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S - Spur Der Angst

S - Spur Der Angst

Titel: S - Spur Der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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schreiben!«
    Die Studienrätin blickte auf die Uhr und teilte Jules dann mit, dass das Abendessen in fünfundvierzig Minuten im Speisesaal stattfinde, heute wegen der besonderen Umstände etwas später als gewöhnlich, und sie solle den Reverend besser nicht warten lassen.
    Dann eilte sie hinaus. Jules schloss die Tür hinter ihr und hörte die Absätze ihrer Lederstiefel auf den Holzstufen klappern. Besondere Umstände, dachte Jules. Umschrieb die Schule so den Tod einer Schülerin und die beinahe tödlichen Verletzungen eines weiteren Beteiligten? Umstände? Sie ging ans Fenster und blickte hinaus in die Dunkelheit. Für die Familien der Opfer waren die Ereignisse der vergangenen Nacht sicher mehr als nur besondere Umstände.
    Jules betrat das kleine Badezimmer und packte ihre Kosmetikutensilien aus, dann wusch sie sich die Hände, zog den Lippenstift nach und frischte die Wimpertusche auf. Das musste reichen. Sie nahm ihre dicke Daunenjacke aus der Reisetasche, redete sich gut zu und schnappte sich schließlich die Blue-Rock-Taschenlampe, um sich auf den Weg zum Reverend zu machen.
    Auf dem vereisten Gehweg kurz vor Lynchs Haus wäre sie beinahe ausgerutscht, doch sie konnte sich in letzter Sekunde fangen. Das hätte jetzt noch gefehlt!
    Aus dem Schornstein stieg Rauch. Das Haus wirkte gemütlich, doch je näher man kam, desto mehr Altersspuren waren zu entdecken. Das Holz der Dachgauben wies dunkle Flecken auf, und als sie den Lichtkegel ihrer Taschenlampe darübergleiten ließ, stellte sie fest, dass es vermodert war. Während sie die Stufen zur Eingangsveranda hinaufstieg, bemerkte sie, dass eine der Außenlampen einen Sprung hatte.
    »Das ist mir egal, Tobias«, ertönte Cora Sues Stimme gerade durch ein nicht richtig geschlossenes Fenster. »Es war demütigend. Nicht mal erste Klasse. Und das für mich, die Frau eines ehrwürdigen Reverends und Doktors! Das war einfach nicht richtig.«
    Jules zögerte, ihre Hand, mit der sie gerade an die Haustür hatte klopfen wollen, verharrte in der Luft.
    »Es gab keine anderen Plätze mehr, und Erste-Klasse-Flüge nach Medford gibt es ohnehin nicht. So ist das nun mal. Die gewöhnlichen Verkehrsflugzeuge sind klein. Ich hätte Kirk gebeten, dich im Privatflieger abzuholen, aber das war bei diesen Wetterbedingungen zu riskant –«
    »Privatflieger! Das Wasserflugzeug ist nicht unbedingt ein Learjet, oder? Ich verstehe nicht, warum du darauf bestanden hast, dass ich hierherkomme, zumal das Wetter noch schlimmer werden soll.«
    »Cora Sue, bitte …«
    Jules trat einen Schritt zurück, wobei sie darauf achtete, dass sie von drinnen nicht entdeckt werden konnte, auch wenn jeder, der zufällig vorbeikam, sie auf der Veranda hätte herumlungern sehen.
    »Bitte was? Soll ich etwa so tun, als wäre alles bestens?«
    »Ich habe im Augenblick keine Zeit für dieses Gespräch, das nicht auch noch. Das Personal ist nervös, die Schüler sind außer sich. Es ist bereits zu Handgreiflichkeiten gekommen.«
    »Da werden wohl noch einige folgen, das muss dir doch klar sein, Tobias! Du bist derjenige, der diese Kinder aufnimmt. Es ist deine Entscheidung, wer hierherkommt und wer nicht. Genau wie bei den Angestellten!«
    Jules bückte sich und tat so, als würde sie ihre Schnürsenkel binden, nur für den Fall, dass jemand sie bemerkte.
    »Es ist meine Christenpflicht, denjenigen beizustehen, die meiner Hilfe am nötigsten bedürfen. Versuch bitte, das zu verstehen.«
    »Das versuche ich ja, Tobias, aber du hörst einfach nicht auf, mich zu bestrafen.«
    »Niemals.«
    Sie bestrafen? Wofür?
    »Damit werde ich niemals aufhören«, wiederholte er.
    »Es ist dieser Ausdruck in deinen Augen. Ich sehe, dass du dich bemühst, ihn zu verbergen, aber ich kenne dich, Tobias Lynch, und ich weiß, dass du mich beobachtest. Hast du eine Ahnung, wie es sich anfühlt, wie ein angeleintes Tier behandelt zu werden, wie ein kurz gehaltener Hund? Du vertraust Esau und Jakob mehr als deiner eigenen Frau!«
    »Den Hunden? Oh, Cora, das ist mir jetzt wirklich zu viel!«, donnerte er.
    »Du scheinst eine nahezu perverse Freude daran zu haben, mich zu quälen und zu schikanieren«, sagte sie leise, »und das auch noch unter dem Deckmantel, du würdest Gottes Willen ausführen. Das ist krank, Tobias. Gerade du, mit deinem verfluchten Doktor in Psychologie, solltest das wissen!«
    »Cora, du missverstehst das.«
    »Ach, tatsächlich?« Ihre Stimme wurde schrill. Jules nahm an, dass die Frau den Tränen nahe

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