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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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anders,
    Als was ich scheine, bin ich.
    Perikles
.
    Wehschwanger bring’ ich Tränen nun zur Welt. –
    Mein holdes Weib war diesem Mädchen gleich,
    So könnte meine Tochter jetzo sein;
    Der Königin Brauen, völlig ihre Größe,
    Gewachsen wie ein Rohr, die Silberstimme,
    Juwel das Aug’, und auch so reich gefaßt,
    Juno im Gang;
    Das Ohr erstirbt, wenn sie es nährt, wird hung’rig,
    So mehr sie ihm der Rede gibt. – Wo lebst du?
    Marina
.
    Wo ich nur Fremdling bin; Ihr könnt den Ort
    Wohl vom Verdecke seh’n.
    Perikles
.
    Und wo erzogen?
    Wie wurden diese Gaben dir, die Zier
    Von dir empfangen?
    Marina
.
    Meine Geschichte, wollt’ ich sie erzählen,
    Sie schiene Lüge, die man nur verhöhnt.
    Perikles
.
    Nein, sprich, von dir kann keine Falschheit kommen,
    Du siehst bescheiden, wie das Recht, und scheinst
    Ein Palast, wo gekrönte Wahrheit wohnt;
    Dir will ich glauben,
    Mein Sinn soll deinem Wort durchaus vertrau’n,
    Bis zu Unmöglichkeiten, denn du gleichst
    Jemand, den ich geliebt. Wem stamm’st du ab?
    Du sagtest ja, als ich dich von mir stieß, –
    Gleich als ich dich zuerst geseh’n, – du sei’st
    Von guter Abkunft?
    Marina
.
    Das hab’ ich gesagt.
    Perikles
.
    So nenne dein Geschlecht; mir dünkt, du sagtest,
    Es sei dir Schmach und Kränkung widerfahren;
    Du meintest, daß dein Leid wohl meinem gliche,
    Wenn beide kund.
    Marina
.
    Ich sagte was, dem ähnlich,
    Und sagte nur damit, was mein Gedanke
    Mir als nicht unwahrscheinlich will verbürgen.
    Perikles
.
    Erzähl’ dein Leid, und wenn es, recht erwogen,
    Ein Tausendteil von meinem Drangsal ist,
    Bist du ein Mann, ich habe Mädchen gleich
    Erlitten; ja du siehst aus, wie Geduld
    Die Königsgräber anschau’t, und mit Lächeln
    Entwaffnet das Verzweifeln – und die Eltern?
    Und wie verlor’st – wie heißt du, zart’ste Jungfrau?
    Nun sag’, ich bitte; komm, sitz’ zu mir her.
    Marina
.
    Marina ist mein Nam’.
    Perikles
.
    Ich werd’ ein Spott –
    Ein zorn’ger Gott hat dich hierher gesandt,
    Daß mich die Welt verlachen soll!
    Marina
.
    Geduld,
    Mein Fürst, sonst schließ’ ich hier.
    Perikles
.
    Ich bin geduldig;
    Du denkst wohl nicht, wie sehr du mich erschreckt,
    Daß du Marina dich genannt.
    Marina
.
    Der Name
    Ward mir von einem Mächtigen gegeben,
    Vom Vater, der ein König war.
    Perikles
.
    Wie? Königstochter? Und genannt Marina?
    Marina
.
    Ihr habt versprochen, mir zu glauben,
    Doch um nicht Eure Ruhe mehr zu stören,
    Beschließ’ ich hier.
    Perikles
.
    Doch bist du Fleisch und Blut?
    Schlägt denn dein Puls, und bist du keine Fee?
    Kein Blendwerk? – Weiter: wo ward’st du geboren?
    Warum Marina denn genannt?
    Marina
.
    Marina,
    Weil ich zur See geboren ward.
    Perikles
.
    Zur See?
    Und wer war deine Mutter?
    Marina
.
    Sie war die Tochter eines Königes,
    Sie starb im Augenblick, als ich geboren,
    Wie mir mit Tränen oft die gute Amme
    Lychorida erzählt’.
    Perikles
.
    Ein Weilchen still’! – Dies ist der schönste Traum,
    Womit noch dummer Schlaf je trauernde Narren höhnte:
    Das kann nicht die begrab’ne Tochter sein –
    Sei’s denn! – Wo ward’st erzogen? Ich will hören
    Bis auf den Grund, dich nicht mehr unterbrechen.
    Marina
.
    Ihr höhnt mich, glaubt, am besten wär’s zu enden.
    Perikles
.
    Ich will dir ja zur letzten Silbe glauben,
    Was du auch sag’st.
    Nun sei so gut, wie kamst du denn hierher?
    Wo wurdest du erzogen?
    Marina
.
    Zu Tharsus ließ der König mich, mein Vater,
    Bis Cleon und sein gottvergessenes Weib
    Mich morden wollten.
    Zur Tat war schon ein Bösewicht gedungen,
    Der zog sein Schwert bereits,
    Als eine Schar Seeräuber mich erlöste,
    Und mich nach Mitylene brachte. – Lieber Herr,
    Was macht Ihr mit mir? Warum weint Ihr denn?
    Ihr mögt mich für Betrügerin wohl achten;
    Nein, wahrlich,
    Ich bin das Kind des Königs Perikles,
    Wenn er noch lebt, der gute Perikles.
    Perikles
.
    He! Helicanus!
    Helicanus
.
    Ruft mein Herr?
    Perikles
.
    Du bist ein ernster und ein edler Rat,
    Stets weise: sage mir denn, wenn du kannst,
    Wer ist dies Mädchen? Wer wohl kann sie sein,
    Die so mich weinen macht?
    Helicanus
.
    Das weiß ich nicht,
    Doch ist hier der Regent von Mitylene,
    Der edel von ihr spricht.
    Lysimachus
.
    Sie wollte nie von ihrer Abkunft sagen,
    Wenn man sie fragte, saß sie nur und weinte.
    Perikles
.
    O Helicanus, schlag’ mich, edler Freund!
    Verwunde mich, mach’ mir fühlbaren Schmerz,
    Daß nicht dies Freudenmeer, das auf mich stürzt,
    Die Ufer meines Lebens

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