Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
Vom Netzwerk:
bleiben.
    Erster Edelmann
. Wenn Ihr’s ausgesprochen habt, ist es tot, und es liegt in mir begraben.
    Zweiter Edelmann
. Er hat hier in Florenz ein junges Fräulein vom sittsamsten Ruf verführt, und diese Nacht sättigt er seine Lust mit dem Raube ihrer Ehre. Er hat ihr seinen Familienring geschenkt und hält sich für überglücklich in dieser unkeuschen Verbindung.
    Erster Edelmann
. Nun, Gott erbarme sich unsers Abfalls! Was sind wir für Geschöpfe, wenn wir unserneignen Weg gehn!
    Zweiter Edelmann
. Nur unsre eignen Verräter. Und wie, nach dem gewöhnlichen Lauf aller Verrätereien, sie sich immer selbst aufdecken, ehe sie ihr ruchloses Ziel erreicht haben, so wird auch er, der in dieser Tat seinen innern Adel herabsetzt, zugleich der Herold seiner eignen Schande.
    Erster Edelmann
. Ist es denn nicht eine höchst strafwürdige Gesinnung, selbst die Verkünder unsrer verbotnen Absichten zu sein? – Wir werden ihn also nicht heut abend in unsrer Gesellschaft sehn? –
    Zweiter Edelmann
. Nicht bis nach Mitternacht, denn das ist die ihm bestimmte Stunde.
    Erster Edelmann
. Die ist nicht mehr fern. Ich möchte gern, daß er seinen Freund anatomiert sähe, damit er sein eignes Urteil würdigen lerne, in welches er diesen falschen Demant so künstlich eingefaßt hatte.
    Zweiter Edelmann
. Wir wollen uns mit jenem nicht abgeben, bis der Graf kommt; denn seine Gegenwart muß die Geißel des Gesellen werden.
    Erster Edelmann
. Sagt mir derweil, was hört Ihr von diesem Krieg?
    Zweiter Edelmann
. Ich höre, man spricht von Friedensunterhandlungen.
    Erster Edelmann
. Nein, ich versichre Euch, der Friede ist schon geschlossen.
    Zweiter Edelmann
. Was wird Graf Roussillon dann beginnen? – Wird er weiter reisen oder nach Frankreich zurückkehren?
    Erster Edelmann
. Ich schließe aus dieser Frage, daß Ihr nicht ganz in sein Geheimnis eingeweiht seid.
    Zweiter Edelmann
. Dafür behüte mich Gott, Herr! Dann hätte ich auch großen Teil an seinem Tun.
    Erster Edelmann
. Seine Gemahlin, Herr, entfloh vor zwei Monaten aus seinem Hause: zum Vorwand nahm sie eine Pilgerfahrt zu Sankt Jakob dem Ältern, und vollbrachte dies heilige Unternehmen mit der strengsten Andacht. Während sie dort noch verweilte, ward die Zartheit ihrer Natur ihrem Kummer zur Beute; endlich seufzte sie ihren letzten Atem aus, und betet jetzt im Himmel.
    Zweiter Edelmann
. Wie weiß man das mit Gewißheit?
    Erster Edelmann
. Größtenteils aus ihren eignen Briefen; diese bestätigen ihre Geschichte bis auf den Punkt ihres Todes. Ihr Tod selbst, den sie nicht berichten konnte, ward zuverlässig durch den Pfarrer des Orts beglaubigt.
    Zweiter Edelmann
. Ist das alles dem Grafen zugekommen?
    Erster Edelmann
. Ja, und die besondern Belege, Punkt für Punkt, zur völligen Bekräftigung der Wahrheit.
    Zweiter Edelmann
. Es tut mir herzlich leid, daß er darüber froh sein wird.
    Erster Edelmann
. Wie wunderbar finden wir oft einen Trost in unserm Verlust!
    Zweiter Edelmann
. Und wie wunderbar benetzen wir oft unsern Gewinn mit Tränen! Die große Auszeichnung, die seine Tapferkeit ihm hier erworben, wird in seinem Vaterlande einer eben so tiefen Schande begegnen.
    Erster Edelmann
. Das Gewebe unsres Lebens besteht aus gemischtem Garn, gut und schlecht durch einander. Unsre Tugenden würden stolz sein, wenn unsre Fehler sie nicht geißelten, und unsre Laster würden verzweifeln, wenn sie nicht von unsern Tugenden ermuntert würden.
    Ein Diener tritt auf.
    Nun, wo ist dein Herr?
    Diener
. Er begegnete dem Herzog auf der Straße, Herr, und beurlaubte sich feierlich bei ihm. Seine Gnaden wollen morgen nach Frankreich; der Herzog hat ihm Empfehlungsschreiben an den König angeboten.
    Zweiter Edelmann
. Die werden ihm dort mehr als nötig sein, sagten sie auch mehr zu seinem Lobe, als sie können.
    Erster Edelmann
. Sie können nicht süß genug für des Königs herbe Stimmung sein. – Da kommt der Graf. –
    Bertram tritt auf.
    Nun, gnädiger Herr, ist’s nicht schon nach Mitternacht?
    Bertram
. Ich habe diesen Abend sechzehn Geschäfte abgetan, jedes allein einen Monat lang; so kurz habe ich mich gefaßt. Ich habe vom Herzog Abschied genommen, mich seiner Umgebung empfohlen, ein Weib begraben, Trauer getragen, meiner Mutter geschrieben, ich käme zurück; meine Reise eingerichtet, und außer diesen Hauptobliegenheiten noch allerlei kleine Dinge ausgerichtet. Das letzte war das wichtigste, aber mit dem bin ich noch nicht zu Ende.
    Zweiter Edelmann
. Wenn die

Weitere Kostenlose Bücher