch bei ihr von all ihren Krimis hängenbleiben“, meinte ich. „Aber du weißt, deine liebe Omi ist so freundlich gegen alle Menschen, sie denkt nichts Böses; der Himmel weiß, ob sie nicht irgendeinen schrägen Kerl reinlassen würde, wenn er an ihr Mitleid appellierte.“
    Hanni guckte auf die Uhr.
    „Mensch, es ist halb vier, und ich wollte doch hier meine Schularbeiten machen! Der Timo holt mich um fünf ab.“
    „Hast du denn viel auf?“
    „Mehr als mir lieb ist. Das Französische ist das schlimmste. Möchte mal wissen, wie französische Kinder eigentlich sprechen lernen!“
    „Es gibt auch welche, die russisch und tschechisch lernen“, lächelte ich.
    Bevor wir mit diesem geistreichen Gespräch weiterkamen, erschien Frau Felsdorf. Freundlich und lieb wie immer.
    „Omi“, sagte Hanni, „ich muß unbedingt Schularbeiten machen, darf ich mich in dein Schlafzimmer zurückziehen?“
    „Natürlich, Kind, das darfst du. In welcher Klasse bist du nur?“ „In der Untersekunda“, sagte Hanni zum fünftenmal an diesem Tag.
    „Ach, so weit bist du schon? Ja, die Zeit vergeht. Wie alt bist du eigentlich jetzt?“
    „Sechzehn“, sagte Hanni mit Engelsgeduld. Dann stand sie auf. „So, jetzt muß ich aber wirklich was tun, ihr müßt zusehen, daß ihr ohne mich zurechtkommt. Il faut que m’en vais!“
    „So heißt es nicht, mein Kind“, kam es sanft von Frau Felsdorf. „Du mußt sagen: ,Il faut que je m’en aille!“ Hanni blieb mit offenem Mund stehen.
    „Omi, kannst du - ich meine - warum muß es so heißen?“
    „Weil es Konjunktiv sein muß. Du hast Indikativ benutzt“, sprach die Omi und verließ das Zimmer, Richtung Toilette.
    „Nun schlägt es aber dreizehn!“ rief Hanni. „Daß von allen Menschen auf der Welt ausgerechnet meine kleine

Weitere Kostenlose Bücher