S - Spur Der Angst
Sie trug eine dunkle Jacke mit dem Schullogo darauf.
»Ich gehe dann mal«, sagte Trent und tippte sich grüßend an die Stirn. Dann polterte er geräuschvoll die Holzstufen hinunter.
»Haben Sie sich schon ein wenig eingerichtet?«, fragte Hammersley, als Trents Schritte verhallt waren.
»Ich bin ja gerade erst angekommen«, erwiderte Jules lächelnd. Was wollte die Studienrätin denn jetzt schon wieder von ihr? »Nun muss ich erst einmal auspacken.«
Hammersley verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. »Ich möchte mich noch einmal entschuldigen«, sagte sie. Gleich zwei Entschuldigungen binnen einer halben Stunde, das musste ein Rekord sein. »Wie Sie sehen, befinden wir uns momentan in einer Ausnahmesituation. Leider bin ich nicht befugt, Ihnen Näheres über die Vorfälle der gestrigen Nacht mitzuteilen, solange das Büro des Sheriffs die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen hat.«
Kurz und bündig lieferte sie Jules jedoch die bereinigte Version der »tragischen Lage«, erwähnte sogar den Tod der Schülerin Nona Vickers, jedoch ohne ins Detail zu gehen. Niemand wisse genau, was vergangene Nacht in dem Pferdestall passiert sei, doch die Schule tue alles, um der Tragödie »auf den Grund zu gehen« und die Sicherheit von Schülern und Personal zu gewährleisten. »Manche unserer Schüler sind wirklich aufgeregt, wie Sie sich denken können. Es gab bereits eine handgreifliche Auseinandersetzung zwischen einem der CBs und einem neuen Schützling.«
Jules bekam ein mulmiges Gefühl. Mit dem »neuen Schützling« musste Shay gemeint sein.
»Eine handgreifliche Auseinandersetzung?«, wiederholte sie erschrocken.
»Zum Glück hat sich alles geklärt. Niemand hat ernsthafte Verletzungen davongetragen, Gott sei Dank. Einer der Collaboratoren hat in seiner Wortwahl danebengegriffen, und unser Neuzugang, ein Mädchen namens Shaylee Stillman, hat ihre Kampfsportkünste an ihm erprobt.«
»Niemand hat ernsthafte Verletzungen davongetragen«, echote Jules.
»Mal abgesehen von Eric Rolfes männlichem Ego. Sie hat ihn ganz schön vorgeführt.« Hammersley schien amüsiert. »Shaylee hat ebenfalls einen Schlag einstecken müssen, aber unsere Schulschwester, Jordan Ayres, meint, die beiden werden’s überleben. Es war noch eine weitere Schülerin an der Auseinandersetzung beteiligt – zwei prügelnde Mädchen an einem Tag. So etwas ist während meiner Zeit hier auch noch nicht vorgekommen. Die drei Schüler werden natürlich ins Gebet genommen, doch angesichts der Aufregung wegen Nonas Tod werden wir uns etwas großzügiger als sonst zeigen.«
Jules atmete auf. Zumindest war Shay nicht verletzt worden, und sie schien auch nicht in ernsthaften Schwierigkeiten zu stecken.
»Reverend Lynch hat für heute Abend eine Mahnwache mit Gebeten für Andrew und Nona einberufen, im Pavillon. Er lässt sich entschuldigen; für gewöhnlich begrüßt er die neuen Mitglieder des Kollegiums persönlich, aber unter diesen Umständen …« Sie zuckte die Achseln. »Wie dem auch sei, der Reverend bittet Sie, heute vor dem Abendessen bei ihm zu Hause vorbeizukommen, damit er Sie zum Speisesaal begleiten kann. Nach dem Abendessen bleibt Ihnen etwas Zeit, um sich mit den Schülern zu unterhalten, dann findet die Gebetswache statt.« Sie zeigte Jules den Pavillon auf einer gerahmten Karte, die an der Wand des Wohnbereichs hing, erläuterte ihr, wie die Mahlzeiten abliefen und wo sich die Gemeinschaftsbereiche befanden, und klärte sie über die Grundregeln von Blue Rock auf.
»Morgen früh wird Charla King mit Ihnen einen Rundgang über das Schulgelände machen und Ihnen alles ausführlich erläutern. Am Wochenende können Sie sich dann auf Ihre Unterrichtsstunden vorbereiten.«
»Ich kann es kaum erwarten, endlich loszulegen«, sagte Jules und wappnete sich innerlich gegen die kommenden Wochen. Schon am Montag sollte sie voll einsatzfähig sein!
»So, was gibt es sonst noch? Oh, natürlich!« Hammersley ging hinüber zu einem Stuhl, auf dem verschiedene Dinge lagen. »Hier sind Ihre von der Schule bereitgestellte Büchertasche, ein Rucksack und eine Jacke in Größe Medium. Sollte sie nicht passen, bitten Sie einfach Charla King, Ihnen eine andere Größe herauszusuchen. Ich weiß, die ganzen Becher, Zahnpflegeartikel und Taschenlampen mit dem Schullogo darauf wirken etwas übertrieben, aber das dient lediglich dazu, unser Gemeinschaftsverständnis zu untermauern. Wir wollen den Schulgeist so groß wie möglich
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