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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Hand – dies meine linke Hand – ich bin also nicht betrunken; ich stehe noch ziemlich gut, und spreche noch ziemlich gut.
    Alle
. Außerordentlich gut.
    Cassio
. Nun, recht gut also; ihr müßt also nicht meinen, daß ich betrunken sei. Er geht ab.
    Montano
.
    Jetzt zur Terrasse; laßt die Wachen stellen.
    Jago
.
    Da seht den jungen Mann, der eben ging:
    Ein Krieger, wert, beim Cäsar selbst zu stehn
    Und zu befehlen; doch ihr seht sein Laster:
    Es ist das Äquinoktium seiner Tugend,
    Eins ganz dem andern gleich. ’s ist schad’ um ihn!
    Das Zutraun, fürcht’ ich, das der Mohr ihm schenkt,
    Bringt Cypern Unglück, trifft die Schwachheit ihn
    Zu ungelegner Stunde.
    Montano
.
    Ist er oft so?
    Jago
.
    So ist er immer vor dem Schlafengehn:
    Er wacht des Zeigers Umkreis zweimal durch,
    Wiegt ihn der Trunk nicht ein.
    Montano
.
    Dann wär’ es gut,
    Man meldete den Fall dem General:
    Vielleicht, daß er’s nicht sieht; vielleicht gewahrt
    Sein gutes Herz die Tugend nur am Cassio,
    Und ihm entgehn die Fehler; ist’s nicht so?
    Rodrigo tritt auf.
    Jago
.
    Was soll’s, Rodrigo?
    Ich bitt’ Euch, folgt dem Leutnant nach – so geht!
    Rodrigo ab.
    Montano
.
    Und wahrlich schade, daß der edle Mohr
    So wicht’gen Platz als seinem zweiten Selbst
    Dem Mann vertraut, in dem die Schwachheit wuchert.
    Der tät’ ein gutes Wert, wer dies dem Mohren
    Entdeckte.
    Jago
.
    Ich nimmermehr, nicht für ganz Cypern.
    Ich liebe Cassio sehr und gäbe viel,
    Könnt’ ich ihn heilen. Horch! Was für ein Lärm?
    Man ruft hinter der Szene: »Hülfe! Hülfe.«
    Cassio kommt zurück und verfolgt den Rodrigo.
    Cassio
.
    Du Lump! Du Tölpel!
    Montano
.
    Nun, was ist Euch, Leutnant?
    Cassio
. Der Schurke! Pflicht mich lehren? Wart’, in eine Korkflasche prügle ich ihn hinein, den Wicht! –
    Rodrigo
.
    Mich prügeln?
    Cassio
.
    Muckst du, Kerl?
    Montano
.
    Still, lieber Leutnant!
    Er hält den Cassio zurück.
    Ich bitt’ Euch, haltet ein!
    Cassio
.
    Herr, laßt mich gehn,
    Sonst zeichn’ ich Eure Fratze, –
    Montano
.
    Geht, Ihr seid trunken! –
    Cassio
.
    Trunken?
    Sie fechten.
    Jago
.
    Fort, sag’ ich!
    Leise zu Rodrigo.
    Eil’ und rufe Meuterei!
    Rodrigo ab.
    Still doch, Herr Leutnant! Still doch, liebe Herrn!
    He, Hülfe! Leutnant, – Herr, – Montano, – Herr! –
    Helft, Nachbarn! – Nun, das ist ’ne saubre Wache!
    Wer zieht die Glocke denn? Oh, Diavolo!
    Die Stadt wird wach – Pfui, pfui doch, Leutnant! Halt!
    Ihr macht Euch ew’ge Schande.
    Othello kommt mit Gefolge.
    Othello
.
    Was gibt es hier? –
    Montano
.
    Ich blute! Er traf mich tödlich! Sterben soll er!
    Othello
.
    Bei Euerm Leben, halt! –
    Jago
.
    Halt! Leutnant, Herr! Montano, – liebe Herrn, –
    Vergaßt ihr allen Sinn für Rang und Pflicht? –
    Halt! Hört den General! O schämt euch! Halt!
    Othello
.
    Was gibt es hier? Woher entspann sich dies?
    Sind wir denn Türken? Tun uns selber das,
    Was dem Ungläubigen der Himmel wehrt?
    Schämt euch als Christen! Laßt eu’r heidnisch Raufen:
    Wer sich noch rührt und zäumt nicht seine Wut,
    Der wagt sein Leben dran; ein Schritt ist Tod
    Still mit dem Sturmgeläut’! Es schreckt die Insel
    Aus ihrer Fassung. Was geschah, ihr Herrn?
    Ehrlicher Jago, du siehst bleich vor Gram,
    Sprich, wer hub an? Bei deiner Lieb’, ich will’s.
    Jago
.
    Ich weiß nicht. Freunde jetzt noch, jetzt im Nu,
    Liebreich und gut wie Bräutigam und Braut,
    Wenn sie zu Bette gehn: und drauf im Nu
    (Als ob sie plötzlich ein Planet verwirrt)
    Das Schwert heraus, und auf einander stechend
    Im blut’gen Widerstreit! Ich kann nicht sagen,
    Wie dieser wunderliche Kampf begann,
    Und hätt’ in guter Schlacht die Beine lieber
    Verloren, die dazu hieher mich trugen.
    Othello
.
    Wie, Cassio, kam’s, daß du dich so vergaßest?
    Cassio
.
    Ich bitt’ Euch, Herr, verzeiht, ich kann nicht reden.
    Othello
.
    Würd’ger Montan, Ihr schient mir sonst gesittet;
    Die Ruh’ und edle Haltung Eurer Jugend
    Pries alle Welt, und Euer Name prangte
    Im Lob der Weisen: sagt mir denn, wie kam’s,
    Daß Ihr so abgestreift den guten Ruf,
    Und Eures Leumunds Reichtum für den Namen
    Des nächt’gen Raufers hinwerft? Gebt mir Antwort!
    Montano
.
    Würd’ger Othello, ich bin schwer verwundet;
    Eu’r Fähndrich Jago kann Euch Meldung tun –
    Mir fällt das Reden schwer, ich spart’ es gern –
    Von allem, was ich weiß – doch wüßt’ ich nicht,
    Worin ich mich in Wort noch Tat versündigt,
    Wenn Selbsterhaltung nicht ein Frevel ist
    Und unser

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