S - Spur Der Angst
einer dick verpackten Cora Sue hinaus.
Gemeinsam gingen sie zum Blockhaus hinüber und stiegen die Stufen zur Veranda hinauf. Die Tür wurde geöffnet, und beide verschwanden im Innern.
»Lass mich raten«, sagte Jules und beäugte das gemütliche Haus. »Dort wohnt der Reverend.«
Trent nickte. »Wenn er da ist.«
»Und wie oft ist er das?«
»Die meiste Zeit über. Doch sein Frauchen ist nur selten hier.«
»Das kann ich mir denken. Ich habe ihre Villa am Lake Washington gesehen«, sagte Jules und dachte an das riesige Anwesen mit den separaten Flügeln, der prachtvollen Treppe, den Marmorfußböden und den gepflegten Außenanlagen. Das Bootshaus in Seattle war schicker als Lynchs Haus am Lake Superstition.
Drinnen gingen jetzt noch mehr Lichter an. Der Mann, der Cora Sue begleitet hatte, kam wieder heraus. Im Licht der Verandalampe erkannte Jules sein Gesicht: Es war Spurrier, der Pilot, der jetzt zum Range Rover zurückeilte und die Hecktür öffnete. Fast erwartete sie, die beiden schwarzen Pudel, Jakob und Esau, herausspringen und an die umstehenden Kiefern pinkeln zu sehen. Stattdessen hob der Pilot zwei riesige Louis-Vuitton-Rollkoffer aus dem Geländewagen. Ohne die kostbaren Gepäckstücke im Schnee abzustellen, trug er sie beide ins Haus.
»Was hältst du von Lynch?«, fragte Jules Trent.
»Die Adjektive aufgeblasen und selbstgerecht kommen mir als Erstes in den Sinn.«
»Dann sind wir ja derselben Meinung.«
»Das wäre das erste Mal«, stellte er grinsend fest. »Komm schon, wir dürfen keinen Verdacht erwecken. Es ist ohnehin alles schwierig genug.«
Er half Jules, ihre Sachen in ein Büro im Verwaltungsgebäude zu schaffen, wo ein Deputy zusammen mit Oberstudienrätin Hammersley Jules’ Gepäck durchging.
Rhonda Hammersley stellte unter Beweis, wie kräftig sie war, indem sie scheinbar mühelos Jules’ schwere Reisetasche auf den Tisch hob. Sie trug einen handgestrickten Pullover und eine braune Cordsamthose, ihr kurzes, gesträhntes Haar war tadellos frisiert, die Fingernägel perfekt manikürt, doch Jules entging nicht, dass sie dunkle Ringe unter den Augen hatte, die selbst das sorgfältig aufgetragene Make-up nicht verbergen konnte. Sie machte sich nicht die Mühe, ein Lächeln aufzusetzen, sondern kam gleich zur Sache. »Bitte entschuldigen Sie, aber ich nehme an, Sie verstehen, dass wir gar nicht vorsichtig genug sein können. Vor allem zum gegenwärtigen Zeitpunkt.«
Das kaufte Jules ihr nicht ab. Sie hatte den Eindruck, dass Rhonda Hammersley ganz gern in den Sachen anderer wühlte. Vielleicht genoss sie es, ihre bescheidene Macht auszukosten.
Die Studienrätin mit der Figur einer Marathonläuferin entdeckte Jules’ Handy und Laptop und wies sie ausdrücklich darauf hin, dass beides sorgfältig in Jules’ Privatunterkunft verschlossen werden müsse. Als sie und der Deputy zufrieden waren, wies sie Trent an, dem neuen Kollegiumsmitglied Stanton House und das Ein-Zimmer-Apartment zu zeigen, das Jules’ neues Zuhause sein sollte. Ganz oben unter dem Dach gelegen, war es geräumig und rustikal, mit Kiefernholzwänden, Wandleuchtern, die ein warmes Licht verströmten, sowie einer gemütlichen Fenstersitzbank, von der aus man den Campus überblicken konnte.
»Nicht schlecht, oder?«, bemerkte Trent, als er Jules’ Gepäck in einem kleinen, begehbaren Kleiderschrank unterbrachte, den sie auch als Abstellkammer benutzen konnte.
»Alles, was man zum Leben braucht«, sagte sie und ließ den Blick über die Küchenzeile mit einer Mikrowelle, einer Spüle, mehreren Hängeschränken und einem kleinen Kühlschrank gleiten. »Nur mein Kater fehlt mir.« Sie dachte an Diablo und fragte sich, wie es ihm in Mrs. Dixons Obhut wohl ergehen mochte. »Nicht dass er einen Ortswechsel vorgezogen hätte. Agnes Dixon, meine Nachbarin, passt auf ihn auf und wird ihn nach Strich und Faden verwöhnen. Und er wird es genießen!«
Trent stand nahe der Tür, als wäre er auf dem Sprung. Stirnrunzelnd warf er einen Blick auf die Uhr, doch noch bevor er etwas sagen konnte, ertönten Schritte auf den Treppenstufen.
Trent warf Jules einen Blick zu. »Schön, dass Sie hier sind, Ms. Farentino«, sagte er laut genug, dass der, der die Treppe heraufkam, ihn hören konnte.
»Sagen Sie doch Julia zu mir.«
»Hier nennen mich alle Trent«, erwiderte er, gerade als Rhonda Hammersley den Kopf durch die geöffnete Tür streckte. »Nun«, sagte sie, trat ein und blickte Jules fragend an. »Gefällt es Ihnen?«
Weitere Kostenlose Bücher