Sämtliche Dramen
stolzieren!
Cleopatra
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Kam’s so weit?
Antonius
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Ich fand Euch, einen kaltgewordnen Bissen
Auf Cäsars Teller, ja ein Überbleibsel
Cnejus Pompejus’; andrer heißer Stunden
Gedenk’ ich nicht, die Eure Lust sich auflas
Und nicht der Leumund nennt: denn ganz gewiß,
Wenn Ihr auch ahnen mögt, was Keuschheit sei,
Ihr habt sie nie gekannt! –
Cleopatra
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Was soll mir das?
Antonius
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Daß solch ein Sklav’, der wohl ein Trinkgeld nimmt
Und spricht: »Gott lohn’ Euch!« keck sich wagt an meine
Gespielin, Eure Hand, dies Königssiegel
Und großer Herzen Pfand! O daß ich stände
Auf Basans Hügel, die gehörnte Herde
Zu überbrüllen! Ward ich doch zum Stier:
Dies sanft verkünden, wär’ wie ein armer Sünder,
Der mit umstricktem Hals dem Henker dankt,
Daß er’ s so rasch gemacht. –
Diener kommen mit Thyreus zurück.
Ward er gepeitscht? –
Diener
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Recht derb, mein Feldherr.
Antonius
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Schrie er? fleht’ um Gnade? –
Diener
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Er bat um Schonung.
Antonius
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Hast du ’nen Vater noch, der soll’s bereun,
Daß du kein Weib geworden. Dir sei Angst,
Cäsarn in seinem Glück zu folgen, seit
Du für dein Folgen wardst gepeitscht: Fortan
Schreck’ dich im Fieber jede Damenhand,
Und schüttle dich der Anblick! Geh zum Cäsar,
Erzähl’ ihm deinen Willkomm’; sag ihm ja,
Daß er mich zornig macht: er scheint durchaus
Stolz und Verschmähn, nur schauend, was ich bin,
Vergessend, was ich war. Er macht mich zornig;
Und dazu kommt es leicht in dieser Zeit,
Seit gute Sterne, die mich sonst geführt,
Verließen ihre Bahn und ihren Glanz
Zum Pfuhl der Hölle sandten. Steht mein Wort
Und was geschehn Cäsarn nicht an, sag ihm,
Hipparchus, meinen Freigelass’nen, hab’ er,
Den soll nach Lust er peitschen, hängen, foltern,
Dann ist er wett mit mir: so zeig’ ihm an! –
Nun fort mit deinen Striemen! – Geh! –
Thyreus ab.
Cleopatra
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Seid Ihr zu Ende?
Antonius
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Ach! unser ird’scher Mond
Ist nun verfinstert, und das deutet nur
Den Fall des Marc Anton!
Cleopatra
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Ich muß schon warten.
Antonius
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Cäsarn zu schmeicheln, konntest du liebäugeln
Dem Sklaven, der den Gurt ihm schnallt?
Cleopatra
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Das glaubst du?
Antonius
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Kalt gegen mich?
Cleopatra
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Ah, Teurer, ward ich das,
Verhärte Zeus mein kaltes Herz zu Hagel,
Vergift’ ihn im Entstehn, und send’ auf mich
Die erste Schloße: wie sie trifft mein Haupt,
Schmelze mein Leben hin! Cäsarion töte
Die nächst’, und das Gedächtnis meines Schoßes,
Und nach und nach mein ganz Ägypter Volk
Lieg’ ohne Grab, wenn der kristallne Regen
Zergeht, bis Nilus’ Mücken sie und Fliegen
Als Raub bestatteten!
Antonius
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Ich bin befriedigt. –
Cäsar rückt vor auf Alexandrien;
Da will ich ihn erwarten. Unser Landheer
Hielt rühmlich stand; auch die zerstreuten Schiffe
Sind nun vereint und drohn im Meer als Flotte. –
Wo warst du, kühnes Herz? ... Hörst du, Geliebte:
Wenn ich vom Schlachtfeld nochmals wiederkehre,
Den Mund zu küssen, komm’ ich ganz in Blut;
Ich und mein Schwert sind Schnitter für die Chronik;
’s ist noch nicht aus! –
Cleopatra
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Das ist mein wackrer Held! –
Antonius
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Ich will verdoppeln Herz und Mut und Sehnen,
Und wütig fechten. Sonst, als meine Zeit
Noch leicht und hell, erkauft’ ein Mann sein Leben
Durch einen Scherz; nun setz’ ich ein die Zähne,
Zur Höll’ entsendend, was mich aufhält. Kommt,
Noch einmal eine wilde Nacht: ruft mir
All meine ernsten Krieger; füllt die Schalen,
Die Mitternacht noch einmal wegzuspotten! –
Cleopatra
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Morgen ist mein Geburtstag:
Ich wollt’ ihn still begehn, doch da mein Herr
Antonius wieder ward, bin ich Cleopatra.
Antonius
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So halten wir uns dran.
Cleopatra
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Ruft alle tapfern Krieger meines Herrn!
Antonius
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Tut das, ich sprech’ sie an. Heut nacht soll Wein
Aus ihren Narben glühn. Kommt, Königin,
Noch frischer Mut! Und kämpf’ ich morgen, soll
Der Tod in mich verliebt sein; denn wetteifern
Will ich mit seiner völkermäh’nden Sichel.
Antonius mit Cleopatra und Gefolge ab.
Enobarbus
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Den Blitz nun übertrotzt er. Tollkühn sein,
Heißt aus der Furcht geschreckt sein: so gelaunt,
Hackt auf den Strauß die Taub’; und immer seh’ ich,
Wie unserm Feldherrn der Verstand entweicht,
Wächst ihm das Herz. Zehrt Mut das Urteil auf,
Frißt er das Schwert, mit dem er kämpft. Ich sinne,
Auf welche Art ich ihn verlassen mag. –
Ab.
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VIERTER AUFZUG
Erste
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