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S - Spur Der Angst

S - Spur Der Angst

Titel: S - Spur Der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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wie auf den Fotos der Schulwebsite – ein verheißungsvolles Paradies für Jugendliche mit Problemen.
    Die Berge ragten steil in den blauen Himmel, und Jules hörte das Wusch, Wusch, Wusch des Rettungshubschraubers, noch bevor sie sah, wie er sich langsam auf den verschneiten Campus herabsenkte.
    Das Wasserflugzeug mit dem Logo des Instituts war noch immer vom Eis eingeschlossen, eine ernste Mahnung an Spurrier. Wie konnte ein einzelner Mann so viele Menschen beeinflussen?
    Das Leben an der Blue Rock Academy würde nie wieder dasselbe sein.
    Würde Spurrier am Leben bleiben?
    Die Morde zugeben?
    Sie bezweifelte es. Zach und Missy beteuerten immer wieder, dass ihr Anführer nie die Absicht hatte, jemanden umzubringen, sie waren ihm blind ergeben, fast wie Kinder, die sich weigern, das Böse in einem Familienangehörigen zu erkennen.
    Die Loyalität innerhalb einer Familie reichte für gewöhnlich weit, und Spurrier war für diese Kinder wie ein Familienmitglied gewesen. Jules musste daran denken, was sie selbst durchgemacht hatte, wie weit sie gegangen war, nur um ihrer Schwester beizustehen.
    Sie blickte zu der Fläche vor der Krankenstation hinüber, auf den zertrampelten Schnee, das Blut. Die Pferde waren wieder in ihrem Stall, wo sich Bert Flannagan um sie kümmerte. Doch alle, die diesen Übergriff miterlebt hatten, würden für immer verändert sein.
    Genau wie sie.
    Genau wie Shay.
    Spontan beschloss sie, nicht zum Stanton House, sondern direkt zu ihrer Schwester ins Wohnheim zu gehen. Irgendwie war ihr Shays Reaktion vorhin merkwürdig erschienen, und sie wollte sich vergewissern, dass es ihr wirklich gutging, dass sie das durchlebte Grauen verarbeiten und zur Normalität zurückkehren konnte.
    Nun, zumindest zu dem, was für Shay als normal gelten konnte.
    Doch Jules machte noch etwas anderes zu schaffen. Shays Behauptung, noch heute aufbrechen zu dürfen, klang in ihren Ohren trotz Vater Jakes rationaler Erklärung irgendwie unwahr.
    Shaylee war es gewohnt zu lügen, die Wahrheit ihrer eigenwilligen Denkweise anzupassen, Jules dahin gehend zu manipulieren, dass sie tat, was die Jüngere wollte, ungeachtet der Konsequenzen. Ihre Erfolgsbilanz sprach für sich.
    Shay mochte sich vielleicht einbilden, dass sie auf wundersame Weise »geheilt« war von den Schrecknissen, denen sie ausgesetzt gewesen war, doch Jules wusste, dass es einer jahrelangen Therapie bedurfte, bis ihre Schwester den Menschen um sie herum nicht mehr vorspielen würde, dass »alles in Ordnung« war. Tief im Herzen fragte sich Jules, ob Shay je wieder »normal« werden würde, gleichgültig, wie das aussehen mochte. Sie wusste nur, dass Shay seit Edies zweiter Ehe mit Rip Delaney völlig verändert war.
    Jules eilte die Treppen des leeren Mädchenwohnheims hinauf. Alles war unwirklich still, jetzt, da fast alle Schülerinnen entweder von den Deputys im Verwaltungsgebäude befragt wurden oder sich in der Cafeteria versammelt hatten. Jules klopfte an Shays Zimmertür. »He, bist du schon fertig?« Die unverschlossene Tür schwang von selbst auf.
    Shay, die allein im Zimmer saß, ein Handy gegen das Ohr gedrückt, sprang hoch und fuhr erschrocken herum. »Was zum Teufel soll das?«, fragte sie aufgebracht und stieß mit der freien Hand ihre halb ausgetrunkene Coladose um. »Verdammt, Jules, du hast mich zu Tode erschreckt!«
    »Entschuldige«, sagte Jules, die wusste, dass ihre Schwester lange nicht so cool war, wie sie tat. Sie schob die Tür hinter sich zu. »Ich dachte –«
    Cola sprudelte auf die Platte von Shays Schreibtisch und ergoss sich auf den Fußboden.
    »Ich rufe dich zurück, Dawg«, sagte Shay in Nonas Handy, das sie nie abgegeben hatte, dann drückte sie die Aus-Taste und drehte sich zu Jules um. »Er ist wieder draußen. Auf Kaution entlassen«, erklärte sie grinsend.
    »Vielleicht solltest du ihm besser aus dem Weg gehen.« Jules trat an den Schreibtisch und sah sich suchend nach etwas um, womit sie die Flüssigkeit aufwischen konnte.
    »Du hast recht.« Ohne nachzudenken, schnappte sich Shay ein Handtuch, warf es über die dunkle Flüssigkeit am Boden, dann stellte sie ihren Fuß darauf und fing an zu wischen.
    Schob das Handtuch mit den Zehen hin und her.
    Nahm die Flüssigkeit auf. In einer Schlangenlinie von oben nach unten.
    Ganz selbstverständlich, als täte sie das ständig.
    Zurück blieb eine Spur, die aussah wie ein S.
    Jules, die vor dem Fenster stehengeblieben war, starrte auf Shays Fuß. Auf die

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