S - Spur Der Angst
machen!« Er warf einen Blick auf die Schüler an den Tischen. Manche wirkten bedrückt, andere unterhielten sich und scherzten lautstark miteinander, als wäre nichts geschehen.
Genau wie Shay schienen auch sie sich ein dickes Fell zugelegt zu haben, eine Art Schutzwall gegen den Schrecken der vergangenen Tage.
»Wissen Sie, wie es Spurrier geht?«
»Er liegt im Koma.« Vater Jake kräuselte die Lippen. »Die Luftrettung ist unterwegs, aber die Chancen stehen schlecht, dass er durchkommt.«
»Die Hölle ist noch viel zu gut für ihn«, sagte Trent.
»Das stimmt.« Vater Jake nickte.
»Was ist mit Roberto Ortega?«, fragte Trent, der immer noch zur Tür blickte, durch die Shay vorhin verschwunden war. Schließlich riss er seinen Blick los und richtete seine Aufmerksamkeit auf den Geistlichen.
»Er hat eine Chance, wenn auch nur eine geringe. Es ist eine Schande, was mit den Kids passiert ist.« Vater Jake schaute auf die Uhr, seufzte, dann klopfte er auf den Tisch. »Danke für alles. Ohne Sie beide wäre Spurrier nicht überführt worden. Aber jetzt ruft erst einmal die Pflicht.« Er stand abrupt auf, schob seinen Stuhl zurück und schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch zu jener Tür, durch die Shay vor wenigen Minuten verschwunden war.
Ein paar der Jugendlichen blickten ihm hinterher, die übrigen schienen ihn gar nicht wahrzunehmen.
Trent dagegen starrte dem Geistlichen mit zusammengezogenen Augenbrauen nach. »Was hältst du von Vater Jake?«
Jules warf ihm einen Seitenblick zu. »Dass er für einen Kleriker zu gut aussieht.«
»Ich meine es ernst.«
»Ich auch.« Sie griff über den Tisch hinweg nach seiner Hand. »Selbst wenn er nicht ganz so attraktiv ist wie ein gewisser Bullenreiter, den ich kenne.«
»Ehemaliger Bullenreiter, bitte.«
»Genau das meinte ich.« Sie grinste, und er drückte ihre Hand, doch er löste den Blick nicht von der Tür, die sich hinter Vater Jake geschlossen hatte.
Wie schnell sich die Dinge änderten, dachte Jules. Die völlig unerwartete Wiederaufnahme ihrer Beziehung mit Trent war eine Sache, etwas sehr Positives. Und dann sollte sich auch noch ihre Mission, ihre Schwester aus dieser unheimlichen Schule zu holen, erfüllen.
»Ich packe rasch meine Sachen zusammen und kündige«, sagte sie, löste ihre Finger aus Trents und schob ihren Stuhl zurück. »Das war wahrscheinlich das kürzeste Anstellungsverhältnis in der gesamten Geschichte der Schule.«
Trent lachte. »Ich komme gleich nach. Sobald ich Lauren Conways Eltern erreicht habe, werde ich ebenfalls die Kündigung einreichen. Hast du mitbekommen, dass Meeker einen USB-Stick in Spurriers Tasche gefunden hat?«
»Nein.«
»Wir sind uns noch nicht ganz sicher, aber wir gehen davon aus, dass darauf Informationen gespeichert sind, die Lauren zusammengetragen hat – Rhonda Hammersley hat den Stick in einen der Computer auf der Krankenstation gesteckt. Das Büro des Sheriffs lässt ihn ins Labor schaffen und die Daten sichern.«
»Dann haben wir Laurens Daten anstelle von Lynchs Akten.«
»Keine Ahnung, was davon noch übrig geblieben ist. Die Spurensicherung durchkämmt bereits die verkohlten Reste meines Hauses.«
»Was ist mit Laurens Leichnam? Weiß jemand, wo er ist?«
»Bernsen behauptet, er wüsste es, aber er will nur auspacken, wenn für ihn die Kronzeugenregelung gilt.«
»Das wäre genau das, was wir brauchen: Zach Bernsen, ein freier Mann.« Jules drehte ihre halb ausgetrunkene Kaffeetasse in den Händen, dann stellte sie sie auf den Tisch. »Und was ist mit dir, Cowboy?«, fragte sie. »Was hast du vor, wenn du hier raus bist?«
»Das musst du noch fragen?«
Sie zog eine Augenbraue hoch.
»Ich dachte, das hätte ich dir bereits draußen im Schnee erklärt. Falls es noch nicht angekommen sein sollte: Ich habe vor, dir nachzustellen, und glaub ja nicht, dass du es verhindern kannst.«
Sie zwinkerte. »Dann musst du dich aber ganz schön anstrengen.«
»Das mache ich«, sagte er mit fester Stimme. »Darauf kannst du dich verlassen.«
Dann würde ihr Leben also eine gewaltige Kehrtwende nehmen, dachte sie und freute sich auf die Zukunft mit Cooper Trent. Wer hätte das gedacht?
Erleichtert darüber, dass der Alptraum endlich hinter ihr lag, verließ Jules die Cafeteria und überquerte den Campus in Richtung Stanton House. Jetzt wirkte alles ruhig, nahezu friedlich. Die Sonne strahlte vom Himmel und brachte das Eis an den Ufern des Lake Superstition zum Glitzern. Alles sah so aus
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