Sämtliche Dramen
geblüht: –
Beruh’ge dich! – Beim Kreuz! Der Morgen graut,
Vergnügen und Geschäft verkürzt die Zeit. –
Entferne dich; geh jetzt in dein Quartier:
Fort, sag’ ich, du erfährst in kurzem mehr. –
Nein, geh doch nur!
Rodrigo ab.
Zwei Dinge sind zu tun:
Mein Weib muß ihre Frau für Cassio bitten,
Ich stimme sie dazu;
Indes nehm’ ich den Mohren auf die Seite
Und führ’ ihn just hinein, wenn Cassio dringend
Sein Weib ersucht. Nun helfe mir der Trug!
So muß es gehn: fort Lauheit und Verzug! –
Er geht ab.
¶
DRITTER AUFZUG
Erste Szene
Vor dem Schlosse.
Cassio tritt auf mit Musikanten.
Cassio
.
Ihr Herrn, spielt auf, ich zahl’ euch eure Müh’:
Ein kurzes Stück, als Morgengruß dem Feldherrn.
Musik. Der Narr tritt auf.
Narr
. Nun, ihr Herren? Sind eure Pfeifen in Neapel gewesen, daß sie so durch die Nase schnarren? – Aber hier ist Geld für euch, ihr Herren, und dem General gefällt eure Musik so ausnehmend, daß er euch um alles in der Welt bitten läßt, keinen Lärm mehr damit zu machen.
Musikanten
. ’s ist gut, Herr, das wollen wir auch nicht.
Narr
. Wenn ihr eine Musik habt, die gar nicht zu hören ist, in Gottes Namen; aber was man sagt, Musik hören: danach fragt der General nicht viel.
Musikanten
. Solche haben wir nicht, Herr.
Narr
. Dann steckt eure Pfeifen wieder in den Sack, denn ich will fort. Geht! – Verschwindet in die Lüfte. Husch!
Die Musikanten gehn ab.
Cassio
. Hörst du, mein ehrliches Gemüt? –
Narr
. Nein, Eu’r ehrliches Gemüt hör’ ich nicht; ich höre Euch.
Cassio
. Ich bitt’ dich, laß deine Witze! Hier hast du ein kleines Goldstückchen; wenn die Gesellschaftsdame deiner Gebieterin schon munter ist, sag’ ihr; hier sei ein gewisser Cassio, der sie um die Vergünstigung eines kurzen Gesprächs bitte. Willst du das tun?
Narr
. Munter ist sie, Herr; wenn sie sich hierher ermuntern will, so werd’ ich’s ihr insinuieren.
Narr ab. Jago tritt auf.
Cassio
.
Dank, lieber Freund! Ei, Jago, grade recht! –
Jago
.
So gingt Ihr nicht zu Bett?
Cassio
.
Ich? Nein, der Morgen graute,
Eh’ wir uns trennten. Eben jetzt, mein Jago,
Schickt’ ich zu deiner Frau, und ließ sie bitten,
Sie wolle bei der edlen Desdemona
Mir Zutritt schaffen.
Jago
.
Ich will gleich sie rufen;
Und auf ein Mittel sinn’ ich, wie der Mohr
Entfernt wird, daß Ihr um so freier Euch
Besprechen mögt.
Ab.
Cassio
.
Von Herzen dank’ ich dir’s. – Ich kannte nie
’nen Florentiner, der so brav und freundlich.
Emilia tritt auf.
Emilia
.
Guten Morgen, werter Leutnant. Euer Unfall
Betrübt mich sehr, doch wird noch alles gut.
Der General und seine Frau besprechen’s,
Und warm vertritt sie Euch; er wendet ein,
Der junge Mann sei hochgeschätzt in Cypern,
Von großem Anhang; und nach bestem Rat
Könn’ er Euch nicht verteid’gen. Doch er liebt Euch,
Und keines Fürworts braucht’s, als seine Freundschaft,
Euch wieder einzusetzen.
Cassio
.
Dennoch bitt’ ich –
Wenn Ihr’s für ratsam haltet oder tunlich –,
Schafft mir die Wohltat einer Unterredung
Allein mit Desdemona!
Emilia
.
Kommt mit mir:
Ich richt’ es ein, daß Ihr in günst’ger Muße
Euch frei erklären mögt.
Cassio
.
Wie dank’ ich Euch!
Sie gehn ab.
¶
Zweite Szene
Ebendaselbst.
Othello, Jago und Edelleute treten auf.
Othello
.
Die Briefe, Jago, gib dem Schiffspatron,
Und meinen Gruß entbiet’ er dem Senat;
Ich will hernach die Außenwerke sehn,
Dort triffst du mich.
Jago
.
Sehr wohl, mein General.
Othello
.
Beliebt’s, ihr Herrn, zur Festung mir zu folgen? –
Edelleute
.
Wir sind bereit, mein gnäd’ger Herr.
Sie gehn ab.
¶
Dritte Szene
Ebendaselbst.
Desdemona, Cassio und Emilia treten auf.
Desdemona
.
Nein, zweifle nicht, mein guter Cassio, alles,
Was mir nur möglich, biet’ ich für dich auf.
Emilia
.
Tut’s, edle Frau; ich weiß, mein Mann betrübt sich,
Als wär’ es seine Sache.
Desdemona
.
Er ist ein ehrlich Herz. Sei ruhig, Cassio,
Ich mache meinen Herrn und dich aufs neue
Zu Freunden, wie ihr wart.
Cassio
.
O güt’ge Frau,
Was auch aus Michael Cassio werden mag,
Auf immer bleibt er Eurem Dienst ergeben.
Desdemona
.
Ich dank’ Euch, Cassio. – Ihr liebt ja meinen Herrn,
Ihr kennt ihn lange schon; drum seid gewiß,
Er wendet sich nicht ferner von Euch ab,
Als ihn die Klugheit zwingt.
Cassio
.
Doch, gnäd’ge Frau.
Die Klugheit währt vielleicht so lange Zeit,
Lebt von so magrer,
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