Sämtliche Dramen
abzulocken! Quält ein Weib
Ein edler Mann wohl, bloß zum Zeitvertreib?
Lysander
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Demetrius, du bist nicht bieder: sei’s!
Du liebst ja Hermia; weißt, daß ich es weiß.
Hier sei von Herzensgrund, in Güt’ und Frieden,
An Hermias Huld mein Anteil dir beschieden.
Tritt deinen nun an Helena mir ab;
Ich lieb’ und will sie lieben bis ins Grab.
Helena
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Ihr losen Schwätzer, wie es keine gab!
Demetrius
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Nein, Hermia mag ich nicht: behalt’ sie, Lieber!
Liebt’ ich sie je, die Lieb’ ist längst vorüber.
Mein Herz war dort nur wie in fremdem Land;
Nun hat’s zu Helena sich heim gewandt,
Um da zu bleiben.
Lysander
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Glaubt’s nicht, Helena!
Demetrius
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Tritt nicht der Treu’, die du nicht kennst, zu nah;
Du möchtest sonst vielleicht es teuer büßen.
Da kommt dein Liebchen; geh sie zu begrüßen!
Hermia tritt auf.
Hermia
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Die Nacht, die uns der Augen Dienst entzieht,
Macht, daß dem Ohr kein leiser Laut entflieht.
Was dem Gesicht an Schärfe wird benommen,
Muß doppelt dem Gehör zu Gute kommen.
Mein Aug’ war’s nicht, das dich, Lysander, fand;
Mein Ohr, ich dank’ ihm, hat die Stimm’ erkannt.
Doch warum mußtest du so von mir eilen?
Lysander
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Den Liebe fortriß, warum sollt’ er weilen?
Hermia
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Und welche Liebe war’s, die fort von mir dich trieb?
Lysander
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Lysanders Liebe litt nicht, daß er blieb’;
Die schöne Helena, die so die Nacht durchfunkelt,
Daß sie die lichten O’s, die Augen dort, verdunkelt.
Was suchst du mich? Tat dies dir noch nicht kund,
Mein Haß zu dir sei meines Fliehens Grund?
Hermia
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Ihr sprecht nicht, wie Ihr denkt. Es kann nicht sein.
Helena
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Ha! sie stimmt auch in die Verschwörung ein.
Nun merk’ ich’s, alle drei verbanden sich
Zu dieser falschen Posse gegen mich.
Feindsel’ge Hermia! undankbares Mädchen!
Verstandest du, verschworst mit diesen dich,
Um mich zu necken mit so schnödem Spott?
Sind alle Heimlichkeiten, die wir teilten,
Der Schwestertreu’ Gelübde, jene Stunden,
Wo wir den raschen Tritt der Zeit verwünscht,
Weil sie uns schied: oh, alles nun vergessen?
Die Schulgenossenschaft, die Kinderunschuld?
Wie kunstbegabte Götter schufen wir
Mit unsern Nadeln eine Blume beide:
Nach einem Muster und auf einem Sitz,
Ein Liedchen wirbelnd, beid’ in einem Ton,
Als wären unsre Hände, Stimmen, Herzen
Einander einverleibt. So wuchsen wir
Zusammen, einer Doppelkirsche gleich,
Zum Schein getrennt, doch in der Trennung eins;
Zwei holde Beeren, einem Stiel entwachsen,
Dem Scheine nach zwei Körper, doch ein Herz;
Zwei Schildern eines Wappens glichen wir,
Die friedlich stehn, gekrönt von einem Helm.
Und nun zerreißt Ihr so die alte Liebe?
Gesellt im Hohne Eurer armen Freundin
Zu Männern Euch? Das ist nicht freundschaftlich,
Das ist nicht jungfräulich; und mein Geschlecht,
So wohl wie ich, darf Euch darüber schelten,
Obschon die Kränkung mich allein betrifft.
Hermia
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Ich hör’ erstaunt die ungestümen Reden;
Ich höhn’ Euch nicht; es scheint, Ihr höhnet mich.
Helena
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Habt Ihr Lysandern nicht bestellt, zum Hohn
Mir nachzugehn, zu preisen mein Gesicht?
Und Euren andern Buhlen, den Demetrius,
Der eben jetzt mich noch mit Füßen stieß,
Mich Göttin, Nymphe, wunderschön zu nennen,
Und köstlich, himmlisch? Warum sagt er das
Der, die er haßt? Und warum schwört Lysander
Die Liebe ab, die ganz die Seel’ ihm füllt,
Und bietet mir (man denke nur!) sein Herz,
Als weil Ihr ihn gereizt, weil Ihr’s gewollt?
Bin ich schon nicht so in der Gunst wie Ihr,
Mit Liebe so umkettet, so beglückt,
Ja, elend g’nug, um ungeliebt zu lieben:
Ihr solltet mich bedauern, nicht verachten.
Hermia
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Ich kann mir nicht erklären, was Ihr meint.
Helena
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Schon recht! Beharrt nur! Heuchelt ernste Blicke,
Und zieht Gesichter hinterm Rücken mir!
Blinzt Euch nur zu! Verfolgt den feinen Scherz!
Wohl ausgeführt, wird er euch nachgerühmt.
Wär’ Mitleid, Huld und Sitte noch in euch,
Ihr machtet so mich nicht zu eurem Ziel.
Doch lebet wohl! Zum Teil ist’s meine Schuld:
Bald wird Entfernung oder Tod sie büßen.
Lysander
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Bleib’, holde Helena, und hör’ mich an!
Mein Herz! mein Leben! meine Helena!
Helena
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O herrlich!
Hermia
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Lieber, höhne sie nicht so!
Demetrius
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Und gilt ihr Bitten nichts, so kann ich zwingen.
Lysander
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Nichts mehr erzwingen, als was sie erbittet;
Dein Drohn ist kraftlos wie ihr schwaches Flehn.
Dich lieb’ ich, Helena! Bei meinem
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