Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
Vom Netzwerk:
wirklich! – Find’st du was darin?
    Ist er nicht ehrlich?
    Jago
.
    Ehrlich, gnäd’ger Herr?
    Othello
.
    Ehrlich, ja ehrlich!
    Jago
.
    So viel ich weiß, Gen’ral!
    Othello
.
    Was denkst du, Jago?
    Jago
.
    Denken, gnäd’ger Herr?
    Othello
.
    Hm, denken, gnäd’ger Herr! Bei Gott, mein Echo!
    Als läg’ ein Ungeheu’r in seinem Sinn,
    Zu gräßlich, es zu zeigen. – Etwas meinst du:
    Jetzt eben riefst du: »Das gefällt mir nicht!« –
    Als Cassio fortging. Was gefällt dir nicht? –
    Und als ich sagt’, ihm hab’ ich mich vertraut
    Im Fortgang meiner Werbung, riefst du: »Wirklich?«
    Und zogst und faltetest die Stirn zusammen,
    Als hielt’st du einen greulichen Gedanken
    Verschlossen im Gehirn: – wenn du mich liebst,
    Sprich, was du denkst!
    Jago
.
    Ihr wißt, ich lieb’ Euch, Herr!
    Othello
.
    Das, denk’ ich, tust du;
    Und weil ich weiß, du bist mein Freund, und redlich,
    Und wägst das Wort, eh’ du ihm Atem leihst,
    So ängstet mich dies Stocken um so mehr –
    Denn derlei ist bei falsch treulosen Buben
    Alltäglich Spiel; doch bei dem Biedermann
    Heimlicher Wink, der aus dem Herzen dringt
    Im Zorn des Edelmuts.
    Jago
.
    Nun, Michael Cassio –
    Ich darf wohl schwören, ehrlich halt’ ich ihn.
    Othello
.
    Ich auch.
    Jago
.
    Man sollte sein das, was man scheint;
    Und die es nicht sind, sollten’s auch nicht scheinen.
    Othello
.
    Ganz recht, man sollte sein das, was man scheint.
    Jago
.
    Nun wohl, so halt’ ich Cassio dann für ehrlich.
    Othello
.
    Nein, damit meinst du mehr:
    Ich bitt’ dich, sprich mir ganz so, wie du denkst,
    Ganz wie du sinnst; und gib dem schlimmsten Denken
    Das schlimmste Wort!
    Jago
.
    Mein General, verzeiht:
    Obgleich zu jeder Dienstpflicht Euch verbunden,
    Nicht bin ich’s da, wo Sklaven frei sich fühlen.
    Aussprechen die Gedanken!
    Gesetzt, sie wären niedrig und verkehrt –
    Wo ist der Palast, wo nicht auch einmal
    Schändliches eindringt? Wessen Herz so rein,
    Daß der und jener schmutz’ge Zweifel nicht
    Einmal zu Rat sitzt und Gerichtstag hält
    Mit rechtsgemäßer Forschung?
    Othello
.
    Du übst Verrat an deinem Freunde, Jago,
    Glaubst du, man kränk’ ihn, und verhüllst ihm doch,
    Was du nun irgend denken magst.
    Jago
.
    Ich bitt’ Euch,
    Wenn auch vielleicht falsch ist, was ich vermute
    (Wie’s, ich bekenn’ es, stets mein Leben quält,
    Fehltritten nachgehn; auch mein Argwohn oft
    Aus Nichts die Sünde schafft), daß Eure Weisheit
    Auf einen, der so unvollkommen wahrnimmt,
    Nicht hören mag; noch Unruh’ Euch erbaun
    Aus seiner ungewiß zerstreuten Meinung; –
    Nicht kann’s bestehn mit Eurer Ruh’ und Wohlfahrt,
    Noch meiner Mannheit, Redlichkeit und Vorsicht,
    Sag’ ich Euch, was ich denke.
    Othello
.
    Sprich, was meinst du?
    Jago
.
    Der gute Name ist bei Mann und Frau,
    Mein bester Herr,
    Das eigentliche Kleinod ihrer Seelen.
    Wer meinen Beutel stiehlt, nimmt Tand; ’s ist etwas
    Und nichts; mein war es, ward das Seine nun,
    Und ist der Sklav’ von Tausenden gewesen,
    Doch wer den guten Namen mir entwendet,
    Der raubt mir das, was ihn nicht reicher macht,
    Mich aber bettelarm.
    Othello
.
    Beim Himmel! ich will wissen, was du denkst.
    Jago
.
    Ihr könnt’s nicht, läg’ in Eurer Hand mein Herz.
    Noch sollt Ihr’s, weil es meine Brust verschließt.
    Othello
.
    Ha! –
    Jago
.
    Oh, bewahrt Euch, Herr, vor Eifersucht,
    Dem grüngeaugten Scheusal, das besudelt
    Die Speise, die es nährt! – Heil dem Betrognen,
    Der, seiner Schmach bewußt, die Falsche haßt!
    Doch welche Qualminuten zählt der Mann,
    Der liebt, verzweifelt; argwohnt und vergöttert!
    Othello
.
    O Jammer! –
    Jago
.
    Arm und vergnügt ist reich und überreich;
    Doch Krösus’ Reichtum ist so arm als Winter
    Für den, der immer fürchtet, er verarme: –
    O Himmel, schütz’ all meiner Freunde Herz
    Vor Eifersucht! –
    Othello
.
    Wie? Was ist das? Denkst du,
    Mein Leben soll aus Eifersucht bestehn? –
    Und wechseln, wie der Mond, in ew’gem Schwanken
    Mit neuer Furcht? Nein, einmal Zweifeln macht
    Mit eins entschlossen. Vertausch’ mich mit ’ner Geiß,
    Wenn ich das Wirken meiner Seele richte
    Auf solch verblasnes, nichtiges Phantom,
    Wahnspielend, so wie du. Nicht weckt mir’s Eifersucht,
    Sagt man, mein Weib ist schön, gedeiht, spricht scherzend,
    Sie liebt Gesellschaft, singt, spielt, tanzt mit Reiz: –
    Wo Tugend ist, macht das noch tugendhafter. –
    Noch schöpf’ ich je aus meinen eignen Mängeln
    Die kleinste Furcht, noch Zweifel ihres Abfalls;
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher