S - Spur Der Angst
Griesgrämig und effizient wie immer hantierte sie in dem grellen Neonlicht weiter mit Pinzette und Schale, dann legte sie ihm einen Verband an Schulter und Oberarm an.
»Sorgen Sie dafür, dass er am Leben bleibt«, bat Trent. »Egal wie, nur lassen Sie ihn nicht sterben.«
»Ich werde es Gott ausrichten«, erwiderte Ayres mit einem schiefen Lächeln, »das nächste Mal, wenn er mich fragt.«
Trent schaffte es kaum, ihr Lächeln zu erwidern. Sein geschundener Körper tat weh, doch mit körperlichem Schmerz kam er klar; es war auch nicht viel schlimmer als das, was er in seinen Zeiten als Rodeoreiter hatte einstecken müssen. Viel mehr setzte ihm zu, dass Jules verschwunden war. Deputy Meeker hatte nach ihr gesehen und sie nicht in ihrem Apartment im Stanton House angetroffen.
Das konnte nichts Gutes bedeuten.
Nicht wenn Spurriers wahnsinnige Anhänger auf dem Campus unterwegs waren. Wäre sie doch nur an Ort und Stelle geblieben … nein, wäre er doch nur bei ihr geblieben und hätte sie beschützt! Wieder einmal plagten ihn Gewissensbisse, mittlerweile seine ständigen Begleiter.
Doch er würde hier nicht untätig herumsitzen. Er würde sie finden. Sie retten. Auf keinen Fall wollte er sie noch einmal verlieren. Niemals!
Von dem halbtoten, vor Schmerz fast wahnsinnigen Spurrier hatten sie erfahren, dass er darauf aus war, mit Gottes Hilfe die Herrschaft über Blue Rock zu übernehmen, das für ihn offenbar ein ganz eigenes Imperium war. Zu diesem Zweck musste er Tobias Lynch vernichten, in seinen Augen ein scheinheiliger Heuchler, der Gottes Willen missdeutete. Lynch liebte es, sich der Herausforderung zu stellen, psychisch schwerstgestörte Schüler an seinem Institut aufzunehmen, sie zu ermutigen und zu belohnen, doch Spurrier hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht und dafür gesorgt, dass ihm dies nicht gelang. Spurrier kannte Lynchs private Akten, hatte sie gelesen, wenn Tobias in Seattle bei seiner Ehefrau war, der Frau, die der Pilot einst selbst geliebt hatte. Cora Sue und er waren ein Paar gewesen, sogar nachdem sie Lynch geheiratet hatte. Sie, so hatte Trent herausgefunden, hatte die Eheschließung stets bereut, doch sie hatte sich dem Wunsch ihres Vaters gefügt, da sie befürchtete, enterbt zu werden, wenn sie bei dem wesentlich radikaleren jüngeren Mann blieb.
In den folgenden Jahren hatte sich Kirk Spurrier geschworen, Stanton und Cora Sue zu beweisen, dass sie einen gewaltigen Fehler gemacht hatten. Lynch hatte ihn sogar eingestellt, darauf vertrauend, dass Vergebung und nicht Bitterkeit der rechte Pfad wäre.
Sein Fehler.
Trent versuchte, seine Schulter zu bewegen, fassungslos darüber, dass ein Mensch einem derartigen Wahn verfallen konnte. Doch genau das war Spurrier: wahnsinnig. Und noch schlimmer – er hatte eine kleine Armee brillanter, wenngleich psychisch kranker Jugendlicher um sich geschart und mit ebendiesem Wahn infiziert. Während Lynch versuchte, den Schülern zu helfen, missbrauchte Spurrier die, die am schwersten gestört waren, zu seinem eigenen Vorteil.
Meeker hatte veranlasst, dass Bert Flannagan und Wade Taggert die Schüler in ihren Wohnheimen einsperrten; die Eingänge wurden vom Personal bewacht. Das Feuer in Trents Blockhaus brannte noch immer und hatte sogar auf das nebenstehende Haus, in dem DeMarco wohnte, übergegriffen. DeMarco hatte das Armageddon verschlafen. Sie hatten ihn in seinem Haus gefunden, den Kopf unter der Bettdecke, völlig ahnungslos von dem Chaos, das um ihn herum tobte.
Mehrere CBs waren verschwunden – die üblichen Verdächtigen und genau die, die Bernsen bei seiner Vernehmung widerwillig preisgegeben hatte, um seinen eigenen erbärmlichen Hintern zu retten.
Wohl wissend, dass er mit wehenden Fahnen untergehen würde, hatte der CB verzweifelt geschworen, nichts mit den Morden auf dem Campus zu tun zu haben. Was nichts heißen musste – er war für seine Lügengeschichten bekannt.
Im Augenblick war Meeker bei ihm und las ihm seine Rechte vor, wobei er betonte, dass dies Zachary Bernsens letzte Chance war, auf den rechten Weg zurückzukehren und vielleicht einen Deal mit dem Staatsanwalt auszuhandeln, auch wenn Meeker nichts versprechen konnte.
Zutiefst besorgt hatte Trent das Gefühl, ihm würde die Decke auf den Kopf fallen. Er musste einfach raus und den Rest von Spurriers Psychopathentruppe aufspüren, zumal nicht nur Jules verschwunden war, sondern auch jede Spur von Nell Cousineau und Shaylee Stillman fehlte.
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