Sämtliche Dramen
ein Schelm sein! –
Othello
beiseit. Ich trage also dein Brandmal? – Gut! –
Cassio
. Das hat der Affe selbst unter die Leute gebracht.
Aus Eitelkeit hat sie sich’s in den Kopf gesetzt, ich werde sie heiraten; nicht weil ich’s versprochen habe.
Othello
beiseit. Jago, winkt mir, nun fängt er die Geschichte an.
Cassio
. Eben war sie hier; sie verfolgt mich überall. Neulich stand ich am Strande und sprach mit einigen Venetianern, da kommt wahrhaftig der Grasaffe hin und, so wahr ich lebe, fällt mir so um den Hals. –
Othello
beiseit. Und ruft: »O lieber Cassio!« oder etwas Ähnliches; denn das deutet seine Gebärde.
Cassio
. Und hängt, und küßt, und weint an mir, und zerrt und zupft mich. Ha, ha, ha! –
Othello
beiseit. Jetzt erzählt er, wie sie ihn in meine Kammer zog: Oh, ich sehe deine Nase, aber noch nicht den Hund, dem ich sie vorwerfen will.
Cassio
. In der Tat, ich muß sie aufgeben.
Jago
. Mein’ Seel’! – Sieh, da kommt sie.
Bianca tritt auf.
Cassio
. Das ist eine rechte Bisamkatze! Was willst du nur, daß du mir so nachläufst?
Bianca
. Mag der Teufel und seine Großmutter dir nachlaufen! – Was hast du mit dem Taschentuch vor, das du mir jetzt eben gabst? Ich war eine rechte Närrin, daß ich’s nahm. Ich soll die ganze Arbeit abzeichnen? Recht wahrscheinlich, daß du’s in deinem Zimmer sollst gefunden haben und nicht wissen, wer’s daließ ’s ist das Geschenk irgendeines Schätzchens, und ich soll die Arbeit abzeichnen? Da gib’s deinem Steckenpferde: woher du’s auch hast, ich werde die Stickerei nicht abzeichnen.
Cassio
. Still doch, meine süße Bianca! still doch, still! –
Othello
beiseit. Beim Himmel, ist das nicht mein Taschentuch?
Bianca
. Willst du heut abend zum Essen kommen, so tu’s; willst du nicht, so komm ein andermal, wenn du Lust hast! Ab.
Jago
. Geh ihr nach, geh ihr nach!
Cassio
. Das muß ich wohl, sonst zankt sie noch in der Straße.
Jago
. Willst du zu Abend bei ihr essen?
Cassio
. Ich denke, ja!
Jago
. Vielleicht treff’ ich dich dort, denn ich hätte in der Tat notwendig mit dir zu reden.
Cassio
. Bitt’ dich, komm! Willst du? –
Jago
. Gut, nichts mehr.
Cassio ab.
Othello
. Wie mord’ ich ihn, Jago?
Jago
. Bemerktet Ihr’s, wie er zu seiner Schandtat lachte?
Othello
. Oh, Jago!
Jago
. Und saht Ihr das Tuch? –
Othello
. War’s meines?
Jago
. Eures, bei dieser Hand: und seht nur, wie er das törichte Weib, Eure Gattin achtet! Sie schenkte es ihm, und er schenkt es seiner Dirne. –
Othello
.
O daß ich neun Jahre an ihm morden könnte! –
Ein hübsches Weib, ein schönes Weib, ein süßes Weib! –
Jago
. Das müßt Ihr jetzt vergessen.
Othello
. Mag sie verfaulen und verderben und zur Hölle fahren zu Nacht; denn sie soll nicht leben. Nein, mein Herz ist zu Stein geworden; ich schlage daran, und die Hand schmerzt mich. Oh, die Welt besitzt kein süßeres Geschöpf; sie hätte an eines Kaisers Seite ruhen und ihm Sklavendienste gebieten können.
Jago
. Nein, daran müßt Ihr nicht denken.
Othello
. Sei sie verdammt! Ich sage nur, was sie ist: – So geschickt mit ihrer Nadel! – Eine wunderwürdige Tonkünstlerin! – Oh! sie würde die Wildheit eines Bären zahm singen! – Von so feinem, herrlichem Witz, so geistreich! –
Jago
. Und deshalb so schlimmer.
Othello
. O tausend-, tausendmal! – Und dann von so holder Gefälligkeit! –
Jago
. Freilich zu gefällig! –
Othello
. Ja, ganz gewiß: aber, wie schade dennoch, Jago! –
Oh, Jago! wie schade, Jago! –
Jago
. Wenn Ihr verliebt in ihre Süden seid, so gebt ihr einen Freibrief zu freveln; denn wenn’s Euch nicht rührt, geht es keinen etwas an.
Othello
. Ich will sie in Stücke hacken. Mir Hörner aufsetzen! –
Jago
. Oh, es ist schändlich von ihr.
Othello
. Mit meinem Leutnant! –
Jago
. Das ist noch schändlicher.
Othello
. Schaff’ mir Gift, Jago, diese Nacht: – Ich will sie nicht zur Rede stellen, damit ihre Gestalt und Schönheit meinen Zorn nicht wieder entwaffnen: –Diese Nacht, Jago!
Jago
. Tut es nicht mit Gift; erdrosselt sie in ihrem Bett, demselben Bett, das sie entehrt hat!
Othello
. Gut! die Gerechtigkeit darin gefällt mir; sehr gut!
Jago
.
Und Cassio, – diesen übernehm’ ich selbst:
Um Mitternacht erfahrt Ihr mehr.
Man hört eine Trompete.
Othello
.
Vortrefflich! – Horch, was meldet die Trompete?
Jago
.
Nachricht wohl von Venedig; ’s ist Lodovico,
Gesandt vom Herzog: mit ihm kommt Eu’r
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