Sämtliche Dramen
Fischer treten auf.
Erster Fischer
. He! Leder-Wams!
Zweiter Fischer
. Ja, ich komme schon mit den Netzen.
Erster Fischer
. Du! Flick-Hose, du!
Dritter Fischer
. Was gibt’s, Meister?
Erster Fischer
. Sieh’, wie du trendelst! Mach fort, oder ich werde dir übers Fell kommen.
Dritter Fischer
. Meister, ich dachte meiner Treu eben an die armen Menschen, die vor unsern Augen untergingen in diesem Augenblicke.
Erster Fischer
. Jawohl, die armen Leute; es ging mir durch die Seele, daß sie so kläglich schrien; wir sollten ihnen helfen; du lieber Himmel! Wir konnten uns kaum selber helfen.
Dritter Fischer
. Meister, hab’ ich’s nicht voraus gesagt, als ich die Meerschweine so springen und tanzen sah? Sie sollen halb Fisch und halb Fleisch sein; hol’ sie doch der Henker! Sobald sie sich sehen lassen, kann ich mich auf eine gute Wäsche gefaßt machen. – Meister, wie können doch nur die Fische in der See leben?
Erster Fischer
. Nun! Eben so, wie die Menschen zu Lande; die Großen fressen die Kleinen. Unsre reichen Geizhälse kann ich mit nichts so gut, als mit einem Walfische vergleichen; der spielt und bäumt, und treibt die armen kleinen Fische vor sich her, bis er sie zuletzt all’ mit einem Schluck hinunterschlingt. Solche Walfische soll es auch auf dem Lande geben, die solange das Maul aufsperren, bis sie das ganze Kirchsprengel, Kirche, Glockenturm, Glocken und alles hinuntergeschluckt haben.
Perikles
beiseit. Eine gute Anwendung.
Dritter Fischer
. Meister, wär’ ich der Küster gewesen, so hätt’ ich an dem Tage im Glockenhause sein mögen.
Erster Fischer
. Warum?
Dritter Fischer
. Dann hätte er mich mit verschlungen; so wie ich nun in seinem Bauche gewesen wäre, so wollte ich mit den Glocken solchen Lärm angefangen haben, daß er keine Ruhe gehabt hätte, bis er Glocken, Turm, Kirche und Sprengel wieder ausgespieen hätte. Wenn aber nur der gute König Simonides meine Gedanken hätte. –
Perikles
beiseit. Simonides?
Dritter Fischer
. Dann wollten wir das Land schon von diesen Drohnen reinigen, die den Bienen ihren Honig stehlen.
Perikles
.
Wie von der Art der schupp’gen Seegeschöpfe,
Sie sprechen von Gebrechlichkeit der Menschen,
So können sie mit ihren Wasserreichen
Der Menschen gut und böses Tun vergleichen.
Glücklichen Fang, ehrliche Fischersleute!
Zweiter Fischer
. Ehrlich? Lieber Freund, was meint Ihr damit? Ist es ein Tag, den Ihr brauchen könnt, so nehmt ihn Euch nur aus dem Kalender heraus, und kein Mensch wird ihn vermissen.
Perikles
. Auf Eure Küste warf die See mich aus. –
Zweiter Fischer
. Welch ein betrunk’ner Schuft von See, dich hier, uns in den Weg auszuwerfen!
Perikles
.
Ein Mann, den Stürm’ und Wasserfluten hier
In diesem weiten Ballhof umgeschleudert
Zum wilden Spiel, der Euch um Mitleid bittet,
Euch fleht nun an, der niemals betteln lernte.
Erster Fischer
. Nicht betteln könnt Ihr, mein Freund? Es gibt ihrer hier in unserm Griechenlande, die mit Betteln mehr verdienen, als wir mit Arbeiten.
Zweiter Fischer
. So kannst du doch wohl Fische fangen?
Perikles
. Ich hab’ es nie geübt.
Zweiter Fischer
. Dann mußt du ohne Frage verhungern, denn hier bringt man heutzutage nichts vor sich, wenn man nicht darnach fischt.
Perikles
.
Was ich gewesen, hab’ ich schon vergessen,
Bedürfnis lehrt mich, was ich jetzo bin:
Ein Mann erstarrt, den Frost in allen Adern,
Nur kaum belebt, der Zunge so viel Wärme
Zu leih’n, um Euch um Hülfe anzusprechen,
Versagt Ihr die, laßt mich nach meinem Sterben,
Weil ich ein Mensch doch bin, ein Grab erwerben.
Erster Fischer
. Sterben sagt er? Das sollen die Götter verhüten! Hier hab’ ich einen Mantel; komm, zieh’ ihn an! Halt’ dich warm. Nun, meiner Seel’, ein recht hübscher Mensch! Komm, du sollst mit mir geh’n, du sollst Fleisch haben für alle Tage, Fische an den Fasttagen, und noch etwas mehr, oder Pudding und Eierkuchen, und herzlich sollst du mir willkommen sein.
Perikles
. Ich danke dir, mein Freund.
Zweiter Fischer
. Hört doch, Freund; Ihr sagtet ja, Ihr könntet nicht betteln?
Perikles
. Ich ersuchte Euch nur.
Zweiter Fischer
. So! Ersuchte nur? Nun, so will ich auch ein Ersucher werden, um dem Auspeitschen zu entgehen.
Perikles
. Werden denn alle Bettler hier ausgepeitscht?
Zweiter Fischer
. O nein, nicht alle, Freund, nicht alle; denn wenn alle Bettler ausgepeitscht würden, so möcht’ ich mir kein besseres Amt, als die Büttelstelle wünschen. Aber, Meister,
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