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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Land«, erklärte der Geist. »Es hätte niemals mit diesen Dingen auf einem Regal landen dürfen. Wo hast du das her?«
    »Ich habe es bei einem Ziegenhirten gegen ein paar Gewehre und Munition getauscht.«
    »Wie hieß der Mann, und wo kann ich ihn finden?«
    »Es war ein Beduine. Ich kenne seinen Namen nicht. Ich war geschäftlich in Ramadi, und er hat den Stein zusammen mit ein paar anderen Sachen verkaufen wollen. Er hat gesagt, er hätte die Tafel in der Wüste gefunden. Vielleicht stimmt es, vielleicht hat er sie aber auch gestohlen. In jedem Fall habe ich ihm einen guten Preis dafür gezahlt.« Er blickte den Geist an. »Und jetzt wirst du sie mir wegnehmen.«
    Der Geist wog diese neue Information ab. Ramadi lag eine halbe Tagesfahrt in Richtung Norden. Sowohl während der Invasion als auch während der Besatzung war die Stadt eines der Hauptwiderstandszentren gewesen. Sie war so oft bombardiert und beschossen worden, dass nur noch Trümmer von ihr übrig waren, und nun schien sie verflucht zu sein. Auch hatte dort einst einer von Saddams Palästen gestanden, der inzwischen jedoch restlos geplündert war. Der verstorbene Staatspräsident war ein eifriger Dieb und Sammler der Kunstschätze seines Landes gewesen. »Wie lange ist es her, dass du die Tafel gekauft hast?«
    »Ungefähr zehn Tage, während des Monatsmarktes.«
    Der Beduine konnte inzwischen sonst wo sein; immerhin standen ihm und seinen Schafen Hunderte von Quadratkilometern Wüste zur Verfügung. Der Geist hielt das Bündel in die Höhe, sodass der fette Mann es sehen konnte. »Wenn du noch mal so was findest, dann schnappst du es dir und gibst mir Bescheid. So wirst du mein Freund … Verstanden? Und du weißt, dass es durchaus nützlich sein kann, mich als Freund zu haben, und als Feind willst du mich sicher nicht.«
    Der Mann nickte.
    Kurz schaute der Geist ihm in die Augen; dann setzte er seine Schutzbrille wieder auf.
    »Was ist mit dem Rest von dem Zeug hier?«, fragte der Fahrer.
    »Lass es, wo es ist. Es ist nicht notwendig, dem Mann seinen Lebensunterhalt wegzunehmen.« Er drehte sich zur Leiter um und begann, wieder nach oben zu steigen.
    »Warte!«
    Der fette Mann schaute ihn verwirrt an. Der Gnadenakt kam völlig unerwartet.
    »Der Beduine … Er trägt eine rote Fußballkappe. Zum Scherz habe ich angeboten, sie ihm abzukaufen, aber da war er beleidigt. Er sagte, das sei sein wertvollster Besitz.«
    »Welche Mannschaft?«
    »Manchester United … die Roten Teufel.«

2
    Vatikanstadt, Rom
    Kardinalstaatssekretär Clementi nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette, während er wie ein fetter Gott, der an seiner Schöpfung verzweifelte, zu den Touristen auf dem Petersplatz hinunterblickte. Mehrere Gruppen standen unmittelbar unter ihm. Ihre Blicke wanderten ständig zwischen den Reiseführern in ihren Händen und dem Fenster hin und her, an dem Clementi stand. Er war ziemlich sicher, dass sie ihn nicht sehen konnten, zumal seine schwarze Soutane ihm dabei half, mit den Schatten zu verschmelzen. Außerdem suchten sie gar nicht nach ihm. Clementi nahm erneut einen tiefen Zug von seiner Zigarette und schaute zu, wie die Touristen ihren Fehler erkannten und sich zu den Fenstern der päpstlichen Wohnung weiter links umdrehten. Das Rauchen war im Gebäude verboten, doch als Kardinalstaatssekretär hatte Clementi so seine Privilegien, und er betrachtete es auch nicht als sonderlich schlimmen Fall von Amtsmissbrauch, in seinem Privatbüro zu rauchen. Außerdem beschränkte er sich für gewöhnlich auf zwei Zigaretten am Tag, doch heute war das anders. Heute rauchte Clementi schon seine fünfte, und es war noch nicht mal Mittag.
    Clementi nahm einen weiteren tiefen Zug, drückte die Zigarette in dem Marmoraschenbecher auf der Fensterbank aus und drehte sich dann wieder zu den schlechten Nachrichten auf seinem Schreibtisch um. Wie er es vorzog, waren die Morgenzeitungen wie die dazugehörigen Länder auf der Weltkarte angeordnet: links die amerikanischen Blätter, rechts die russischen und australischen und die europäischen in der Mitte. Für gewöhnlich unterschieden sich die Schlagzeilen je nach Region, doch wie schon seit über einer Woche waren sie auch heute alle identisch. Und alle zeigten sie das gleiche Bild: die düstere, dolchartige Bergfestung, die allgemein als ›Zitadelle‹ bekannt war, und die in der alten, türkischen Stadt Trahpah lag.
    Trahpah war ein Kuriosum in der modernen Kirche, ein antikes Machtzentrum, das zusammen mit

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