Sämtliche Dramen
mit dem Kerkermeister.
Nun, mein Freund?
Ihr kennt mich doch?
Kerkermeister
.
Als eine würd’ge Frau,
Die ich verehre.
Paulina
.
Nun, so bitt’ ich dich,
Führ’ mich zur Königin!
Kerkermeister
.
Ich darf nicht, gnäd’ge Frau; das Gegenteil
Ward streng mir eingeschärft.
Paulina
.
Das ist ein Lärm,
Um zu verschließen Ehr’ und Redlichkeit
Vor guter Freunde Zuspruch! – Ist’s erlaubt,
Sagt, ihre Kammerfrau zu sehn? nur eine?
Emilia?
Kerkermeister
.
Seid so gütig, gnäd’ge Frau,
Und schickt die Diener fort, so führ’ ich Euch
Emilia her.
Paulina
.
Ich bitte, geh und ruf sie!
Entfernt Euch!
Die Diener gehn ab.
Kerkermeister
.
Doch ich muß zugegen sein,
Wenn Ihr sie sprecht.
Paulina
.
Gut, geh nur, mag’s so sein.
Kerkermeister geht ab.
Man müht sich hier, die Reinheit zu beflecken,
So schwarz man immer kann.
Der Kerkermeister kommt mit Emilia.
Nun, liebe Frau, wie geht’s der gnäd’gen Fürstin?
Emilia
.
So gut, wie so viel Größ’ und so viel Unglück
Vereint gestatten mag; durch Schreck und Kummer,
Der eine zarte Frau nie härter traf,
Ist sie entbunden, etwas vor der Zeit.
Paulina
.
Ein Knab’?
Emilia
.
Ein Mädchen, und ein schönes Kind,
Kräftig und lebensvoll. Sein Anblick tröstet
Die Kön’gin: »mein gefangnes, armes Kind«,
Sagt sie, »ich bin so unschuldig, so wie du.«
Paulina
.
Das will ich schwören: –
Verdammt des Königs heillos blinder Wahnsinn!
Er muß es hören, und er soll; dies Amt
Ziemt einer Frau zumeist, ich übernehm’ es;
Ist süß mein Mund, mag meine Zunge schwären,
Und nie mehr meines rot erglüh’nden Zorns
Trompete sein! – Ich bitte dich, Emilia,
Empfiehl der Kön’gin meinen treuen Dienst;
Und will sie mir ihr kleines Kind vertrauen,
Trag’ ich’s dem König hin und übernehm’ es,
Ihr lauter Anwalt dort zu sein. Wer weiß,
Wie ihn des Kindes Anblick mag besänft’gen:
Oft spricht beredt der reinen Unschuld Schweigen,
Wo Worte nichts gewinnen.
Emilia
.
Würd’ge Frau,
So offen zeigt sich Eure Ehr’ und Güte,
Daß Euerm kühnen Schritt ein günst’ger Ausgang
Nicht fehlen kann. Kein Weib ist so geschaffen
Für diesen großen Auftrag; habt die Gnade
Und geht ins nächste Zimmer, daß ich gleich
Der Kön’gin Euern edlen Antrag melde;
Noch heut erst übersann sie solchen Plan,
Nicht wagend, einen Mann von Rang zu bitten,
Aus Furcht, er schlüg’ es ab.
Paulina
.
Sag ihr, Emilia,
Die Zunge, die ich habe, will ich brauchen;
Entströmt ihr Geist, wie Kühnheit meiner Brust,
So richt’ ich ganz gewiß was aus.
Emilia
.
Gott lohn’ Euch!
Ich geh’ zur Kön’gin; bitte, tretet näher!
Kerkermeister
.
Gefällt’s der Königin, das Kind zu schicken: –
Ich weiß nicht, was ich wage, lass’ ich’s durch;
Denn keine Vollmacht hab’ ich.
Paulina
.
Fürchte nichts:
Gefangen war das Kind im Mutterleib,
Und ist, nach Recht und Fortgang der Natur,
Daraus erlöst und frei, hat keinen Teil
Am Zorn des Königes, und keine Schuld,
Wenn’s eine gäbe, an der Kön’gin Fehltritt.
Kerkermeister
.
Das glaub’ ich wohl.
Paulina
.
Drum fürchte nichts: auf Ehre;
Ich trete zwischen dich und die Gefahr.
Alle ab.
¶
Dritte Szene
Palast.
Leontes, Antigonus, Herren vom Hofe, Gefolge.
Leontes
.
Nicht Ruhe Tag noch Nacht; es ist nur Schwäche,
Den Vorfall so zu nehmen, nichts als Schwäche –
Wär’ nur der Grund vertilgt – des Grundes Hälfte,
Die Ehebrech’rin! Der verbuhlte König
Ist außer meines Arms Bereich, entrückt
Der List, und jedem Plan verschanzt; – doch sie
Kann ich mir greifen. – Ja, war’ sie nicht mehr,
Verzehrt vom Feuertod, der Ruhe Hälfte
Käm’ mir vielleicht zurück. – Heda!
Diener
.
Mein König –
Leontes
.
Was macht der Prinz?
Diener
.
Er schlief die Nacht recht gut;
Man hofft, die Krankheit sei gehoben.
Leontes
.
Seht
Des Kindes Adel!
Als er begriff die Schande seiner Mutter,
Gleich nahm er ab, verfiel, und fühlt’ es tief;
Er zog die Schmach, als sein, ins eigne Herz,
Floh Munterkeit, aß nicht, verlor den Schlaf;
Er welkt dem Tod entgegen. – Laßt mich: – geht,
Seht, was er macht! – Pfui, kein Gedank’ an ihn; –
Schon der Gedank’ der Rache dieses Weges
Kehrt alsbald um; zu mächtig durch sich selbst,
Durch Freund’ und Bundsgenossen, – mag er bleiben,
Bis einst die Zeit mir dient; doch schnelle Rache
Nimm jetzt an ihr! Polyxenes, Camillo
Verlachen mich und spotten meines
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