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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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mehr von seiner Rechtschaffenheit zu sagen, Herr: er hat alles, was ein rechtschaffner Mann nicht haben sollte; und was ein rechtschaffner Mann haben sollte, davon hat er nichts.
    Erster Edelmann
. Ich fange an, ihm dafür gut zu werden.
    Bertram
. Für diese Beschreibung deiner Rechtschaffenheit? Ich meinesteils wünsche ihn zum Henker; er wird mir immer mehr und mehr zur Katze.
    Dolmetscher
. Was sagt Ihr von seiner Kriegskenntnis?
    Parolles
. Meiner Treu, er hat die Trommel vor den englischen Komödianten her geschlagen; belügen möchte ich ihn eben nicht, und mehr weiß ich nicht von seiner Soldatenschaft, außer daß er in England die Ehre hatte, Dienste an einem Orte zu tun, den sie dort Mile-End nennen; und da hat er die Leute exerziert, zwei Mann hoch zu stehn. Ich möchte dem Menschen gern alle mögliche Ehre antun, aber dieser Sache bin ich nicht recht gewiß.
    Erster Edelmann
. Er hat den Schuft so überschuftet, daß die Seltenheit ihn frei spricht.
    Bertram
. Zum Henker mit ihm! Er bleibt immer eine Katze.
    Dolmetscher
. Da seine Eigenschaften so wenig wert sind, so brauche ich Euch wohl nicht zu fragen, ob Gold ihn wohl zur Desertion verführen könnte?
    Parolles
. Für einen Quart d’Ecu verkauft er Euch das Freilehn seiner Seligkeit, sein Erbrecht dran, und prellt alle seine Agnaten um ihre Anwartschaft und Sukzession auf ewige Zeiten.
    Dolmetscher
. Was sagt Ihr denn von seinem Bruder, dem andern Hauptmann Dumain?
    Zweiter Edelmann
. Warum fragt er ihn nach mir?
    Dolmetscher
. Wie ist’s mit dem? –
    Parolles
. Auch eine Krähe aus demselben Nest; nicht ganz so groß als der Älteste im Guten, aber ein großes Teil größer im Bösen. Er übertrifft seinen Bruder als Memme, und doch gilt sein Bruder für eine der vorzüglichsten in der Welt. Auf der Flucht überrennt er jeden Läufer, und wenn’s zum Angriff geht, hat er den Krampf.
    Dolmetscher
. Wenn Euch das Leben geschenkt wird, wollt Ihr dann versprechen, den Herzog von Florenz zu verraten?
    Parolles
. Ja, und den Anführer seiner Reiterei, den Grafen Roussillon, obendrein.
    Dolmetscher
. Ich will heimlich mit dem General reden und hören, was sein Wille ist.
    Parolles
beiseit. Ich will keine Trommeln mehr; hol’ die Pest alle Trommeln! Nur um den Schein des Verdiensts zu haben und den Argwohn dieses lüderlichen jungen Grafen zu hintergehn, habe ich mich in solche Gefahr begeben. Wer hätte aber auch einen Hinterhalt vermutet, wo ich gefangen ward?
    Dolmetscher
. Es ist keine Hülfe, Freund, Ihr müßt sterben. Der General sagt, wer so verräterisch die Geheimnisse seines Heers entdeckt und so giftige Berichte über höchst ehrenwerte Männer aussagt, könne der Welt nicht redlich nützen; darum müßt Ihr sterben. Kommt, Scharfrichter; herunter mit seinem Kopf!
    Parolles
. O Gott, Herr, laßt mich leben, oder laßt mich meinen Tod sehn! –
    Dolmetscher
. Das sollt Ihr, und Abschied nehmen von allen Euren Freunden. Er nimmt ihm die Binde ab. So, seht Euch um; kennt Ihr jemand hier?
    Bertram
. Guten Morgen, edler Hauptmann!
    Zweiter Edelmann
. Gott segn’ Euch, Hauptmann Parolles!
    Erster Edelmann
. Gott schütz’ Euch, edler Hauptmann!
    Zweiter Edelmann
. Hauptmann, habt Ihr einen Gruß für Herrn Lafeu? Ich will nach Frankreich.
    Erster Edelmann
. Lieber Hauptmann, wollt Ihr mir nicht eine Abschrift von dem Sonett geben, das Ihr an Diana geschickt, um ihr den Grafen von Roussillon zu empfehlen? Wenn ich nicht eine Erzmemme wäre, so zwänge ich sie Euch ab; aber so lebt wohl!
    Bertram und die Edelleute gehn ab.
    Dolmetscher
. Ihr seid verloren, Hauptmann, ganz aufgelöst; nur Eure Schärpe ist es nicht, die hat noch einen Knoten.
    Parolles
. Wen zertrümmerte wohl nicht ein solches Komplott?
    Dolmetscher
. Könntet Ihr ein Land auffinden, wo die Weiber nicht mehr Scham hätten als Ihr, Ihr würdet dort ein recht unverschämtes Volk stiften. Gehabt Euch wohl, Herr! Ich will auch nach Frankreich; wir werden dort von Euch erzählen. Geht ab.
    Parolles
.
    Doch bin ich dankbar. Wäre groß mein Herz,
    Jetzt bräch’ es! Mit der Hauptmannschaft ist’s aus;
    Doch soll mir Speis’ und Trank und Schlaf gedeihn,
    Als wär’ ich Hauptmann; nähren muß mich nun
    Mein nacktes Selbst. Wer sich erkennt als Prahler,
    Der nehm’ ein Beispiel dran; es kann nicht fehlen,
    Kein Großmaul weiß sein Eselsohr zu hehlen.
    Verroste, Schwert, und Scham, fahr’ hin! Glück auf;
    Beginn’ als Narr den neuen Lebenslauf,
    Denn noch sind Platz und

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