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S - Spur Der Angst

S - Spur Der Angst

Titel: S - Spur Der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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erhalten. Es war völlig unabhängig und – schenkte man den Zitaten von zufriedenen Eltern und Teenagern Glauben – »ein Gottesgeschenk«. Die Referenzen waren hervorragend. Laut institutseigener Werbung würde Shaylee an diesem Ort inmitten der Siskiyou Mountains ihr Seelenheil finden.
    Doch Jules war nicht so leicht zu überzeugen. Das Ganze kam ihr zu glatt vor, zu perfekt.
    Jetzt nahm sie sich die Schulphilosophie vor, verfasst von Reverend Tobias Lynch, sowie ein paar glühende Empfehlungen. Alles wirkte gekünstelt, so vorgefertigt wie ein Drehbuch.
    Ihre Augen überflogen die Schulhomepage, doch die Namen, die darauf erschienen, sagten ihr nichts. Maris Howell, die Lehrerin, die wegen ihres Verhältnisses mit einem Schüler gefeuert worden war, tauchte nicht auf. Unten erschien ein Vermerk, dass die Seite gerade aktualisiert werde.
    »Darauf wette ich«, sagte sie laut. »Die Website muss aktualisiert werden, damit sich die Schule weiterhin makellos präsentieren kann.« Alles an Blue Rock war einfach ein bisschen zu gut, um wahr zu sein.
    »Du bist zu misstrauisch«, sagte sie und ahmte die Stimme ihres Ex-Manns nach, als dieser ihr beim Leben seiner Mutter geschworen hatte, kein Verhältnis mit einer anderen zu haben. Doch Sebastian Farentino hatte sich als Lügner entpuppt, der jeden Vorwand nutzte, um seine erbärmliche Haut zu retten, wie sie bald genug erfahren hatte. Und was ihre Vermutung betraf, er habe eine Affäre: Wie bald nach ihrer Scheidung hatte er wieder geheiratet? Keine sechs Wochen später hatte er Ehefrau Nummer zwei präsentiert.
    »Schnelle Arbeit, Sebastian«, murmelte sie, doch in den vergangenen drei Jahren hatte sich der Großteil ihres Zorns gelegt, die Wunde geschlossen.
    Das Schlimmste an diesem Betrug war gewesen, dass Sebastians neue Frau Peri einst Jules’ beste Freundin gewesen war. »Was für ein Klischee«, sagte sie zu sich selbst und klickte von der Schulhomepage auf ihre Online-Banking-Site, um ihren stetig schrumpfenden Kontostand zu überprüfen, dann weiter auf die Jobbörse, die sie bei ihrer Suche nach einer neuen Stelle nutzte. Sie ging die Angebote durch, überflog die wenigen Antworten, die eingegangen waren – alle negativ –, und machte sich bewusst, dass sie nach dreijähriger Auszeit in ihrem alten Job als Lehrerin keine Chance mehr hatte. Dann würde sie eben weiter kellnern müssen.
    Entmutigt schob sie ihren Schreibtischstuhl zurück und ging die Treppe hinunter in die Küche, wo sie den Teekessel auf eine der beiden noch funktionierenden Platten stellte. Sie hatte diese zweigeschossige Wohnung in der Nähe der Uni gekauft, nachdem sie von Portland nach Seattle zurückgekehrt war. Sie hatte sich vorgestellt, eines Tages wieder zu unterrichten und sich dann etwas Besseres leisten zu können, doch bislang hatte sie dieses Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt.
    Als sie an der Bateman Highschool unterrichtete, hatte ihr eine kräftezehrende Migräne zahlreiche Fehlstunden beschert. Die heftigen Kopfschmerzen waren die unmittelbare Konsequenz schlafloser Nächte, Nächte, in denen sie unter ihren wiederkehrenden Alpträumen litt. »Wir sind schon eine durchgeknallte Familie«, sagte sie sarkastisch, zog den pfeifenden Teekessel von der Herdplatte und griff nach einer Tasse.
    Dann nahm sie den Teebeutel, den sie heute früh schon benutzt hatte, aus dem Ausguss, hängte ihn hinein und füllte die Tasse mit kochend heißem Wasser. Was wäre, wenn ihre Kellnerstelle gestrichen würde? Täglich schlossen hochpreisige Restaurants in Seattle und Umgebung.
    Ihr schrumpfendes Bankkonto unterstrich die Tatsache, dass sie dringend eine weitere Einkommensquelle brauchte. Sie hatte bereits erwogen, sich eine Mitbewohnerin zu suchen, etwas, was sie zuvor vermieden hatte. Doch die Lage hatte sich geändert. Seit die Möglichkeit wegfiel, dass Shaylee bei ihr einzog, war es durchaus denkbar, dass Jules den Schreibtisch in ihr Schlafzimmer stellte und die beiden anderen Räume an Collegestudenten vermietete. Natürlich, das wäre eine Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre, aber zumindest würde sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können und wäre endlich die Sorge los, ihr Zuhause zu verlieren.
    Sie dachte flüchtig an das Haus im Westen Portlands, in dem sie mit Sebastian gewohnt hatte, ein gepflegter, moderner Bau an einem bewaldeten Hügel mit Blick auf den Mount Hood. Ihr Ex-Mann, ein Holzhändler, lebte immer noch darin, jetzt zusammen mit Peri und ihrer

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