S - Spur Der Angst
des Jungen auf.
»Und es kommt noch schlimmer.« Obwohl gute vier Meter zwischen ihnen lagen, wusste Trent, dass der Junge mitbekam, wie ein Muskel in seinem Kinn anfing zu zucken, dass er sah, wie schwer es ihm fiel, seine Geduld zu bewahren.
»Meeker da draußen« – Trent deutete mit dem Daumen auf das dicke Türblatt – »macht ein Päuschen, deshalb habe ich übernommen, und das bedeutet, dass wir nach meinen Regeln spielen.«
Bernsen schluckte. Die Botschaft war angekommen.
»Also, so läuft’s: Du wirst mir sagen, was ich wissen will, und wenn du dich weigerst« – Trent zuckte gleichgültig die Achseln –, »dann soll’s mir egal sein.« Er brachte ein dünnes, humorloses Lächeln zustande. »Wenn du versuchst, meine Vernehmungsmethoden anzuprangern, oder mich wegen Körperverletzung verklagen willst – schön. Das kümmert mich, ehrlich gesagt, einen Scheißdreck.«
Bernsen spuckte auf die glänzenden Bodenfliesen. »Ach was!«
Das genügte. Trent riss der Geduldsfaden. Mit ausgestreckten Armen sprang er auf den Jungen zu und stieß ihn gegen die Wand, ohne auf das Geräusch der reißenden Sehnen in seiner Schulter zu achten. Noch wirkte zumindest ein Rest der Betäubung, und das Adrenalin tat ein Übriges.
»Was heißt hier ›Ach was‹? Ich will, dass du auspackst, du verwöhnter kleiner Scheißkerl, und ich bin schon mit Brahman-Bullen, Rodeopferden und Cowboys fertig geworden, die zäh waren wie altes Leder. Ich bin in mehr Notaufnahmen gelandet, als du Finger an den Händen hast. Also mach das Maul auf, oder ich bringe dich auf andere Weise zum Reden!« Er schüttelte Bernsen, dass diesem die Zähne klapperten.
Trent spürte, wie der Widerstand des Jungen nachließ.
Gut.
»Keiner wird dich hier rausholen, Zach. Deinen Anführer kannst du vergessen, der ist erledigt. Ich werde dir eine Klage wegen versuchten Mordes anhängen, also spiel nicht länger russisches Roulette, sondern sag mir, wo sich deine verdammten Freunde verkrochen haben.«
»Netter Versuch«, knurrte Bernsen und spuckte Trent ins Gesicht. »Ich denke, ich ziehe russisches Roulette vor.«
»Das ist dein Ende, Junge.« Trent schnappte sich Zachs linken Arm und drückte langsam, Zentimeter für Zentimeter, die in Handschellen liegenden Hände hinter seinem Rücken in die Höhe.
Bernsen schrie auf vor Schmerz, dann sank er auf die Knie.
Schwer atmend trat Trent zurück. »Denk darüber nach«, warnte er, innerlich bebend vor Abscheu und Zorn.
»He!« Meeker steckte den Kopf zur Tür herein, sein Gesichtsausdruck war finster. »Wir bekommen Gesellschaft.« Er ignorierte Bernsen, der sich verzweifelt aufzurichten versuchte. »Leider keine gute.«
Der Junge spuckte erneut auf den Boden.
Trent ging rückwärts aus dem Raum und zog die Tür hinter sich zu.
»Wen?«
»Die Jünger«, sagte Meeker. Seine Glatze glänzte im Neonlicht. »Und sie haben Geiseln mitgebracht.«
Kapitel vierundvierzig
S chaudernd ging Jules über den wie ausgestorben wirkenden Campus, von einer Pistolenmündung im Rücken vorwärtsgetrieben, genau wie Shaylee und Nell. Sie wusste, dass sie das, was dieser Haufen geistesgestörter CBs vorhatte, verhindern musste. Sie hörte sie leise miteinander reden, offenbar schienen sie auf einen Austausch zu hoffen, die Geiseln gegen ihren Anführer, wer immer dieser Irre sein mochte.
Während sie durch den tiefen Schnee stapfte, die Hände hinter dem Rücken in Handschellen, erwog sie verschiedene Fluchtmöglichkeiten. Sie, Shay und Nell gingen so nahe nebeneinander, dass sie sich berührten, die Schergen des Anführers folgten ihnen direkt auf den Fersen.
All die Geschichten, die Shay ihr erzählt hatte, entsprachen der Wahrheit, und sie, die große Schwester, hatte sie ungläubig abgetan! Diese Jugendlichen, die sie in ihre Gewalt gebracht hatten, waren mehr als gestört, sie waren eine kleine Armee unerschrockener Fanatiker, bereit, ihr Leben für ihren Anführer und seine »Sache« zu geben, was immer damit gemeint sein mochte.
Denk nach, Jules, gib nicht auf! Es muss eine Fluchtmöglichkeit geben, du darfst nicht zulassen, dass euch Böses geschieht!
Wie betäubt stapfte sie durch die weiße Landschaft zur Krankenstation von Blue Rock. Der Mond war noch zu sehen, eine blasse Sichel, während sich im Osten das erste Grau der Morgendämmerung am Himmel zeigte.
Ein Schimmer der Hoffnung, dachte Jules flüchtig, doch tief im Herzen befürchtete sie, dass dies die letzte Morgendämmerung war, die
Weitere Kostenlose Bücher